Eine unbillige Härte i.S.v. § 94 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII kann vorliegen, wenn der Unterhaltspflichtige den Sozialhilfeempfänger vor Eintritt der Sozialhilfe über das zumutbare Maß hinaus betreut und gepflegt hat.

Eine unbillige Härte, die den Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe in Höhe des fiktiven Pflegegelds ausschließt, kann auch darin bestehen, dass eine Sozialhilfebedürftigkeit hätte vermieden werden können und dies gerade auf einem Handeln des Staates oder seiner Organe beruht, indem diese die früher im Verantwortungsbereich des Sozialhilfeträgers liegende Aufnahme des Unterhaltsberechtigten in die Pflegeversicherung verhindert haben. Insoweit können allerdings fiktive Versicherungsbeiträge den Bedarf erhöhen.[20]

Nach einer weiteren Entscheidung des BGH[21] ist als eine unbillige Härte der gesetzliche Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger anzusehen, der im Verhältnis zum Unterhalt subsidiäre Leistungen zum Lebensunterhalt erbracht hat, wenn und soweit das unterhaltspflichtige Kind den unterhaltsberechtigten Elternteil nur deshalb nicht auf gegenüber dem Unterhalt vorrangige Leistungen der Grundsicherung verweisen kann, weil er diese nicht erhalten kann, nachdem bei einem für den Unterhalt nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anteilig mithaftenden Geschwister die Einkommensgrenze von 100.000 EUR überschritten ist. In diesem Fall kann das privilegierte Kind der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den unterhaltsberechtigten Elternteil den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten, und zwar sowohl wegen vergangener als auch wegen künftiger Unterhaltszeiträume.

Ein Ausschluss des Übergangs des Unterhaltsanspruchs ist insoweit zu verneinen, als der Sozialhilfeträger – wie häufig bei stationärer Pflegebedürftigkeit – Leistungen erbracht hat, die im Falle bewilligter Grundsicherungsleistungen nicht gedeckt gewesen wären.

[20] BGH, Beschl. v. 17.6.2015 – XII ZB 458/14, FF 2015, 492 (m. Anm. Götsche) und S. 376 (Bericht Ey) = FamRZ 2015, 1594 (m. Anm. Borth). Die Entscheidung ist für die Amtliche Sammlung bestimmt.
[21] BGH, Beschl. v. 8.7.1915 – XII ZB 56/14, FF 2015, 455 (m. Anm. Götsche und Bericht Ey S. 376) = FamRZ 2015, 1467 (m. Anm. Schürmann S. 1600). Die Entscheidung ist für die Amtliche Sammlung bestimmt.

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