Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Gleichbehandlung im Bereich der Beschäftigung. Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters. Einstellung von Polizeibediensteten. Nationale Stelle, die durch Gesetz eingerichtet wurde, um die Durchsetzung des Unionsrechts in einem bestimmten Bereich zu gewährleisten. Befugnis, unionsrechtswidrige nationale Rechtsvorschriften unangewendet zu lassen. Vorrang des Unionsrechts

 

Normenkette

Richtlinie 2000/78/EG

 

Beteiligte

The Minister for Justice and Equality und Commissioner of the Garda Síochána

Minister for Justice and Equality

Commissioner of An Garda Síochána

Workplace Relations Commission

 

Tenor

Das Unionsrecht, insbesondere der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts, ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach der eine nationale Stelle, die durch Gesetz eingerichtet wurde, um die Durchsetzung des Unionsrechts in einem bestimmten Bereich zu gewährleisten, keine Zuständigkeit besitzt, eine unionsrechtswidrige Vorschrift des nationalen Rechts unangewendet zu lassen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court (Oberster Gerichtshof, Irland) mit Entscheidung vom 16. Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Juni 2017, in dem Verfahren

Minister for Justice and Equality,

Commissioner of An Garda Síochána

gegen

Workplace Relations Commission,

Beteiligte:

Ronald Boyle u. a.,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin), der Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev und T. von Danwitz, der Kammerpräsidentin C. Toader und des Kammerpräsidenten F. Biltgen sowie der Richter E. Levits, L. Bay Larsen, M. Safjan, C. G. Fernlund, C. Vajda und S. Rodin,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Minister for Justice and Equality, des Commissioner of An Garda Síochána und von Irland, vertreten durch M. Browne, L. Williams und T. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von A. Kerr, BL, und B. Murray, SC,
  • der Workplace Relations Commission, vertreten durch G. Gilmore, BL, und C. Power, SC, im Auftrag von S. Larkin, Solicitor,
  • von Ronald Boyle u. a., vertreten durch D. Fennelly, BL, im Auftrag von M. Mullan, Solicitor,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und J. Pavliš als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Krämer und L. Flynn als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. September 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Frage, ob eine nationale Stelle, die durch Gesetz eingerichtet wurde, um die Durchsetzung des Unionsrechts in einem bestimmten Bereich zu gewährleisten, eine unionsrechtswidrige Regelung des nationalen Rechts unangewendet lassen können muss.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Minister for Justice and Equality (Minister für Justiz und Gleichstellung, Irland, im Folgenden: Minister) und dem Commissioner of An Garda Síochána (Kommissar der Nationalpolizei, Irland) einerseits und dem Equality Tribunal (Gleichstellungstribunal, Irland), dessen Aufgaben ab 2015 von der Workplace Relations Commission (Kommission für Beziehungen am Arbeitsplatz, Irland) übernommen wurden, andererseits, in dem es darum geht, ob die letztgenannte Stelle befugt ist, unionsrechtswidrige Bestimmungen des nationalen Rechts unangewendet zu lassen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16) lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.”

Rz. 4

Art. 3 „Geltungsbereich”) Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie sieht vor:

„Im Rahmen der auf die [Union] übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf

a) die Bedingungen – einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen – für den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, einschließlich des beruflichen Aufstiegs;

…”

Rz. 5

Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie in Kapitel II „Rechtsbehelfe und Rechtsdurchsetzung”) lautet:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichta...

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