Leitsatz

Fahrbleche einer als Sondereigentum begründeten Doppelstockgarage stehen ebenfalls grundsätzlich im Sondereigentum, da sie nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen

 

Normenkette

§§ 3 Abs. 1 und 5 WEG; §§ 93, 94, 139 BGB

 

Kommentar

  1. In einer Tiefgarage wurden Mehrfachparker als Sondereigentum begründet, wenn auch durch gemeinsame Hydraulikanlage betrieben. Im Wesentlichen ging es um notwendige Erneuerung einzelner Fahrbleche, die beschlussgemäß aus der gemeinschaftlichen Instandhaltungsrücklage finanziert werden sollte. Die Beschlussanfechtung einer Eigentümerseite ohne Parkplatz auf einem der Zwei- oder Vierfachparksysteme hatte Erfolg.
  2. Das Gericht hat Beschlusskompetenz der Gemeinschaft verneint und diesen Instandsetzungs- und Finanzierungsbeschluss damit für nichtig erklärt. Vorliegend betraf die Beschlussfassung insbesondere die Fahrbleche und damit Sondereigentum der jeweiligen Bruchteilseigentümer an den Mehrfachparkern. Insoweit ist auch bei den Bühnenblechen von zu Recht begründetem Sondereigentum auszugehen, selbst wenn zugehörige Hydraulikanlagen infolge des Betriebs mehrerer Mehrfachparkeinheiten zwingend dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen sind (vgl. insoweit BGH-Urteil v. 21.10.2011, NJW-RR 2012 S. 86). Bei den Bühnenblechen handelt es sich um Technikteile, die nur der jeweiligen Sondereigentums-Bruchteilsgemeinschaft dienen und die auch nicht für die Funktion der Gesamtanlage erforderlich sind. Das zur Hebebühne von Mehrfachparkgaragen gehörende Fahrblech ist – soweit es entfernt werden kann, ohne die Funktionsfähigkeit der Hebeanlage im Übrigen zu beeinträchtigen – sondereigentumsfähig, wie dies zwischenzeitlich auch zu im Bereich eines Sondereigentums befindlichen Sprechstellen einer Gegensprechanlage oder Heizkörpern mit Ver- und Entsorgungsleitungen gerichtlich bestätigt wurde. Damit handelt es sich bei den Fahrblechen zu Recht um Sondereigentum nach den Vorgaben in § 5 Abs. 1 WEG.
  3. Ob dieses Ergebnis auch hinsichtlich eines Austauschs der Mittel- und Seitenträger gilt, konnte vorliegend offenbleiben, da nach § 139 BGB der gesamte Beschluss als nichtig anzusehen war; Unwirksamkeit eines Beschlussteils hat i.d.R. die Unwirksamkeit des gesamten Beschlusses zur Folge, wenn es – wie vorliegend – keine Anhaltspunkte gibt, dass Eigentümer den mangelfreien Teil des Beschlusses auch ohne den ungültigen Teil beschlossen hätten.
Anmerkung

Insoweit darf auch auf den Hinweis auf diese Entscheidung als "Entscheidung des Monats" im Haufe-Verwalter-Brief April 2013 mit diesseitiger, die Entscheidung befürwortender Anmerkung verwiesen werden.

In Kürze ist m.E. auch mit einer ähnlich begründeten Entscheidung der anderen (36.) Berufungskammer des Landgerichts München I (Az. 36 S 16142/12, derzeit noch rechtshängig) zu rechnen, wobei es dort um andere Konstruktionsteile solcher Parksysteme, etwa Seiten- und Querträger geht.

Ich kann nur erneut darauf hinweisen, dass sich zukünftige Vereinbarungsgestaltungspraxis insbesondere im Hinblick auf Sanierungsverantwortlichkeits- und Kostenverteilungsregelungen an vielfach neuer Rechtsprechung zu den Zuordnungs- und Abgrenzungsfragen von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum entsprechend orientieren sollte, und zwar durch eindeutig klarstellende Zuordnungs- und insbesondere gerechte Kostenverteilungsregelungen.

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 05.11.2012, 1 S 1504/12

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