Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht. Von der unterhaltsberechtigten Person bei der zuständigen Behörde des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts der verpflichteten Person eingereichter Antrag auf Unterhaltsfestsetzung. Rechtskräftige Entscheidung. In der Folge bei derselben Behörde eingereichter Antrag der verpflichteten Person auf Herabsetzung des festgesetzten Unterhalts. Rügelose Einlassung der berechtigten Person. Bestimmung des anwendbaren Rechts

 

Beteiligte

Mölk

Alexander Mölk

Valentina Mölk

 

Tenor

1. Art. 4 Abs. 3 des mit Beschluss 2009/941/EG des Rates vom 30. November 2009 im Namen der Europäischen Gemeinschaft gebilligten Haager Protokolls vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht ist dahin auszulegen, dass in einem Fall, wie dem, um den es im Ausgangsverfahren geht, wo der zu zahlende Unterhaltsbeitrag auf Antrag der berechtigten Person gemäß Art. 4 Abs. 3 des Haager Protokolls rechtskräftig nach dem am Ort des angerufenen Gerichts geltenden Recht festgesetzt worden ist, dieses Recht nicht auch für einen Antrag auf Herabsetzung des festgesetzten Unterhaltsbeitrags maßgeblich ist, den die verpflichtete Person in der Folge bei einem Gericht des Staates, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, gegen die berechtigte Person stellt.

2. Art. 4 Abs. 3 des Haager Protokolls vom 23. November 2007 ist dahin auszulegen, dass die berechtigte Person die zuständige Behörde des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts der verpflichteten Person nicht im Sinne dieser Bestimmung „anruft”, wenn sie sich auf ein von der verpflichteten Person bei dieser Behörde eingeleitetes Verfahren im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen durch Bestreiten in der Sache einlässt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 28. März 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 25. April 2017, in dem Verfahren

Alexander Mölk

gegen

Valentina Mölk

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. G. Fernlund (Berichterstatter) sowie der Richter S. Rodin und E. Regan,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Mölk, vertreten durch Rechtsanwalt L. Lorenz,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und M. Cancela Carvalho als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin und M. Heller als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Mai 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 3 des mit Beschluss 2009/941/EG des Rates vom 30. November 2009 (ABl. 2009, L 331, S. 17) im Namen der Europäischen Gemeinschaft gebilligten Haager Protokolls vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (im Folgenden: Haager Protokoll).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Unterhaltsrechtsstreits zwischen Herrn Alexander Mölk und dessen Tochter Valentina Mölk.

Rechtlicher Rahmen

Haager Protokoll

Rz. 3

Art. 3 „Allgemeine Regel in Bezug auf das anzuwendende Recht”) des Haager Protokolls lautet:

„(1) Sofern in diesem Protokoll nichts anderes bestimmt ist, ist für Unterhaltspflichten das Recht des Staates maßgebend, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(2) Wechselt die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt, so ist vom Zeitpunkt des Aufenthaltswechsels an das Recht des Staates des neuen gewöhnlichen Aufenthalts anzuwenden.”

Rz. 4

Art. 4 „Besondere Regeln zugunsten bestimmter berechtigter Personen”) des Haager Protokolls bestimmt:

„(1) Die folgenden Bestimmungen sind anzuwenden in Bezug auf Unterhaltspflichten

a) der Eltern gegenüber ihren Kindern;

(2) Kann die berechtigte Person nach dem in Artikel 3 vorgesehenen Recht von der verpflichteten Person keinen Unterhalt erhalten, so ist das am Ort des angerufenen Gerichts geltende Recht anzuwenden.

(3) Hat die berechtigte Person die zuständige Behörde des Staates angerufen, in dem die verpflichtete Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, so ist ungeachtet des Artikels 3 das am Ort des angerufenen Gerichts geltende Recht anzuwenden. Kann die berechtigte Person jedoch nach diesem Recht von der verpflichteten Person keinen Unterhalt erhalten, so ist das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts der berechtigten Person anzuwenden.

…”

Rz. 5

Art. 7 „Wahl des anzuwenden Rechts für die Zwecke eines einzelnen Verfahrens”) des Haager Protokolls lautet:

„(1) Ungeachtet der Artikel 3 bis 6 können die berechtigte und die verpflicht...

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