Für den Anwalt sind die Fälle, in denen ein Unterhaltsurteil existiert und eine Herabsetzung verlangt werden soll, auf Grund der verfahrensrechtlichen Besonderheiten mit großen Risiken verbunden, die auch haftungsrechtliche Konsequenzen haben können.

Fall aus der Praxis:[93]

 

Der Vater ist durch Urt. v. 4.12.2002 zu Unterhaltszahlungen an seine Tochter verpflichtet. Zwischen den Parteien hat ab dem 16.4.2003 bis zur Einreichung des Prozesskostenhilfeantrages für eine Abänderungsklage am 15.6.2004 eine umfangreiche Korrespondenz über eine Abänderung des Unterhaltstitels stattgefunden, in der über die Höhe des unterhaltsrelevanten Einkommens der Tochter, deren Mutter sowie des Vaters (mit späterer Offenbarung einer erhaltenen Abfindung) gestritten worden ist. Die Tochter hatte nur schleppend die von ihm geforderten Auskünfte erteilt; ihr Prozessbevollmächtigter hatte im Laufe der vorprozessualen Korrespondenz selbst einen niedrigeren als den titulierten Unterhalt errechnet.

Nach Eintritt der Volljährigkeit hat der Vater eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung ab Zustellung der Abänderungsklage erstritten. Die Tochter vollstreckt weiter aus dem Titel Unterhaltsrückstände für den Zeitraum bis zur Zustellung der Abänderungsklage.

Der Vater erhebt Vollstreckungsgegenklage, hilfsweise Abänderungsklage. Beide Anträge hatten – auch in zweiter Instanz – keinen Erfolg.

Der Fall macht deutlich, welche Risiken bei einem bestehenden Unterhaltstitel eine sich länger hinziehende Korrespondenz über eine Abänderung beinhalten. Die strenge Zeitsperre des § 323 Abs. 3 ZPO führt im konkreten Fall dazu, dass der Kindesvater für den Zeitraum fast eines ganzen Jahres gezahlten Unterhalt nicht zurück bekommt, obwohl der Unterhaltsanspruch des Kindes – zumindest teilweise – entfallen war. Auch das Verhalten der Tochter ändert daran nichts:

  • die schleppende Erteilung der Auskunft,
  • die eigene Berechnung eines niedrigeren Unterhaltes ("ein rechtswirksamer Verzicht war mit dieser vorläufigen Berechnung ersichtlich nicht verbunden"[94]) und
  • ihr insgesamt zögerliches Verhalten.

Auch die bloße Erklärung, Unterhalt werde "nicht geltend gemacht", beinhaltet keinen Verzicht für die Zukunft.[95]

Fall aus der Praxis:[96]

 

Der Vater und sein volljähriger Sohn, zwischen denen seit Jahren kein Kontakt mehr bestand, stritten über lange Zeit um die Frage, ob der – im Ausland lebende – Sohn tatsächlich einem Studium nachgeht. Der Sohn vollstreckte aus einem Jahre zuvor von der Mutter erstrittenen Unterhaltsurteil.

Auch hier wurde zum Nachteil des Vaters an der Zeitsperre des § 323 Abs. 3 ZPO festgehalten.

 

Praxishinweis:

  • Der Unterhaltsberechtigte kann in der Praxis recht einfach "Zeit schinden", ohne in den Bereich eines Verhaltens zu kommen, dass Schadensersatz nach § 826 BGB auslösen kann. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung wird sich in der Praxis kaum nachweisen lassen.
  • Hier hilft dem Unterhaltspflichtigen nur die zeitnahe Einreichung einer Abänderungsklage, um der Zeitsperre des § 323 Abs. 3 ZPO zu entgehen.[97]
[93] OLG Düsseldorf ZFE 2007, 153.
[94] OLG Düsseldorf ZFE 2007, 153.
[95] OLG Koblenz ZFE 2006, 75.
[96] OLG Düsseldorf ZFE 2003, 154.
[97] Zum Kostenrisiko und zu § 93d ZPO – siehe unten Seite 305.

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