ZPO § 485 Abs. 2

Leitsatz

OLG Koblenz, Beschl. v. 17.10.2008 – 7 WF 867/08 (AG Westerburg)

Aus den Gründen

Gründe: Die gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Die beantragte Beweisanordnung ist nach § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu erlassen.

Entgegen der Ansicht des Familiengerichts hat die Antragstellerin ein hinreichendes rechtliches Interesse an der begehrten Wertermittlung hinsichtlich der vom Antragsgegner geführten Betriebe. Nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist dies anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtstreits dienen kann. Welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert (vgl. die Nachweise bei Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 485 Rn 7a). Nach Auffassung des Senats ist eine Schlichtungsmöglichkeit im weitesten Sinne ausreichend für eine Beweisanordnung. Der allgemein gefasste Wortlaut des Gesetzes mit der Zielrichtung, einen Rechtstreit möglicherweise zu vermeiden, spricht dafür, nicht nur naheliegende, sondern auch entfernte Schlichtungschancen zur Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens ausreichen zu lassen. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, die Wahrscheinlichkeit der Streitschlichtung als Tatbestandsmerkmal in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen. Daher reicht es nach Auffassung des Senats zur Annahme eines rechtlichen Interesses i.S.v. § 485 Abs. 2 ZPO aus, dass ein Sachverständigengutachten objektiv geeignet erscheint, eine einverständliche Streitbereinigung herbeizuführen (so auch OLG Koblenz, 5. Zivilsenat, OLGR 2005, 639; zustimmend: Zöller/Herget, a.a.O. m.w.N.). Dies ist hier anzunehmen. Die Bewertung des landwirtschaftlichen sowie des Garten- und Landschaftsbaubetriebes des Antragsgegners ist mit großen Unsicherheiten behaftet und nur durch Sachverständigengutachten zu klären. Hierdurch kann ein wesentlicher Streitpunkt der güterrechtlichen Auseinandersetzung der Parteien bereinigt werden. Entgegen der Ansicht des Familiengerichts ist die Antragstellerin insoweit weder auf die Möglichkeit der Einholung eines außergerichtlichen Privatgutachtens noch auf eine bei streitiger Durchführung des Verbundverfahrens GÜ durchzuführende Beweisaufnahme zu verweisen. Eine außergerichtliche Wertermittlung müsste die Antragstellerin insgesamt auf eigene Kosten durchführen (vgl. BGH NJW 1982, 1643), die sie im Hinblick auf die Sonderregelung des § 93a ZPO auch nicht als Vorbereitungskosten im Wege der späteren Kostenfestsetzung teilweise erstattet verlangen könnte, während die Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens, wenn ein Güterrechtsverfahren anhängig gemacht wird, in dessen Kosten aufgehen, wodurch die Antragstellerin jedenfalls eine hälftige Übernahme dieser Kosten durch den Antragsgegner erreichen kann. Des Weiteren kommt einem Privatgutachten in einem anschließenden Gerichtsverfahren kein Beweiswert zu; demgegenüber steht die selbständige Beweiserhebung nach § 493 ZPO einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich, so dass ein in einem solchen Verfahren eingeholtes Gutachten eine erneute Beweiserhebung im gerichtlichen Verfahren überflüssig macht. Im Übrigen erscheint es auch durchaus denkbar, dass durch die beantragte Wertfeststellung ungeachtet der derzeit noch bestehenden weiteren Streitpunkte eine gerichtliche Auseinandersetzung letztlich vermieden wird (so auch OLG Hamm, Beschl. v. 25.10.1999 – 5 WF 354/99, zitiert nach juris).

2 Anm. der Redaktion:

Vgl. hierzu Kogel, Das selbständige Beweisverfahren im Güterrecht – ein Königsweg?, in diesem Heft S. 195 f.

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