Die Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte zum Familienrecht birgt, was die zugrunde liegenden Fallkonstellationen und die (verfassungs-)rechtlichen Maßstäbe anbetrifft, keine Überraschungen. Grundsätzlich werden die in den Verfahren der Landesverfassungsgerichtsbarkeit von den Beschwerdeführern/Antragstellern zur Entscheidung gestellten familienrechtlichen Problematiken gewissermaßen im Mainstream der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgehandelt und gelöst. Anders als das Bundesverfassungsgericht sind die Landesverfassungsgerichte dabei allerdings grundsätzlich auf die Überprüfung (letztinstanzlicher) Entscheidungen der jeweiligen Oberlandesgerichte beschränkt und sind insbesondere nicht zur Verwerfung bundesrechtlicher Bestimmungen befugt; ihre Kompetenz beschränkt sich insoweit auf ergänzende landesrechtliche Normierungen. Hinsichtlich der Überprüfung der Auslegung und Anwendung bundesrechtlicher Bestimmungen durch die Landesverfassungsgerichte besteht keine durchgehende bzw. einheitliche (Rechts-)Praxis. In einem großen Umfang scheitern die gleichwohl zu den Landesverfassungsgerichten eingereichten Verfassungsbeschwerden bereits an den hierfür vorausgesetzten formellen Erfordernissen, die als solche sowohl gesetzlich als auch bei ihrer Handhabung durch die Landesverfassungsgerichte den Anforderungen an die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht entsprechen. Festzustellen ist auf jeden Fall aber eine nach außen hin sichtbare intensivere Befassung der Landesverfassungsgerichte mit den zu ihnen erhobenen Verfassungsbeschwerden. Man könnte sogar so weit gehen zu sagen, dass jedenfalls bei Urteils-Verfassungsbeschwerden das Verhältnis unbegründeter oder nur kurz begründeter zu den umfassend begründeten Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zu der entsprechenden Rechtsprechungspraxis des Bundesverfassungsgerichts stehen. Dies mag – neben den tendenziell kürzeren Laufzeiten – einer der Gründe dafür sein, weshalb auch und gerade im Familienrecht die Beschwerdeführer ihr Heil immer wieder bei den Landesverfassungsgerichten suchen.

Autor: Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Kirchberg, Karlsruhe

FF 12/2022, S. 474 - 486

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