Mit der jetzigen Regelung dürfte, daran können kaum Zweifel bestehen, das Ende der Entwicklung noch nicht erreicht sein. Zu Recht wird zunehmend gefordert, auch die Zuständigkeit für den Vermögensausgleich bei Scheitern nichtehelicher Lebensgemeinschaften von den Zivilprozessgerichten auf die Familiengerichte zu verlagern.[33] Die Argumente, die dafür ins Feld geführt werden können, erscheinen zwingend: Der BGH hat schrittweise die Grundsätze für den vermögensrechtlichen Ausgleich unter Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft den Grundsätzen angeglichen, die für den Vermögensausgleich bei Ehegatten gelten, die in Gütertrennung leben (Stichwort: Rückausgleich gemeinschaftsbezogener Zuwendungen). Die bei der Bearbeitung entsprechender Streitigkeiten unter Ehegatten erworbene Sachkunde prädestiniert den Familienrichter deshalb dafür, auch die Vermögensauseinandersetzung bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften zu übernehmen. Die Familienrichter sind aber nicht nur fachlich, sondern auch aufgrund ihrer bei der Bearbeitung von Familiensachen gefragten besonderen persönlichen und sozialen Kompetenz (vgl. oben zu II. 1.) am besten für die Abwicklung gescheiterter Lebensgemeinschaften in vermögensrechtlicher Hinsicht geeignet. Hinzu kommt, dass bereits jetzt die Familiengerichte immer dann, wenn gemeinsame Kinder in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vorhanden sind, für einen wesentlichen Teil des bei deren Auflösung entstehenden Konfliktstoffs zuständig sind, nämlich für Sorgerechts- und Umgangsrechtsfragen, für den Kindesunterhalt und auch für den Unterhalt des das Kind betreuenden Elternteils (§ 1615l BGB). Man kann deshalb durchaus von einer insoweit gegenwärtig bestehenden, zu vermeidenden Zuständigkeitsaufspaltung sprechen. Übrigens dürfte es bei Fortgeltung des bisherigen Rechtszustandes nur eine Frage der Zeit sein, bis der erste Zuständigkeitsstreit in einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung seinen Ausgangspunkt in der Frage hat, ob die Partner nur in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verbunden waren, mit der Folge der Zuständigkeit der Zivilprozessgerichte, oder ob sie die Heirat geplant hatten und damit möglicherweise verlobt waren, mit der Folge der familiengerichtlichen Zuständigkeit über § 266 Abs. 1 Nr. 1 FamFG.

Eine Ausweitung des Zuständigkeitsbereichs der Familiengerichte in der genannten Hinsicht ist also geboten. Ein Systembruch wäre damit nicht verbunden. Auch im Bereich der Gewaltschutzsachen ist das Familiengericht schon für Streitigkeiten zwischen Personen, die weder eine Ehe, noch ein Verlöbnis, noch eine eingetragene Lebenspartnerschaft verbindet, zuständig. Nicht ohne Grund sehen die Geschäftsverteilungen des BGH und einzelner Oberlandesgerichte[34] schon jetzt die Zuständigkeit von Familiensenaten für die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften vor, wenn auch in der Eigenschaft als Zivilsenate.

Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellen wird, ist die nach der Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Das BVerfG[35] hat im Jahre 1992 unter einer nichtehelichen oder einer eheähnlichen Gemeinschaft eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau verstanden. Inzwischen haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse und hat sich vor allem die Gesetzeslage weiterentwickelt. Die Lebensgemeinschaft gleichgeschlechtlicher Paare ist als eingetragene Lebenspartnerschaft gesetzlich anerkannt, ihre Abwicklung bei Trennung fällt in die Zuständigkeit der Familiengerichte. Es wäre daher konsequent, die Abwicklung gescheiterter Lebensgemeinschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern auch dann in die Hände der Familiengerichte zu legen, wenn die Lebenspartnerschaft nicht eingetragen ist.[36] Der Gesetzgeber sollte also den Familiengerichten die Zuständigkeit für Ansprüche nach Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft unabhängig davon, ob die Partner verschieden- oder gleichgeschlechtlich sind, übertragen.

Autor: Reinhardt Wever , Vizepräsident des OLG, Bremen

[33] Vgl. etwa: Beschlüsse des 67. Dt. Juristentages Erfurt 2008, Abt. Zivilrecht; Löhnig, FPR 2011, 65, 68; Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 5. Aufl., Kap. 9 Rn 84.
[34] So auch OLG Bremen.
[35] FamRZ 1993, 164, 168.
[36] Vgl. dazu auch Schulz, FamRZ 2007, 593 f.

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