Mit ungläubigem Erstaunen nimmt der aufgeklärte Familienrechtler zur Kenntnis, welche Gesetzessituation vor dem 1.7.1958 galt. Sofern kein Ehevertrag bestand, war damals noch eine aus Olims Zeiten datierende Regelung vom 1.1.1900 (!) in Kraft. Diese bestand aus einer Vermögenstrennung mit Verwaltungs- und Nutzungsgemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB a.F.). Damit hatte der Ehemann die Verwaltungs-, aber keine einseitige Verfügungsbefugnis über Teile oder sogar das gesamte eingebrachte Gut. Die Ehefrau war in ihrer Verfügungsmacht vom Konsens des Ehemannes abhängig. Der Ehemann hatte die Befugnisse und die Aufgabe, Aktivprozesse über eingebrachtes Vermögen der Ehefrau zu führen (§ 1380 BGB a.F.). Mannes- und Frauenschulden waren allerdings völlig getrennt.[1]

Zwar war dies die gesetzlich vorgegebene Version. Allerdings waren ab 1.4.1953 alle mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbaren Normen außer Kraft getreten. Nach ganz herrschender Meinung gehörten hierzu die gesamten Regelungen des alten gesetzlichen Güterstandes. Mann und Frau wurden aus damaliger und erst recht heutiger Sicht gänzlich inakzeptabel unterschiedlich behandelt. Die Konsequenz war: Entgegen dem Gesetzeswortlaut lebten alle vertragslosen Ehen tatsächlich seit dem 1.4.1953 im Güterstand der reinen Gütertrennung.[2]

Mit dieser Willkürregelung räumte das neue Ehevermögensrecht beginnend ab dem 1.7.1958 auf. Seit dem ersten Gesetz zum Ehevermögen bietet das BGB drei Güterrechtsvarianten an:

Die Gütergemeinschaft

Dieser Güterstand spielt in der Praxis nur eine geringe Rolle. Allenfalls in ländlichen Gebieten wird die Gütergemeinschaft vereinbart. Durch die äußerst schwerfällige Auseinandersetzung der fünf verschiedenen Vermögensmassen könnte man sie als den Güterstand der Ehescheidungsverhinderung bezeichnen.

Die Gütertrennung

Dieser Güterstand wird oftmals mit falscher Motivationslage (Stichpunkt: "Sippenhaft") vereinbart. Länger verheiratete Eheleute, die eine Gütertrennung vereinbart haben, sollten immer überdenken, ob dieser Güterstand für sie überhaupt (noch) sinnvoll ist. Es gilt hierbei ja der Grundsatz "alles oder nichts". Bei einer länger andauernden Ehe entspricht dies aber oftmals gar nicht mehr den Befürchtungen, die man bei Eingehung der Ehe hatte. Darüber hinaus weist dieser Güterstand erhebliche Nachteile vor allem im Rahmen des Freibetrages gem. § 5 Abs. 1 Erbschaftssteuergesetz auf.[3]

Die Zugewinngemeinschaft

Sofern nichts anderes vereinbart ist, gilt die Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand. Dieser bis heute geltende Begriff ist irreführend. Es besteht ja gerade keine Gemeinschaft an einem Vermögen, vielmehr eine Gütertrennung. Nur der Mehrwert des Vermögenserwerbes während der Ehe unter Berücksichtigung von Anfangs- und Endvermögen wird ausgeglichen.

Die Gesetzesstruktur ist holzschnittartig. Trotz – oder gerade deswegen – sind die Ergebnisse planbar. Im Gegensatz zu Fällen der Gütergemeinschaft sind die Verfahren in überschaubarer Zeit abzuwickeln.

Die Praxis nahm diese Regelungen mit Erleichterung zur Kenntnis. Die seit Juli 1958 eingeführten Vorschriften über die Zugewinngemeinschaft haben sich im Wesentlichen bewährt. Sie waren daher z.B. Vorbild für den zum 1.5.2013 in Kraft getretenen deutsch-französischen Wahlgüterstand.[4] Mit Ausnahme der nachstehend aufgezeigten Besonderheiten gelten die Normen bis heute daher fort.

[1] Vgl. hierzu nur den Aufsatz Bosch, FamRZ 1958, 289 ff.
[2] Vgl. BGH FamRZ 1956, 222 f.
[3] Einen guten Überblick zur erbschaftssteuerlichen Behandlung des Zugewinnausgleichsanspruches geben Christ, FamRB 2007, 218 ff. sowie Münch, Ehebezogene Rechtsgeschäfte, 4. Aufl., Rn 512 ff.; ders., FamRB 2007, 281; Brambring, Ehevertrag, 7. Aufl., Rn 66 sieht in derartigen Fällen einen Wechsel in die Zugewinngemeinschaft aus erbschaftssteuerlichen Gründen geradezu als zwingend an.
[4] Vgl. hierzu ausführlich Münch, Ehebezogene Rechtsgeschäfte, 4. Aufl., Rn 476 ff.; Heinemann, FamRB 2012, 129 ff.; vgl. auch unten IV 4.

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