Die Problematik soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden, wobei zunächst aus Vereinfachungsgründen auf Indexierungen verzichtet wird:

 
Praxis-Beispiel

F lebt mit M zunächst in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Sie erwirbt in dieser Zeit aus ihrem Vermögen eine renovierungsbedürftige Immobilie im Wert von 300.000 EUR zu Alleineigentum. M zahlt die Renovierungsarbeiten in Höhe von 200.000 EUR aus seinem Vermögen. Die Immobilie wird dadurch 500.000 EUR wert, eine sonstige Wertsteigerung erfährt sie nicht. Weiteres Vermögen ist bei F und M nicht vorhanden.

Variante 1: Die Investition des M erfolgt nach der Eheschließung.

Variante 2: Die Investition des M erfolgt vor der Eheschließung.

Lösung Variante 1:

F hat ein Anfangsvermögen in Gestalt der Immobilie von 300.000 EUR.

Ihr Endvermögen beträgt 500.000 EUR, woraus ein Zugewinn von 200.000 folgt.

M hat ein Anfangsvermögen von 200.000 EUR, das er später ins fremde Eigentum investiert, sodass sich sein Endvermögen auf 0 EUR beläuft. M hat keinen Zugewinn erzielt.

Da die Differenz der Zugewinne 200.000 EUR beträgt, steht M ein Zugewinnausgleich in Höhe von 100.000 EUR zu. Er erhält also (nochmals: ohne Berücksichtigung der Indexierung) die Hälfte seines Investments über den Zugewinnausgleich zurück.

Lösung Variante 2:

F hat sowohl im Anfangs- wie auch im Endvermögen eine Immobilie im Wert von 500.000 EUR.

M hingegen hat weder Anfangs- noch Endvermögen, weil er sein komplettes Vermögen bereits vor dem Stichtag Anfangsvermögen weggegeben hat.

Weder M noch F haben einen Zugewinn erzielt, ein Zugewinnausgleich findet nicht statt, M würde von seinem Investment also nichts zurückerhalten.[2]

Auf die Spitze getrieben würde es, wenn diese Lösung endgültig korrekt wäre, einen Unterschied machen, ob die Investition des M einen Tag vor oder einen Tag nach der Eheschließung erfolgt wäre. Ein wenig zufriedenstellendes Ergebnis, aber zunächst einmal schlicht Ausfluss des strengen, starren Stichtagsprinzips.

Eine Lösung über den Wegfall der Geschäftsgrundlage betreffend eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung beim Scheitern der Lebensgemeinschaft[3] kommt eigentlich nicht in Betracht: Hier ist die (nichteheliche) Lebensgemeinschaft nicht gescheitert, sondern sie hat in der Ehe gerade ihre Fortsetzung und Vertiefung gefunden.[4] Die Vorstellung oder Erwartung des Zuwendenden hat sich also gerade erfüllt.[5]

Schließlich hilft auch das Verlöbnisrecht nicht weiter, weil sowohl die § 1298f BGB wie auch § 1301 BGB voraussetzen, dass ein wirksames Verlöbnis vorliegt und es nicht zur Eheschließung gekommen ist.

Die bekannten Instrumenten der Vermögensauseinandersetzung greifen also nicht, weil diese nur für das Scheitern der jeweiligen Beziehungsform (nichteheliche Lebensgemeinschaft – Verlöbnis – Ehe) und damit für die Rückabwicklung von Investitionen innerhalb der jeweiligen Beziehungsform konstruiert sind.

[2] Was auch bei einer sich anschließenden Gütertrennungsehe so wäre.
[3] BGH NJW 2010, 998 (1000).
[4] OLG Nürnberg FuR 2000, 47.
[5] Vergleichbar der Situation, dass die Lebensgemeinschaft durch den Tod des Zuwendenden endet, denn diese hatte aus Sicht des Zuwendenden solange Bestand, bis sie (wie geplant oder erwartet) durch seinen Tod ein natürliches Ende gefunden hat, BGH NJW 2010, 998 (1000).

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