Nach § 1383 Abs. 1 BGB kann – richtiger: muss[4] – das Familiengericht auf Antrag des Zugewinnausgleichsgläubigers anordnen, dass der Zugewinnausgleichsschuldner bestimmte Gegenstände seines Vermögens dem Gläubiger unter Anrechnung auf dessen Zugewinnausgleichsforderung zu übertragen hat, wenn dies erforderlich ist, um eine grobe Unbilligkeit für den Gläubiger zu vermeiden, und wenn dies dem Schuldner zumutbar ist. Das bedeutet: Zunächst einmal muss der die Übertragung Verlangende auch der Zugewinnausgleichsgläubiger sein. Sodann darf, jedenfalls nach der zutreffenden ganz h.M.,[5] der Wert des herausverlangten Gegenstandes nicht die Höhe der Zugewinnausgleichsforderung (einschließlich etwaiger Zinsen)[6] übersteigen; denn auf die Zugewinnausgleichsforderung "anrechnen" lässt sich nur ein diese nicht übersteigender Betrag.[7] Schließlich muss die Übertragung zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit für den Herausverlangenden erforderlich und zugleich dem auf Übertragung in Anspruch Genommenen zumutbar sein. Sind die ersten beiden Voraussetzungen erfüllt, findet also als Drittes eine Interessenabwägung statt, bei der die genannten Kriterien zugrunde gelegt werden: Vermeidung einer "groben Unbilligkeit" auf der einen, "Zumutbarkeit" auf der anderen Seite.

Von vornherein ausgeschlossen ist danach eine Übertragung von Vermögensgegenständen gegen den Willen des anderen Ehegatten in folgenden Fällen:

Der Wert des herausverlangten Gegenstandes ist höher als die Zugewinnausgleichsforderung. Der Zugewinnaugleichsgläubiger kann dann die Herausgabe auch nicht dadurch erzwingen, dass er Zahlung des Differenzbetrages an den Schuldner anbietet.
Der Zugewinnausgleichsschuldner möchte, statt Geld zu zahlen, dem anderen einen Gegenstand überlassen.
Der Zugewinnausgleichsschuldner möchte einen Gegenstand von dem anderen übertragen bekommen. Er kann das nicht etwa durch das Angebot der Zahlung eines weiteren, über die Zugewinnausgleichsschuld hinausgehenden Betrages erzwingen.[8]

In diesen Fällen kann das von dem einen Ehegatten gewünschte Ergebnis nur durch eine einverständliche Lösung erreicht werden.

[4] Zutreffend dazu OLG Hamm FamRZ 1978, 687, 688; Johannsen/Henrich/Jäger, § 1383 Rn 8: Trotz des Wortes "kann" im Gesetz hat das Gericht keinen Ermessensspielraum; wenn die Voraussetzungen des § 1383 BGB vorliegen, muss es die begehrte Anordnung treffen.
[5] Etwa OLG Köln, Urt. v. 28.12.2017 – 10 UF 8/15, juris (Rn 104); MüKo-BGB/Koch, § 1383 Rn 28; Staudinger/Thiele, § 1383 Rn 26.
[6] Palandt/Brudermüller, BGB, 78. Aufl. 2019, § 1383 Rn 5.
[7] A.A. Kogel, Strategien beim Zugewinnausgleich, 6. Aufl. 2019, Rn 1448; Dölle, Familienrecht, Bd. I, 1964, § 61 X. 2. Rn 69, hält die Übertragung von Gegenständen, deren Wert den Wert der Ausgleichsforderung "wesentlich übersteigt" nur für dem Zugewinnausgleichsschuldner "in aller Regel" unzumutbar.
[8] Ganz h.M., etwa Palandt/Brudermüller, § 1383 Rn 1; PWW/Weinreich, BGB, 12. Aufl. 2017, § 1383 Rn 1; Johannsen/Henrich/Jäger, § 1383 Rn 2; nicht überzeugend dagegen Fischinger, FamRZ 2009, 1718, 1720, und NK-BGB/Fischinger, § 1383 Rn 1, der aus dem ersatzlosen Wegfall von § 9 HausrVO (Zuweisung im Alleineigentum des anderen stehenden Hausrats) durch das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts eine Regelungslücke herleitet, die, soweit es Haushaltsgegenstände betrifft, eine analoge Anwendung des § 1383 BGB auf den Zugewinnausgleichsschuldner rechtfertige. Dies ablehnend auch BeckOK BGB/Cziupka, 48. Ed. 1.11.2018, § 1383 Rn 5.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge