1. Altersvorsorgeunterhalt

Laut Beschluss des BGH[6] gehört der Altersvorsorgeunterhalt zum angemessenen Lebensbedarf im Sinne von § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB. Dahinter liegt die Erkenntnis, dass Altersvorsorgeunterhalt und Elementarunterhalt einen einheitlichen Anspruch darstellen. Das bedeutet für den Anwalt, dass er in jedem Fall nachehelichen Unterhalts auch an den Altersvorsorgeunterhalt als Teilaspekt hiervon denken und ggf. diesen mit geltend machen muss. In der Praxis wird der Altersvorsorgeunterhalt oftmals völlig vergessen.

[6] Az.: XII ZB 229/11 v. 7.11.2012 = FamFR 2013, 7.

2. Unterhaltsbezifferung nach Auskunft durch den Unterhaltsschuldner

Der gleiche BGH-Beschluss[7] offenbart eine weitere Haftungsfalle. Hier war auf ein Auskunftsbegehren des Unterhaltsgläubigers hin durch den Unterhaltsschuldner Auskunft über die Einkünfte erteilt worden. Der Anwalt des Unterhaltsberechtigten hatte auf dieser Basis den Unterhalt berechnet und geltend gemacht. Allerdings hatte der Anwalt zunächst nur den Elementarunterhalt vor Augen, nur dieser wurde berechnet und eingefordert. Erst wesentlich später merkte der Anwalt, dass er den Altersvorsorgeunterhalt vergessen hatte und machte diesen nachträglich rückwirkend geltend. Der BGH hat die rückwirkende Geltendmachung nicht zugelassen. Der Schuldner müsse darauf vertrauen können, dass der geforderte Betrag sich nicht im Nachhinein nochmal erhöhe. Der Altersvorsorgeunterhalt kann hier also nur für die Zukunft geltend gemacht werden, mit der Folge, dass dem Berechtigten für eine gewisse Zeitspanne der Altersvorsorgeunterhalt entgeht.

[7] Az.: XII ZB 229/11 v. 7.11.2012.

3. Primäre und sekundäre Darlegungslast bezüglich ehebedingter Nachteile

Das Vorliegen ehebedingter Nachteile kann einer Unterhaltsbefristung entgegenstehen und ist deshalb in vielen Unterhaltsstreitigkeiten ein heiß umkämpfter Schauplatz. Beide Parteien treffen hierbei unterschiedliche Darlegungslasten. Dieses System muss der Anwalt sehr genau kennen, um nicht seiner Partei leicht vermeidbare Nachteile zu bescheren.

Grundsätzlich muss der Unterhaltspflichtige, der natürlich für sich möglichst die Befristung erreichen will, darlegen und beweisen, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile entstanden sind (primäre Darlegungslast). Die Darlegung solcher negativer Tatsachen ist bekanntermaßen oft schwierig bis unmöglich. Im Bereich der Arzthaftung hat die Rechtsprechung als Ausweg aus diesem Dilemma bekanntlich eine Beweislastumkehr kreiert. Anders hier. Die Rechtsprechung auferlegt dem Unterhaltsberechtigten eine sekundäre Darlegungslast: Der Unterhaltsberechtigte muss die Behauptung des Unterhaltsschuldners, dass keine ehebedingten Nachteile entstanden seien, substanziiert bestreiten und darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile ihm entstanden sein sollen.

Das OLG Stuttgart[8] lässt die ganz pauschale Behauptung des Unterhaltsschuldners, dem Unterhaltsberechtigten seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, nicht als Erfüllung der primären Darlegungslast ausreichen. Er müsste sich hier schon mit dem beruflichen Werdegang und der Einkommensentwicklung des Unterhaltsberechtigten auseinandersetzen. D.h. der Anwalt des Unterhaltsschuldners muss in dieser Situation unbedingt auf ausreichenden Vortrag zur ganz konkreten Situation des Gegners achten. Der Mandant müsste im Regelfall aus der Zeit des Zusammenlebens die erforderlichen Informationen besitzen und wird in vielen Fällen auch über die Situation nach der Trennung oder nach der Scheidung sehr genau im Bilde sein. Jedenfalls sollte der Anwalt nachweisbar den Mandanten um die relevanten Informationen angehen; bekommt er sie nicht, kann er natürlich nicht ausreichend vortragen und der Darlegungslast des Mandanten genügen. Das stellt dann aber keinen Anwaltsfehler dar.

Der Anwalt des Unterhaltsberechtigten muss frühzeitig dafür gewappnet sein, dass zu Lasten seines Mandanten irgendwann die sekundäre Darlegungslast gegeben ist. Zunächst kann er abwarten, was der Kollege wohl aufs Papier bringt. Hat dieser substanziiert vorgetragen, ist nun darzulegen, warum ganz konkret dem Berechtigten doch ehebedingte Nachteile entstanden sind. Mit dem Einholen entsprechender Informationen beim Mandanten sollte besser nicht gewartet werden, bis wirklich vorgetragen werden muss, denn hier kann sehr komplexer Vortrag erforderlich sein.[9]

[8] Az.: 17 UF 88/11 v. 18.10.2011 = NJW 2012, 583 = FamRZ 2012, 980 = FamFR 2012, 59.

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