Praxis-Beispiel

Der Ehemann, Unternehmer und vielfacher Millionär, hat vor der Eheschließung mit seiner schwangeren Ehefrau, einer vermögenslosen Studentin, einen Ehevertrag mit einem "Totalverzicht" auf alle Scheidungsfolgen geschlossen, weiterhin einen Erbverzichtsvertrag. Nach dem Tode des Ehemannes beruft sich die Ehefrau auf die Sittenwidrigkeit des Erbverzichtsvertrages.

Die in neuester Zeit geführte Diskussion gilt der Frage, ob der insgesamt wegen Sittenwidrigkeit unwirksame Ehevertrag den Erbverzichtsvertrags "mit ins Verderben reißt" oder nicht, weitergehend der grundsätzlichen Frage, ob ein Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag der für Eheverträge geltenden richterlichen Inhaltskontrolle unterliegt und wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann.[33]

Im Beispiel halte ich es für denkbar, dass bei Scheidung der Ehe und der gebotenen Gesamtschau der Pflichtteilsverzicht in die richterliche Wirksamkeitskontrolle des Ehevertrages einbezogen wird und neben dem sittenwidrigen Ehevertrag wegen seiner Auswirkungen auf den nachehelichen Unterhalt beim Tode des Verpflichteten nach § 1586b BGB für unwirksam erklärt wird. Dann kann aber bei Beendigung der Ehe durch den Tod nichts anderes gelten. Ob allerdings der BGH seine Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen auf den Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag überträgt, ist völlig offen.

Ein wechselseitiger Erb- und Pflichtteilsverzicht in der Scheidungsvereinbarung, der lediglich bis zur Rechtskraft der Scheidung Bedeutung hat, dürfte jedenfalls unbedenklich sein.

Autor: Prof. Dr. Günter Brambring , Notar a.D., Köln

FF 1/2014, S. 8 - 19

[33] Bengel, ZEV 2006, 192; Kapfer, MittBayNot 2006, 385; Wendt, ZNotP 2006, 2.

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