Entscheidungsstichwort (Thema)

Zivilen Kriegsopfern von einem Mitgliedstaat gewährte Leistung. Erfordernis des Wohnsitzes im Hoheitsgebiet dieses Staates zum Zeitpunkt des Leistungsantrags. Artikel 18 Absatz 1 EG

 

Beteiligte

Tas-Hagen und Tas

K. Tas-Hagen

R. A. Tas

Raadskamer WUBO van de Pensioen- en Uitkeringsraad

 

Tenor

Artikel 18 Absatz 1 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der dieser einem seiner Staatsangehörigen die Bewilligung einer Leistung für zivile Kriegsopfer ausschließlich deshalb verweigert, weil der Betroffene zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Hoheitsgebiet dieses Staates, sondern in dem eines anderen Mitgliedstaats wohnte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Centrale Raad van Beroep (Niederlande) mit Entscheidung vom 22. April 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 29. April 2005, in dem Verfahren

K. Tas-Hagen,

R. A. Tas

gegen

Raadskamer WUBO van de Pensioen- en Uitkeringsraad

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter R. Schintgen und P. Kūris, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie des Richters L. Bay Larsen,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2006,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Raadskamer WUBO van de Pensioen- en Uitkeringsraad, vertreten durch B. Drijber, advocaat,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und C. ten Dam als Bevollmächtigte,
  • der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriauciunas als Bevollmächtigten,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Gibbs als Bevollmächtigte im Beistand von M. Chamberlain, Barrister,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Condou-Durande und R. Troosters als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 30. März 2006

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 18 Absatz 1 EG.

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits von Frau Tas-Hagen und Herrn Hagen gegen die Raadskamer WUBO van de Pensioen- en Uitkeringsraad (Beratungskammer des Rates für Renten und Leistungen, im Folgenden: PUR) wegen deren Entscheidung, ihnen verschiedene Leistungen nicht zu gewähren, auf die sie als zivile Kriegsopfer Anspruch zu haben behaupten.

Nationales Recht

3 Die nationale Regelung ist im Gesetz über die Leistungen an zivile Opfer des Krieges 1940-1945 (Wet uitkeringen burger-oorlogsslachtoffers 1940-1945) vom 10. März 1984 (Staatsblad 1984, Nr. 94, im Folgenden: WUBO) enthalten.

4 Artikel 2 Absatz 1 WUBO bestimmt:

„Für die Anwendung dieses Gesetzes oder seiner Durchführungsbestimmungen ist ziviles Kriegsopfer:

f) derjenige, der in den Nachkriegsjahren im ehemaligen Niederländisch-Indien als Zivilperson eine körperliche oder psychische Beschädigung durch Ausschreitungen, die sich unmittelbar nach dem Krieg bis zum 27. Dezember 1949 dort ereignet haben und die nach ihrer Art und ihren Folgen mit den unter den Buchstaben a, b, c oder d genannten Umständen vergleichbar sind, erlitten hat und der infolge dieser Beschädigung dauernd invalide geworden oder gestorben ist”.

5 Artikel 3 der WUBO lautet:

  1. „Dieses Gesetz findet Anwendung auf:

    1. denjenigen, der während der Kriegsjahre 1940-1945 oder in den Nachkriegsjahren als Zivilperson durch kriegerische Handlungen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 betroffen wurde und zu diesem Zeitpunkt niederländischer Staatsbürger … war, sofern er die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt und zum Zeitpunkt der Antragstellung … im Inland wohnt.
    2. denjenigen, der während der Kriegsjahre 1940-1945 oder in den Nachkriegsjahren als Zivilperson durch kriegerische Gewalt im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 betroffen wurde und zu diesem Zeitpunkt als Ausländer aus anderem Grunde als im Auftrag einer feindlichen Macht in den Niederlanden ansässig war, sofern er die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt und bis zum Zeitpunkt der Antragstellung … ununterbrochen im Inland wohnen geblieben ist.
    3. denjenigen, der während der Kriegsjahre 1940-1945 oder in den Nachkriegsjahren als Zivilperson durch kriegerische Gewalt im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 betroffen wurde und zu diesem Zeitpunkt als Ausländer im ehemaligen Niederländisch-Indien aus anderem Grunde als im Auftrag einer feindlichen Macht ansässig war, sofern er die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt und bis zum Zeitpunkt seiner Ankunft in den Niederlanden, doch spätestens bis zum 1. April 1964, ununterbrochen im ehemaligen Niederländisch-Indien, in Indonesien oder dem ehemaligen Niederländisch-Neuguinea wohnen geblieben ist und sich anschließend in den Niederlanden niedergelassen hat und bis zum Zeitpunkt der Antragstellung … ununterbrochen im Inland wohnen geblieben ist; …

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