Bereits die Beantwortung der Frage, wer Empfänger der Zuwendung sein sollte, ist in der Praxis häufig problematisch. Meist machen sich die (Schwieger-)Eltern keine Gedanken über ein etwaiges Scheitern der Ehe ihres Kindes, sodass bei der Zuwendung nicht klar geregelt wird, wer Empfänger der Zuwendung sein soll: nur das eigene Kind, beide Eheleute oder gar nur das Schwiegerkind.

1. Kein allgemeiner Erfahrungssatz

Nach überwiegender Auffassung gibt es keine allgemeine Vermutung, keinen allgemeingültigen Erfahrungssatz, wonach Eltern prinzipiell nur das eigene Kind begünstigen möchten.[1] Mir erscheint diese Auffassung nicht richtig, da meines Erachtens im Regelfall davon auszugehen ist, dass Eltern in erster Linie das eigene Kind bevorzugen möchten und sie – wären sie sich zum Zeitpunkt der Zuwendung der Konsequenzen im Falle einer Scheidung ihres Kindes bewusst gewesen – wohl in den meisten Fällen nur ihr eigenes Kind hätten bedenken wollen.[2] Außerhalb von Immobilienübertragungen oder anderen beurkundungspflichtigen Vorgängen ist eher nicht davon auszugehen, dass sich Eltern juristischen Rat holen, bevor sie ihrem Kind – und ggf. ihrem Schwiegerkind – etwas zuwenden. Mir erscheint insoweit auch widersprüchlich, dass einerseits Schwiegereltern ein Rückforderungsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zustehen soll, wenn die Ehe des Kindes scheitert und das Kind nicht mehr an der Zuwendung (auch) an das Schwiegerkind partizipiert, andererseits aber ein Erfahrungssatz, wonach in erster Linie das eigene Kind begünstigt werden soll, abgelehnt wird. Einerseits wird anerkannt, dass Eltern in erster Linie das eigene Kind begünstigen möchten, wenn es um die Rückforderung einer Zuwendung geht, andererseits aber wird bei der Frage, wer Leistungsempfänger sein soll, genau dieser Erfahrungssatz verneint. Auch wenn um des familiären Friedens willen und im Vertrauen auf den Bestand der Ehe Zuwendungen häufig an beide Ehegatten erfolgen sollten, ist meines Erachtens in den meisten Fällen doch davon auszugehen, dass die meisten Eltern in erster Linie das eigene Kind bevorzugen wollen.

Nach herrschender Meinung besteht dieser Erfahrungssatz aber nicht, sodass durch Auslegung versucht werden muss herauszufinden, wer konkret Empfänger der (schwieger-)elterlichen Zuwendung sein sollte. Von einer Zuwendung nur an das eigene Kind und nicht (auch) an das Schwiegerkind ist dann auszugehen, wenn es den Eltern allein um die Besserstellung des eigenen Kindes ging.[3]

[1] OLG Celle FamRZ 2003, 233, 234; OLG Düsseldorf FamRZ 1994 S. 1384; Klein/Marion Klein, Handbuch Familienvermögensrecht, 3. Aufl. 2022, Kap. 5 Rn 16; MüKo-BGB/Koch, 8. Aufl. 2019, § 1374 Rn 29; Jüdt, Das Schicksal von Zuwendungen enttäuschter (Schwieger-)Eltern, FuR 2013, 431, 434.
[2] Kritisch auch Wever, Die Rückabwicklung der Schwiegerelternschenkung in der Praxis, FamRZ 2016, 857, 858.

2. Wille zum Zeitpunkt der Zuwendung

Maßgeblich ist, was zum Zeitpunkt der Zuwendung gewollt war. Im Falle eines Scheiterns der Ehe ergreifen Verwandte zu diesem Zeitpunkt häufig Partei für den ihnen nahestehenden Ehegatten. Es darf daher nicht darauf abgestellt werden, wie sich die zuwendenden Dritten nach Scheitern der Ehe zu der Frage, welchem der Ehegatten das Geschenk zugedacht war, äußern. Maßgeblich ist der nach außen erkennbare Wille des Zuwendenden im Zeitpunkt der Schenkung, auf eine Änderung im Laufe der Zeit kommt es nicht an.[4]

[4] OLG Celle FamRZ 2003, 233, 234; OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 1384, 1385; MüKo-BGB/Koch, § 1374 Rn 39.

3. Mögliche Anhaltspunkte

Kann der Leistungsempfänger nicht eindeutig bestimmt werden – was in der Praxis häufig der Fall sein dürfte – sind u.a. folgende Kriterien zu berücksichtigen: Art und Zweckbestimmung des Empfängerkontos, Angaben auf dem Überweisungsträger und vorgesehener Verwendungszweck.[5]

[5] OLG Bremen FamRZ 2016, 504, 505.

a) Konto

Im Falle einer Überweisung kann das Konto, auf welches diese erfolgt ist, einen ersten Anhaltspunkt darstellen. Die Überweisung auf ein Einzelkonto kann dafürsprechen, dass nur der Kontoinhaber bedacht werden sollte – es sei denn, es handelt sich um das Familienkonto, auf welches beide Eheleute zugreifen konnten.[6] Verfügten beide Eheleute über Einzelkonten und gab es zusätzlich ein gemeinschaftlich genutztes Konto, ist die Überweisung auf ein Einzelkonto ein Indiz dafür, dass nur der Kontoinhaber begünstigt werden sollte.[7] Insbesondere aber wenn die Eheleute darüber hinaus kein Gemeinschaftskonto besaßen, lassen sich aus der Überweisung auf ein Einzelkonto eines Kindes kaum Anhaltspunkte für eine Schenkung nur an den Kontoinhaber herleiten.[8]

Bei einem Gemeinschaftskonto spricht zwar der erste Anschein für eine Schenkung an beide Eheleute, da diese als Gesamtgläubiger beide berechtigt sind, dieser Anschein ist aber widerlegbar.[9] Unterhält das eigene Kind zusätzlich ein Einzelkonto, spricht einiges für eine Schenkung an beide Eheleute.[10] Anders könnte es aussehen, wenn es sich bei dem Gemeinschaftskonto um das einzige Konto beider Eheleute gehandelt ...

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