[7] Die Revision hat keinen Erfolg.

[8] Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis 31.8.2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschl. v. 3.11.2010 – XII ZB 197/10, FamRZ 2011, 100 Rn 10).

I. [9] Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Ehefrau ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zu. Dieser könne wegen fortbestehender ehebedingter beruflicher Nachteile noch nicht befristet werden, weil nicht absehbar sei, ob und gegebenenfalls wann die Ehefrau diese Nachteile noch ausgleichen könne.

[10] Der nach den beiderseitigen Einkommen bemessene Unterhaltsanspruch stehe der Ehefrau nur im ersten Jahr nach Rechtskraft der Scheidung ungekürzt zu. Der Ehefrau müsse zunächst Gelegenheit gegeben werden, sich auf die eingeschränkten finanziellen Verhältnisse nach der Scheidung allmählich einzustellen. Eine Abschmelzung des Unterhaltsanspruchs im Jahresrhythmus um jeweils 300 EUR bis zur Höhe des angemessenen Bedarfs nach § 1578b BGB sei gerechtfertigt, weil die mit 13 (richtig: 14) Jahren relativ kurze Dauer der kinderlos gebliebenen Ehe keinen unbefristeten ungekürzten nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalt rechtfertige. Von der Ehefrau könne vielmehr verlangt werden, dass sie sich auf eine Verschlechterung ihrer finanziellen Situation im Lauf der nächsten Jahre einstelle und sich spätestens ab März 2014 (richtig: 2013) nur noch mit einem nachehelichen Unterhalt in Höhe der ihr verbliebenen ehebedingten Nachteile zufrieden gebe.

[11] Für die Beurteilung, ob ehebedingte Nachteile vorlägen, sei eine Prognose anzustellen, wie sich der berufliche Werdegang der Ehefrau ohne die Ehe entwickelt hätte. Ausgangspunkt der Prüfung seien regelmäßig die Ausbildung sowie die erworbenen beruflichen Fähigkeiten im Zeitpunkt der Eheschließung. Die Ehefrau hätte nach Durchlaufen einer Orientierungsphase eine Arbeitsstelle auf dem "normalen" Arbeitsmarkt in Tschechien finden können, in der sie ihre erworbenen Qualifikationen hätte nutzen können. Die Ehefrau habe erklärt, ihre Pläne seien in Richtung Finanzbuchhaltung, möglichst in einer Leitungsposition, in einem größeren Unternehmen gegangen, wo sie ohne besondere Karriereentwicklung als Finanzbuchhalterin mit Hochschulabschluss in Tschechien rund 50.000 Kronen (rund 1.986 EUR) hätte verdienen können.

[12] Dieser Argumentation sei zu folgen. Daraus, dass die Ehefrau nur gut zwei Jahre "offiziell" in einem ihrer Ausbildung entsprechenden Beruf gearbeitet habe, danach einige Monate "schwarz" für eine Baufirma tätig gewesen sei und auch diese Tätigkeit Ende des Jahres 1993 im Hinblick auf die Beziehung zu dem Ehemann aufgegeben habe, rechtfertige sich nicht der Schluss, dass sie auch ohne die Eheschließung nie wieder in ihrem erlernten Beruf gearbeitet und ohne berufliche Qualifikation in Tschechien dagestanden hätte. Zwar könnten berufliche Dispositionen vor der Eheschließung grundsätzlich keinen ehebedingten Nachteil darstellen. Diese generalisierende Betrachtungsweise werde aber den Besonderheiten des Falls nicht gerecht. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Ehefrau nach Durchlaufen einer beruflichen Orientierungsphase wieder auf das Berufsfeld zurückgekehrt wäre, auf dem sie eine hohe Qualifikation nachweisen und dauerhaft ein gesichertes Einkommen erzielen könnte. Es erscheine nachvollziehbar und nicht karriereschädlich, dass sie sich nach Rückkehr ihrer ursprünglichen Vorgesetzten einen anderen Arbeitgeber gesucht habe, weil sie keine Aufstiegschancen gesehen habe. Dass sie eine Zeit lang "schwarz" gearbeitet habe, könne für die Prognose keine entscheidende Rolle spielen. Die Ehefrau habe erklärt, dass sie bei dem Bauunternehmen ein deutlich höheres Einkommen habe erzielen können als bei der tschechischen Telekom. Sie sei noch relativ jung gewesen und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes sei nur schwer abzuschätzen gewesen. In den europäischen Ostblockstaaten habe Anfang der Neunziger Jahre "eine Art Goldgräberstimmung" geherrscht, und die jedem Berufsanfänger zuzubilligende Orientierungsphase sei unter besonderen Bedingungen abgelaufen, wobei für die Ehefrau noch hinzugekommen sei, dass sie ausgerechnet in dieser Zeit den Ehemann kennengelernt und mit ihm eine gemeinsame Zukunft im Westen geplant habe.

[13] Unter diesen Umständen könne der Argumentation des Ehemanns, dass die Ehefrau ohne die Eheschließung weiterhin als Schwarzarbeiterin tätig geblieben wäre, in undurchschaubaren Arbeitsverhältnissen ihre "Karriere" fortgesetzt hätte und sich deshalb heute in Tschechien auf keinerlei Berufserfahrung berufen könnte, nicht gefolgt werden. Es komme hinzu, dass man auch bei der Ausübung von "Schwarzarbeit" durchaus Berufserfahrung sammeln und lediglich Schwierigkeiten haben könne, diese bei Bewerbungen zu dokumentieren. Im Übrigen sei unstreitig, dass die Ehefrau nach der Eheschließung und Übersiedlung nach Deutschland versucht habe, sich weiterzubilden und ...

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