Leitsatz

  1. Der Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung wirkt objektbezogen auch für und gegen den Erwerber einer Wohnung, der in der abzurechnenden Wirtschaftsperiode noch nicht Eigentümer war, gleich ob der Eigentümerwechsel der Gemeinschaft oder dem Verwalter bekannt ist.
  2. Ebenso wie gegen den früheren Wohnungseigentümer wird auch gegen den Erwerber nur die sog. Abrechnungsspitze durch den Abrechnungsbeschluß neu begründet, nicht aber nochmals die bereits zuvor gegen den früheren Eigentümer fällig gestellten Beitragsvorschüsse.
  3. Wegen Abweichung u. a. von OLG Stuttgart WE 1998, 383 wird die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
 

Sachverhalt

Ein Wohnungseigentümer erwarb sein Wohnungseigentum im Wege der Zwangsversteigerung. Kurz darauf fand in seiner Abwesenheit eine Eigentümerversammlung statt - der Erwerber wurde zu dieser Versammlung nicht eingeladen, da die Eigentümergemeinschaft von dem erfolgten Eigentümerwechsel noch gar nichts wußte. Die Eigentümer genehmigten auf der Versammlung die Jahresabrechnung einschließlich der Einzelabrechnungen.

Die Einzeljahresabrechnung für das ersteigerte Sondereigentum, die sich namentlich noch an den Voreigentümer richtete, ergab eine Nachzahlungsforderung - der Voreigentümer hatte für das vergangene Jahr keinerlei Wohngeldzahlungen geleistet. Die Eigentümergemeinschaft macht diese Forderung nunmehr gegenüber dem in die Gemeinschaft neu eingetretenen Wohnungseigentümer geltend, nachdem sie diesem drei Monate nach der Eigentümerversammlung das Versammlungsprotokoll übersandte.

 

Entscheidung

Das Kammergericht Berlin teilt die Auffassung der Wohnungseigentümer nicht, wonach der ersteigernde Wohnungseigentümer zur Zahlung auch hinsichtlich der Wohngeldrückstände des ehemaligen Eigentümers verpflichtet ist, sieht sich jedoch an einer abschließenden Entscheidung angesichts anderslautender Entscheidungen anderer Obergerichte gehindert.

Die grundsätzliche Geltung des Eigentümerbeschlusses auch gegen den ersteigernden Eigentümer scheitert zunächst nicht daran, daß die in der Versammlung im Rahmen der Gesamtabrechnung zur Abstimmung gestellte Einzelabrechnung nicht auf den Namen des neuen Wohnungseigentümers, sondern auf den des Voreigentümers ausgestellt ist. Insoweit liegt nur eine rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung vor. Der Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung wirkt objektbezogen auch für und gegen den rechtsgeschäftlichen Erwerber oder Ersteher einer Wohnung, der in der abzurechnenden Wirtschaftsperiode noch nicht Eigentümer war. Dies gilt selbst, wenn der Eigentümerwechsel der Gemeinschaft bei Beschlußfassung noch nicht bekannt war.

Auch der Einladungsmangel beeinträchtigt die Gültigkeit des Abrechnungsbeschlusses nicht, weil dieser Fehler nicht im Beschlußanfechtungsverfahren vom ersteigernden Eigentümer geltend gemacht worden ist. Bei unverschuldeter Unkenntnis hätte dieser nach Kenntniserlangung durch übersendung des Protokolls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen können, was er jedoch nicht getan hat.

Die grundsätzliche Frage aber ist, ob neben der sogenannten Abrechnungsspitze auch die gegen den Voreigentümer bereits fällig gestellten Wohngeldvorschüsse für das Wirtschaftsjahr vor dem Erwerb des Wohnungseigentums nochmals gegen den Ersteigerer neu begründet werden können. Jedenfalls nach einer Entscheidung des BGH (Beschluß v. 30.11.1995, BGHZ 131, 228) wird ein im Zeitpunkt der Beschlußfassung ausgeschiedener Wohnungseigentümer nicht aus seiner Haftung für die gegen ihn fällig gestellten Wohngeldvorschüsse während der Dauer seines Eigentums entlassen, sondern nur der neue Eigentümer mit der sog. Abrechnungsspitze belastet. Hieraus folgerten nun einige Obergerichte, daß der Erwerber, wenn nur der Abrechnungsbeschluß der Wohnungseigentümer nach seinem Eintritt in die Gemeinschaft ergeht, kumulativ auch für die gegen den bisherigen Eigentümer bereits fällig gewordenen Wohngeldvorschüsse haftet - er also neben dem bisherigen Eigentümer haftet.

Dieser Auffassung möchte sich das Kammergericht in Berlin nun nicht anschließen, weil es der Auffassung ist, daß hierdurch die Eigentümergemeinschaft ohne hinreichenden Grund begünstigt wird, zumal das Gesetz eine Erwerberhaftung nicht vorsieht. Die Richter argumentieren weiter, daß die Eigentümergemeinschaft ohne Eigentümerwechsel auf die Zahlungsfähigkeit des bisherigen Eigentümers angewiesen ist. Wenn sie dann von einem Eigentümerwechsel nichts weiß, kann ein Wille, den Erwerber in die Haftung miteinzubeziehen, bereits sachlogisch nicht vorliegen. Der Abrechnungsbeschluß hat dann auch eine unterschiedliche Bedeutung für die bestehenden Eigentümer und den unerkannt in die Gemeinschaft eingetretenen Erwerber: Während gegen die verbliebenen Eigentümer nur die Abrechnungsspitze ergänzend festgelegt wird, würde gegen den Erwerber unvorhergesehen und auch überraschend zusätzlich ein Abrechnungsrückstand neu begründet - auch wenn dieser eventuell unter dem Vorbehalt einer vielleicht erfolgreiche...

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