Um das Gewicht der Änderung und die Reichweite der Novelle besser einschätzen zu können, bietet es sich an, die Entwicklung von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Rechtslehre zur Begrenzung des nachehelichen Unterhalts unter dem Gesichtspunkt der Dauer der Ehe einmal näher in den Blick zu nehmen:
a) Unterhaltsänderungsgesetz 1986
Die Ehedauer als Gradmesser für eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts wurde erstmals mit dem Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 eingeführt.[14] Damals wurden die §§ 1573 Abs. 5 und 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB geschaffen, denen zufolge der Unterhaltsanspruch "insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe" zeitlich oder der Höhe nach begrenzt werden konnte. Im Anschluss an eine lebhafte Diskussion in der seinerzeitigen unterhaltsrechtlichen Literatur[15] hat der Bundesgerichtshof hierzu als Regel aufgestellt, dass es zwar dem Sinn und Zweck des Gesetzes widerspräche, die Dauer der Ehe anhand fester Zeitgrenzen zu bestimmen, andererseits aber auch nicht zu verkennen sei, dass "sich eine Ehedauer von mehr als zehn Jahren dem Grenzbereich nähern dürfte, in dem, vorbehaltlich stets zu berücksichtigender besonderer Umstände des Einzelfalles, der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium im Rahmen von § 1573 Abs. 5 BGB ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte Unterhalts-“Garantie‘ und gegen die Möglichkeit zeitlicher Begrenzung des Unterhalts zukommen wird."[16]
Auch wenn eine feste Verknüpfung zwischen Ehedauer und Dauer der Unterhaltspflichtigkeit überwiegend abgelehnt wurde,[17] galt es in der unterhaltsrechtlichen Praxis insbesondere der Instanzgerichte in Anlehnung an die Empfehlungen von Hahne[18] und Eyrich[19] als gesichert, dass eine Unterhaltsbegrenzung – die in der Praxis selten relevant wurde[20] – regelmäßig nur für Ehen bis zu einer Dauer von maximal etwa zehn Jahren in Betracht kam;[21] je mehr sich die Ehedauer diesem "Grenzwert" näherte, desto eher schied sie aus bzw. wurde nur ausnahmsweise bejaht, soweit besondere Umstände dies nahelegten.[22]
▪ | BGH, Urt. v. 28.3.1990 – XII ZR 64/89, FamRZ 1990, 857 (bei juris Rn 18 ff.); |
▪ | BGH, Urt. v. 1.4.1987 – IVb ZR 33/86, FamRZ 1987, 691 (bei juris Rn 21): "Auch eine Beschränkung des zuerkannten Unterhalts nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Sie ist schon aufgrund der hier festgestellten Ehedauer [fast 32 Jahre] ebenso ausgeschlossen wie die nach § 1573 Abs. 5 BGB n.F.". |
Zu § 1582 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB a.F. – bis zum Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform 2008 regelte diese Bestimmung den Unterhaltsrang zwischen dem geschiedenen und einem neuen Ehegatten – hatte der BGH bereits zuvor festgelegt, dass "nach “Ablauf von 15 Jahren eine den Unterhaltsvorrang sichernde lange Ehedauer vorliegt"; vgl. BGH, Urt. v. 1.6.1983 – IVb ZR 389/81, FamRZ 1983, 886 (bei juris Rn 22).
▪ | KG, Urt. v. 14.10.2004 – 16 UF 60/04, FamRZ 2005, 458 (bei juris LS und Rn 14, 18): "Eine Befristung des nachehelichen Unterhalts (§ 1573 Abs. 2 BGB a.F.) kommt nach einer 17 Jahre langen Ehe nur in Ausnahmefällen in Betracht"; die vom Familiengericht ausgeurteilte Unterhaltsbefri... |
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