1. Zugewinnausgleich:

Wertsteigerungen sind ausgleichspflichtig. Dies gilt für den sog. unechten Zugewinn ohnehin, der bereits über die Indexierung berücksichtigt wird,[28] aber auch für andere, "echte" Wertsteigerungen.

Sinn und Zweck des Zugewinnausgleichs, die eheliche Lebensleistung beider Ehegatten unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit von Erwerbs- und Familienarbeit, auszugleichen, haben zu nachhaltiger Kritik an diesem Ergebnis geführt, soweit es nicht nach einem darauf bezogenen Entstehensgrund einer solchen Wertsteigerung und seinem Zusammenhang zu dieser Lebensleistung fragt, mithin nach der teleologischen Rechtfertigung einer Ausgleichspflicht bei neutralen Wertsteigerungen ohne Ehebezug (etwa allgemeinen, z.B. markt- oder börsenkursbedingten. Die Reformkommission Güterrecht des Deutschen Familiengerichtstages hat sich mit ihrem Vorschlag hierzu kritisch geäußert[29]: "Sämtliche Gegenstände, die im Anfangs- und Endvermögen unverändert vorhanden sind, werden aus dem Zugewinnausgleich herausgenommen", denn sie sollen "nach seinem Grundgedanken einem Ausgleich nicht zugänglich sein."[30]

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber eindeutig. Sie muss daher den hier anzustellenden Überlegungen zur lex lata zugrunde liegen.

[28] Palandt/Siede, § 1376 BGB Rn 38.
[29] Budzikiewicz/Herr/Wever, Reformbedarf im Güter- und Nebengüterrecht, FamRZ 2021, 255.
[30] Budzikiewicz/Herr/Wever, Reformbedarf im Güter- und Nebengüterrecht, FamRZ 2021, 255, 256.

2. Konkludente Ehegatteninnengesellschaft:

Wertsteigerungen werden ausgeglichen. Dem Zugewinnausgleich vergleichbar kommt es auf das Bilanzergebnis zu einem Stichtag an und nicht darauf, wie es zustande gekommen ist bzw. ob sich das Vermögen der Gesellschaft zwischendurch höher oder geringer dargestellt hat. Damit wird der Ehegatteninnengesellschafter nicht nur an Verlusten, sondern auch an Gewinnen beteiligt. Der Bundesgerichtshof spricht ausdrücklich und unmissverständlich von beiderseitiger Beteiligung an Gewinn und Verlust.[31]

[31] BGH FamRZ 1962, 357, 358 mit Zitat von BGHZ 31, 197 = FamRZ 1960, 105, FamRZ 1954, 136 ("gleich gelagerte Fälle") und Palandt, 21. Aufl., § 1356 BGB Anm. 3; vgl. auch BGHZ 31, 197, 202; BGH FamRZ 1974, 1554, 1555; 1975, 35, 37; 1990, 973, 974.

3. Familienrechtlicher Vertrag sui generis (schuldrechtlicher Kausalvertrag zur Verpflichtung einer Zuwendung – ehebezogene Zuwendung – oder von Arbeitsleistungen – familienrechtlicher Kooperationsvertrag)

Die rechtliche Behandlung ist umstritten.

a) Literatur

Härtl[32] hat aktuell Stichwort artig festgestellt, dass eine Beteiligung an der Wertsteigerung des Zuwendungsgegenstands nicht erfolgt und in einer Fußnote auf BGH FamRZ 2006, 394, 396 sowie OLG München FamRZ 2004, 1874 hingewiesen.[33] Bei dieser BGH-Entscheidung und damit auch bei Härtls Ausführungen geht es darum, ob und wie Wertsteigerungen, die vom Zuwendungsempfänger generiert wurden, sich auf den Ausgleichsanspruch auswirken und nicht darum, wie mit Wertsteigerungen, welche der Zuwendende oder keiner von beiden (neutrale) verursacht hat, zu verfahren ist. Letztere sind aber die eigentlich problematischen.

Ähnlich lauten die Ausführungen von Wever in seinem Standardwerk.[34] In seinem neuesten Beitrag[35] setzt er sich unter Bezug auf Rechtsprechung und Literatur näher mit dieser Frage auseinander[36]: "Der Anspruch aus § 313 BGB ist kein Bereicherungsanspruch. Es soll lediglich ein Ergebnis gefunden werden, das dem Zuwendenden i.S.d. § 313 Abs. 1 BGB zumutbar ist. Und dazu braucht er nicht so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn er das Zugewendete behalten hätte. Vielmehr sind bei der zu treffenden Zumutbarkeitsabwägung auch die Interessen des Zuwendungsempfängers zu berücksichtigen, und dieser war – häufig über Jahre hinweg – berechtigter Eigentümer des Zugewendeten. Das spricht dafür, dass man ihm belässt, was er in dieser Zeit mit dem Grundstück erwirtschaftet hat bzw. was ihm zugefallen ist. Im Ergebnis bedeutet dies, dass ihm … der ohne eigenes Zutun entstandene Wertzuwachs … verbleiben muss". Hiermit schließt sich Wever der Begründung des Bundesgerichtshofs an (siehe unten).

Schulz und Hauß befassen sich lediglich mit dem Sonderfall des Anspruchs auf dingliche Rückgewähr (nicht: Regelfall des lediglich schuldrechtlichen finanziellen Ausgleichs), und auch diesbezüglich nur in einem Sonderfall der Schwiegerelternschenkung: eine marktbedingte Erhöhung der Bodenpreise sei nicht auszugleichen.[37]

Soweit ersichtlich stammt die einzige abweichende Auffassung, wonach Wertsteigerungen grundsätzlich ausgleichspflichtig sind, vom Verfasser des vorliegenden Beitrags.[38] Seine Argumente ergeben sich aus nachstehender Stellungnahme.

[32] FF 2021, 185, 191.
[33] Sowie auf die andere Auffassung des Autors Herr, FuR 2015, 8.
[34] Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Aufl. Rn 1005.
[35] Wever, Die ehebezogene Zuwendung in der Vermögensauseinandersetzung FamRZ 2021, 329.
[36] Wever a.a.O. S. 335 f., mit Fn 68.
[37] Schulz/Hauß, Vermögensauseindersetzung bei Trennung und Scheidung 6. Aufl., Rn 2103 mit weiteren Literaturhinweisen.
[38] Herr, Die Prüfungsreihenfolge der Anspruchshöhe bei ehebezogenen Zuwendungen unter Einbeziehung von Wertsteigerungen und gezogenen Nutzungen, FuR 2015,...

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