Als Folge der Beanstandung der Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen durch das BVerfG kehrt der BGH[18] zu dem seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden Stichtagsprinzip zurück. Danach werden die ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich durch alle bis zur Rechtskraft der Scheidung eingetretenen Umstände bestimmt. Dazu gehören bis zu diesem Zeitpunkt begründete Unterhaltspflichten für minderjährige oder volljährige Kinder aus einer neuen Beziehung sowie der Betreuungsunterhalt der Mutter eines vor diesem Stichtag geborenen nichtehelichen Kindes nach § 1615l BGB. Diese Unterhaltslasten sind vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuiehen. Erst danach ist der Bedarf des geschiedenen Ehegatten zu ermitteln.

Die ehelichen Lebensverhältnisse werden aber auch durch nach der Scheidung eintretende Umstände bestimmt, wenn diese auf in der Ehe gleichsam angelegten Entwicklungen beruhen und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren oder bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten, etwa ein nicht vorwerfbarer Einkommensrückgang wegen Arbeitslosigkeit oder der Beginn der Regelaltersrente oder ein umzugsbedingter Wegfall von Fahrtkosten.

Zu den ehelichen Lebensverhältnissen gehören auch die Einkünfte einer nachehelich aufgenommenen Erwerbstätigkeit als Surrogat für Haushaltstätigkeit und Kindererziehung.

Ohne Auswirkungen auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bleibt hingegen eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet. Dies gilt insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, ein nach der Scheidung geborenes Kind und einen dadurch ausgelösten Anspruch der nichtehelichen Mutter nach § 1615l BGB. Unberücksichtigt bei der Bedarfsbemessung nach § 1578 BGB bleiben auch Vorteile aufgrund einer neuen Ehe (dadurch bedingte Einkommenszuschläge; Splittingvorteil; Ersparnis wegen Zusammenwohnens der Ehegatten).

Für die Bedarfsbemessung gilt der Halbteilungsgrundsatz, unabhängig davon, welcher Ehegatte im Einzelnen das Einkommen erzielt hat (Quotenmethode). Ausnahmen sind nur geboten, soweit ein Mindestbedarf geschuldet ist[19] oder soweit wegen besonders hoher Einkünfte eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist[20] (siehe auch Anmerkung zu § 1581 BGB).

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