Die Rechtsprechung betont regelmäßig den Grundsatz der Vertragsfreiheit i.S.d. Befugnis, eine als unbefriedigend empfundene gesetzliche Regelung durch eine anderslautende vertragliche Vereinbarung zu ersetzen, die besser zum individuellen Ehebild passen soll.[41]

Auch wenn die "Freiheit" grundsätzlich für beide Vertragsparteien gilt, wird das "Empfinden" wohl in den meisten Fällen einseitig sein, konkret z.B. in Form eines gewünschten Ausschlusses des Zugewinnausgleichs zum Schutz der Firma oder einer "Deckelung" des Unterhalts.[42]

Gegenbeispiel ist der – zunehmend anzutreffende – Wunsch nach "verstärkenden Vereinbarungen" beim Betreuungsunterhalt. Viele (besonders jüngere) Eheleute empfinden die Abschaffung des früheren "Altersphasenmodells"[43] und die sehr früh einsetzende Arbeitspflicht des kindesbetreuenden Ehegatten nicht als sachgerecht mit der Folge, dass die Rückkehr zu den früheren rechtlichen Verhältnissen gewünscht wird.[44]

Keine Vertragsfreiheit besteht dagegen regelmäßig in den Fällen, in denen sich ein Ehegatte – aus familiärem Druck, gesellschaftlicher Konvention, emotionaler Verbundenheit oder schlichter Euphorie angesichts der anstehenden Hochzeit ("Honeymoon-Rausch") – widerstandslos einem einseitigen Verlangen beugt[45] oder auch nur deshalb, weil er den Vertrag gar nicht versteht. In diesen Fällen geht es allein um den Schutz des benachteiligten Vertragspartners vor einer einseitigen Ausnutzung der Vertragsfreiheit.[46]

[41] BGH NJW 2013, 457; 2005, 2386; BGHZ 158, 81, 96 = NJW 2004, 930.
[42] Wellenhofer, NZFam 2020, 645, 646 zu II. 1.
[43] Dazu eingehend Born, FF 2015, 7 ff. m.w.N.; zur Kritik an der vollständigen Abschaffung des Modells und für ein Raster i.S. einer widerlegbaren Vermutung ders., FF 2017, 236, 247 unter d) aa), auch unter Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber den Wechsel zu Einzelfall-Entscheidungen nicht gefordert hat (BT-Drucks 16/1830 S. 17); für ein modifiziertes Altersphasenmodell auch Norpoth, FamRZ 2011, 874; Maurer, NJW 2011, 1586.
[44] Ausführlich dazu Schmitz, RNotZ 2011, 265, 267 unter I. 2 sowie 274 unter D.; Herrler, FPR 2009, 506.
[45] Dauner-Lieb, FS Brudermüller, 2014, S. 99, 107; a.A. MüKo-BGB/Münch, § 1408 Rn 47, der ein Recht auf unvernünftige Entscheidung fordert; ähnlich OLG Hamm NJW 2014, 2880 ("selbstbestimmter Leichtsinn").
[46] Wellenhofer, NZFam 2020, 645, 646 unter II. 1.

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