Dagegen berührt der Erbvertrag nicht das Recht des Erblassers über sein Vermögen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden zu verfügen (§ 2286 BGB), und zwar selbst dann, wenn sie den Gegenstand der erbvertragsmäßigen Verfügung berühren.[1] Denn vertragsmäßige Verfügungen in einem Erbvertrag binden nur erbrechtlich und beschränken insofern nur die Testierfreiheit des Erblassers.

Vor dem Erbfall erhält der Bedachte keine übertragbare oder vererbliche Rechtsposition, wie bspw. ein Anwartschaftsrecht. Stirbt er vor dem Erbfall, so ist die erbvertragliche Verfügung zu seinen Gunsten gegenstandslos, sodass der Erblasser insofern frei wird, erneut und anderweitig von Todes wegen zu verfügen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beteiligten zusätzlich einen klassischen schuldrechtlichen Verfügungsunterlassungsvertrag abschließen, vgl. § 137 Satz 2 BGB.

Beeinträchtigende Schenkungen, die der Erlasser in Benachteiligungsabsicht des Vertragserben vornimmt, führen nach § 2287 BGB zu einem Herausgabeanspruch nach Bereicherungsrecht. Es verbleibt somit die Gefahr der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB. Entsprechendes kann für ehebedingte Zuwendungen oder die Eingehung einer Gütergemeinschaft gelten. Demgegenüber wird der Vermächtnisnehmer durch § 2288 BGB umfangreich geschützt.

 
Praxis-Tipp

Im Hinblick auf den drohenden Einwand der Entreicherung des Erblassers ist aus Sicht eines potenziellen Vertragserben stets zu überlegen, ob nicht eine Vermächtnisnehmerschaft für ihn günstiger ist.

Eine Einschränkung der Bindungswirkung ergibt sich ferner nach §§ 2289 Abs. 2, 2336 BGB, wonach die Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht durch "einfaches" Testament auch auf den Erbvertrag anwendbar bleibt.

[1] Vgl. BGH, Urteil v 30.9.1959, V ZR 66/58, BGHZ 31 S. 13 (15); auch BGH, Beschluss v. 12.11.1952, IV ZB 93/52, BGHZ 8 S. 23 (29); fortgeführt durch BGH, Urteil v. 1.6.1983, IV a ZR 35/82, NJW 1984 S. 46 f.; bestätigt durch BGH, Urteil v. 6.11.1985, IVa ZB 5/85, NJW 1988 S. 59 f.

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