Mit dem vorstehenden Urteil setzt der BGH seine im März 2010 verfeinerte Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts nach § 1578b BGB fort.

Da es sich bei § 1578b BGB um eine unterhaltsbegrenzende Norm mit Ausnahmecharakter handelt,[1] bei der die eine Herabsetzung des Bedarfs oder eine Befristung des Unterhaltsanspruchs rechtfertigenden Gründe zwar von Amts wegen zu beachten, aber nicht von Amts wegen zu ermitteln sind,[2] entsprach es bereits seiner vorangegangenen Rechtsprechung,[3] dass der Unterhaltspflichtige im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet ist, die für eine Befristung oder Herabsetzung sprechen. Daher fällt in seine Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile i.S.v. § 1578b BGB entstanden sind.

Bei einer ihn uneingeschränkt treffenden Darlegungs- und Beweislast hätte der Unterhaltspflichtige eigentlich sämtliche auch nur theoretisch denkbaren und nicht näher bestimmten Nachteile zu widerlegen, die aufgrund der Rollenverteilung innerhalb der Ehe möglicherweise entstanden sind.

Da dies in Anbetracht dessen, dass insbesondere die Tatsachen zur hypothetischen beruflichen Entwicklung den persönlichen Bereich des Unterhaltsberechtigten betreffen, zu einer unbilligen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen würde, hat der BGH erstmals im Urt. v. 24.3.2010[4] auf die von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätze[5] hingewiesen. Er hat ausgeführt, dass diese Grundsätze auch dem Unterhaltspflichtigen bei der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast helfend zur Seite stehen mit der Folge, dass den Unterhaltsberechtigten eine so genannte sekundäre Darlegungslast trifft. Diese hat im Rahmen von § 1578b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.[6] Ausdrücklich hat der BGH hierbei seine zuvor vertretene Ansicht[7] aufgegeben, den Unterhaltsberechtigten treffe für den Fall, dass er eine ehebedingt unterbrochene Erwerbstätigkeit nach der Scheidung wieder aufnehmen konnte, neben der Darlegungslast auch die Beweislast dafür, dass ihm dennoch ehebedingte Nachteile entstanden seien. Für eine mit weiterreichenden Folgen verbundene Beweislastumkehr fehlt es vielmehr nach der geltenden Gesetzeslage und dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Unterhaltspflicht und Unterhaltsbegrenzung, das auch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21.12.2007 nicht verändert worden sei, an einer hinreichenden Rechtfertigung.[8]

Im konkreten Fall führte die sekundäre Darlegungslast für die Unterhaltsberechtigte, die voll erwerbsfähig war und vor der Ehe keine Berufsausbildung abgeschlossen hatte, dazu, dass von ihr zur Darlegung ehebedingter Nachteile der Vortrag von Umständen verlangt wurde, die den Rückschluss zulassen, sie hätte ohne Eheschließung und Kindererziehung eine konkrete Berufsausbildung aufgenommen und abgeschlossen, die ihr ein höheres Einkommen ermöglicht hätte, als sie es unter den heute gegebenen Verhältnissen erzielen kann.[9]

Dass eine langjährige ehebedingte Unterbrechung der eigenen Berufstätigkeit nicht automatisch bereits ehebedingte Nachteile begründet, hat der BGH dann erneut in seiner Entscheidung vom 20.10.2010[10] bestätigt. Hierbei hat er weiter klargestellt, dass der Tatrichter zur Bemessung ehebedingter Nachteile Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten i.S.d. § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB und zum Einkommen treffen muss, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte, weil die Differenz aus den beiden Positionen den ehebedingten Nachteil ergibt.[11] Weiter sei der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige Tätigkeit in seinem erlernten Beruf ausübt, ein Indiz gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile.[12] Aus der sekundären Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten ist daher hergeleitet worden, dass der Unterhaltsberechtigte das vom Unterhaltspflichtigen behauptete Fehlen ehebedingter Nachteile substantiiert bestreiten muss, indem er beispielsweise vorträgt, dass in seinem erlernten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind.[13] Macht der Unterhaltsberechtigte demgegenüber einen ohne die Ehe eingetretenen beruflichen Aufstieg geltend, muss er hierzu konkret darlegen, aufgrund welcher Umstände (wie etwa Fortbildungsbereitschaft, bestimmte Befähigungen, Neigungen, Talente etc.) er eine entsprechende Ka...

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