Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Luftqualität. Grenzwerte für Stickstoffdioxid. Verpflichtung, unter Vorlage eines Luftqualitätsplans um Fristverlängerung zu ersuchen. Sanktionen

 

Normenkette

Richtlinie 2008/50/EG

 

Beteiligte

ClientEarth

The Queen

ClientEarth

The Secretary of State for the Environment, Food and Rural Affairs

 

Tenor

1. Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat danach, um die mit dieser Richtlinie festgelegte Frist für die Einhaltung der in ihrem Anhang XI festgelegten Grenzwerte für Stickstoffdioxid um höchstens fünf Jahre verlängern zu können, verpflichtet ist, ein entsprechendes Ersuchen zu stellen und einen Luftqualitätsplan zu erstellen, wenn sich angesichts der vorliegenden Daten und trotz der Anwendung geeigneter Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung durch diesen Staat objektiv zeigt, dass diese Grenzwerte in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum innerhalb der festgelegten Frist nicht eingehalten werden können. Die Richtlinie 2008/50 enthält keine Ausnahme von der aus ihrem Art. 22 Abs. 1 folgenden Verpflichtung.

2. Wenn sich zeigt, dass die in Anhang XI der Richtlinie 2008/50 festgelegten Grenzwerte für Stickstoffdioxid in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum eines Mitgliedstaats nach dem in diesem Anhang festgelegten Datum, dem 1. Januar 2010, nicht eingehalten werden können, ohne dass dieser Mitgliedstaat gemäß Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50 um eine Fristverlängerung ersucht hätte, lässt die Erstellung eines Luftqualitätsplans nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Richtlinie für sich genommen nicht die Annahme zu, dass dieser Staat dennoch den ihm nach Art. 13 dieser Richtlinie obliegenden Verpflichtungen nachgekommen ist.

3. Hat ein Mitgliedstaat die Anforderungen aus Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50 nicht eingehalten und auch nicht um eine Fristverlängerung gemäß den in Art. 22 dieser Richtlinie vorgesehenen Bedingungen ersucht, obliegt es dem gegebenenfalls angerufenen zuständigen nationalen Gericht, gegenüber der nationalen Behörde jede erforderliche Maßnahme, wie eine Anordnung, zu erlassen, damit diese Behörde den nach dieser Richtlinie erforderlichen Plan gemäß den in der Richtlinie vorgesehenen Bedingungen erstellt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court of the United Kingdom (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 16. Juli 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juli 2013, in dem Verfahren

The Queen, auf Antrag von

ClientEarth

gegen

The Secretary of State for the Environment, Food and Rural Affairs

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer sowie der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev und J. L. da Cruz Vilaça,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von ClientEarth, vertreten durch P. Kirch, avocat, D. Rose, QC, sowie E. Dixon und B. Jaffey, Barristers;
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch M. Holt und J. Beeko als Bevollmächtigte im Beistand von K. Smith, QC,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Mifsud-Bonnici und S. Petrova als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 4 EUV, 19 EUV sowie 13, 22, 23 und 30 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen ClientEarth, einer Nichtregierungsorganisation im Bereich des Umweltschutzes, und dem Secretary of State for the Environment, Food and Rural Affairs wegen des Antrags dieser Organisation auf Überprüfung der vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland aufgrund der Richtlinie 2008/50 für bestimmte seiner Gebiete und Ballungsräume ausgearbeiteten Luftqualitätspläne.

Rechtlicher Rahmen

Die Richtlinie 2008/50

Rz. 3

Im 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/50 heißt es:

„Im Fall von Gebieten mit besonders schwierigen Bedingungen sollte es möglich sein, die Frist, innerhalb deren die Luftqualitätsgrenzwerte erreicht werden müssen, zu verlängern, wenn in bestimmten Gebieten und Ballungsräumen trotz der Anwendung geeigneter Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung akute Probleme hinsichtlich der Einhaltung bestehen. Werden für bestimmte Gebiete und Ballungsräume Verlängerungen gewäh...

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