Ausgangspunkt ist der vom Gesetzgeber klar und unmissverständlich formulierte § 1931 BGB. Der Überlebende der Ehegatten wird Erbe, was zwingend eine zum Erbfall bestehende Ehe voraussetzt. Mit der Rechtskraft der Scheidung ist dieses nicht mehr gegeben, so dass auch das gesetzliche Erbrecht entfällt. In § 1933 BGB hat der Gesetzgeber den Zeitpunkt des Entfallens des gesetzlichen Erbrechtes zeitlich vorgeschoben. Nicht nur bei Rechtskraft der Scheidung entfällt das gesetzliche Erbrecht, sondern bereits schon dann,

a) wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung gegeben waren und

b) der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Gem. § 1933 S. 2 BGB gilt dieses auch, wenn der Erblasser berechtigt war, die Aufhebung der Ehe zu beantragen, und den Antrag gestellt hat.

Für die anwaltliche Beratung ist folgendes zu berücksichtigen:

Zustellung des Scheidungsantrages/Eheaufhebungsantrages des Erblassers

Nach absolut herrschender Rechtsprechung muss der Scheidungsantrag/Eheaufhebungsantrag vor dem Tod des Erblassers zugestellt worden sein, um die Wirkungen des § 1933 BGB zu entfachen. Erst mit der Zustellung tritt die Rechtshängigkeit ein und nur diese entfaltet die Wirkung des § 1933 S. 1 BGB, was mit der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Bestimmung begründet wird.[2] Auf Grund der doch erheblichen Folgen des § 1933 BGB, immerhin Aufhebung des gesetzlichen Ehegattenerbrechts, gibt es auch keine Rückbeziehung der Zustellungswirkungen des § 270 Abs. 3 ZPO bei der Zustellung demnächst.[3]    Dieses leuchtet auch ein, da es bei der gesetzlichen Aufhebung des Ehegattenerbrechtes nicht um eine Fristwahrung i.S. des § 167 ZPO geht. Die völlig andere Interessenslage rechtfertigt auch keine entsprechende Anwendung.[4] Der Prozesskostenhilfeantrag reicht nicht, um zu den Wirkungen des § 1933 BGB zu kommen.[5] Wichtig ist ferner, dass der Erblasser den Scheidungsantrag gestellt hat. Stellt der andere Ehegatte den Scheidungsantrag, ist dieser auch zugestellt, hat sich aber der Erblasser völlig passiv verhalten, so bleibt das Ehegattenerbrecht des Überlebenden bestehen. Nimmt der die Scheidung begehrende Ehegatte den Scheidungsantrag zurück, entfallen damit die Wirkungen des § 1933 BGB. Bei wirksamer Rücknahme des Scheidungsantrages ist das Verfahren nach §§ 608, 626 i.V.m. 269 Abs. 3 ZPO als nicht rechtshängig geworden anzusehen, mit der Folge, dass auch die Zustimmung des Erblassers zur Scheidung ihre Wirkung verliert.[6] Dabei berührt die Motivation die Zulässigkeit der Rücknahme nicht.[7] Das ist bereits eine Haftungsfalle, die sich leicht umgehen lässt, indem ein eigener Scheidungsantrag – sofern der Mandant die Wirkungen des § 1933 BGB herbeiführen möchte – gestellt wird.

Umgekehrt kann sich natürlich auch eine Sachlage ergeben, bei der es angebracht ist, die Wirkungen des § 1933 BGB für den Mandanten entfallen zu lassen. In diesem Fall kann man nur zur Passivität raten. Hat man vorschnell einen Scheidungsantrag gestellt, zu dem der vermögende, vielleicht auch noch schwerkranke Ehegatte zugestimmt hat, kann man nach seinem Tod im Scheidungsverfahren durch Rücknahme des Scheidungsantrages den eigenen Mandanten nicht in die gesetzliche Erbenstellung bringen. Die Rücknahme des Scheidungsantrages nach Eintritt des Erbfalles durch den Bevollmächtigten ist nach herrschender Rechtsprechung[8] nicht geeignet, den Ausschluss der Erbenstellung des überlebenden Ehegatten gem. § 1933 BGB zu ändern. Dieses betrifft sicherlich eine in der Praxis seltene Fallkonstellation. Wenn es der Zufall aber so will, gerät man allerdings gegenüber dem eigenen Mandanten, der sich gefühlsmäßig auf Grund der nicht ausgesprochenen Scheidung schon als Erbe eines vielleicht auch noch größeren Vermögens sieht, ziemlich in Erklärungsnot. Wurde der spätere Erblasser vertreten, werden auch die Miterben, deren Erbquote beim Wegfall des Ehegattenerbrechts entschieden höher ausgefallen wäre, unangenehm, wenn der Rechtsanwalt des Erblassers sich mit der Zustimmung zum Scheidungsverfahren Zeit gelassen hat und z.B. erst die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Gegenseite abgewartet hat. Selbst die Absicherung durch eine anders lautende testamentarische Verfügung, die schon zu Beginn des Scheidungsverfahrens errichtet wird, kann nicht den Pflichtteilsanspruch aushebeln. Dieser fällt erst bei Aufhebung des gesetzlichen Erbrechtes weg. Ob der Scheidungsantrag vor dem örtlich zuständigen Gericht gestellt worden ist, ist unerheblich.[9] Inwieweit dieses auch gilt, wenn der Scheidungsantrag bewusst vor dem unzuständigen Gericht eingereicht wird, um sofort mit Einreichung Rechtshängigkeit auszulösen, ist weder in der Rechtsprechung noch in der erbrechtlichen Literatur überhaupt als Frage aufgekommen. Dieser reine "familienrechtliche Trick", welcher in der Praxis nur selten angewandt wird, dient der möglichst schnellen Fixierung des Stichtags bzgl. des Endvermögens, um dem Mandanten den Zugewinnausgleich zu sichern.[1...

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