Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Zugang zu Dokumenten der Organe. Dokumente eines Verfahrens nach Art. 81 EG. Verweigerung des Zugangs. Ausnahmen zum Schutz der Untersuchungstätigkeiten, der geschäftlichen Interessen und des Entscheidungsprozesses der Organe. Pflicht des betroffenen Organs zur konkreten und individuellen Prüfung des Inhalts der im Zugangsantrag bezeichneten Dokumente

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 1049/2001; Verordnung (EG) Nr. 1/2003; Verordnung (EG) Nr. 773/2004; EG Art. 81

 

Beteiligte

Kommission / Enbw Energie Baden-Württemberg

Europäische Kommission

EnBW Energie Baden-Württemberg AG

 

Tenor

1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 22. Mai 2012, EnBW Energie Baden-Württemberg/Kommission (T-344/08), wird aufgehoben.

2. Die Entscheidung SG.E.3/MV/psi D(2008) 4931 der Kommission vom 16. Juni 2008, mit der der Antrag der EnBW Energie Baden-Württemberg AG auf Zugang zur Verfahrensakte der Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen zurückgewiesen wurde, wird insofern für nichtig erklärt, als die Europäische Kommission damit über den Antrag der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, soweit er auf Zugang zu den unter Kategorie 5b fallenden Dokumenten der Akte gerichtet war, nicht entschieden hat.

3. Die von der EnBW Energie Baden-Württemberg AG vor dem Gericht erhobene Klage in der Rechtssache T-344/08 wird im Übrigen abgewiesen.

4. Die Europäische Kommission und die EnBW Energie Baden-Württemberg AG tragen ihre eigenen Kosten.

5. Das Königreich Schweden, die Siemens AG und die ABB Ltd tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 31. Juli 2012,

Europäische Kommission, vertreten durch B. Smulders, P. Costa de Oliveira und A. Antoniadis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

EnBW Energie Baden-Württemberg AG mit Sitz in Karlsruhe (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Hahn und A. Bach,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Königreich Schweden, vertreten durch C. Meyer-Seitz als Bevollmächtigte,

Siemens AG mit Sitz in Berlin (Deutschland) und München (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. Brinker, C. Steinle und M. Holm-Hadulla,

ABB Ltd mit Sitz in Zürich (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: J. Lawrence, Solicitor, sowie Rechtsanwalt H. Bergmann und Rechtsanwältin A. Huttenlauch,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2013,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Oktober 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 22. Mai 2012, EnBW Energie Baden-Württemberg/Kommission (T-344/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Entscheidung SG.E.3/MV/psi D(2008) 4931 der Kommission vom 16. Juni 2008 (im Folgenden: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt hat, mit der der Antrag der EnBW Energie Baden-Württemberg AG (im Folgenden: EnBW) auf Zugang zur Verfahrensakte der Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen zurückgewiesen worden war.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) legt die Grundsätze, die Voraussetzungen und die Grenzen des Rechts auf Zugang zu den Dokumenten dieser Organe fest.

Rz. 3

In Art. 4 („Ausnahmeregelung”) dieser Verordnung heißt es:

„…

(2) Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

  • der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums,
  • der Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung,
  • der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten,

es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

(3) Der Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, wird verweigert, wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

Der Zugang zu einem Dokument mit Stellungnahmen zum internen Gebrauch im Rahmen von Be...

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