1.2.3.1 Überblick

Die Mietvertragsparteien können die steigenden Energiepreise zum Anlass nehmen, die Höhe der vom Mieter geschuldeten Vorauszahlungen nicht erst gem. § 560 Abs. 4 BGB einseitig nach einer Abrechnung, sondern einvernehmlich zeitnah zu verändern.[1] Eine einvernehmliche Vertragsanpassung kommt insbesondere in Betracht, wenn nach einer bereits erfolgten Erklärung gem. § 560 Abs. 4 BGB eine weitere Erhöhung erfolgen soll(te).[2]

 
Hinweis

Win-Win-Situation

Diese Änderung wäre im Interesse des Vermieters, da er die Energiekosten vorauszahlen muss und ihn die Zahlungen möglicherweise in den nächsten Monaten überfordern. Die Änderung wäre aber auch im Interesse des Mieters, um wenigstens annähernd über die wahren Kosten für Wärme und Warmwasser orientiert zu werden und den auf ihn als Nutzer entfallenden Betrag ratierlich zahlen zu können und nicht nach oder mit der Betriebskostenabrechnung in einer Summe.

[1] S. a. Lehmann-Richter, WuM 2022, S. 633, 635.
[2] S. a. Bentrop, WuM 2022, S. 505, 510.

1.2.3.2 Unwirksamkeit

Problematisch könnte sein, dass nach § 560 Abs. 6 BGB eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam ist. Insoweit wird im Schrifttum möglicherweise die Ansicht vertreten, eine einvernehmliche Änderung sei eine dem Mieter nachteilige Vereinbarung.[1] Nach einer anderen Ansicht steht § 560 Abs. 6 BGB einer einvernehmlichen Regelung um einen Betrag hingegen nicht entgegen.[2] Rechtsprechung ist, soweit ersichtlich, bislang nicht bekannt geworden.

Richtig scheint es zu sein, dass einvernehmliche Änderungen schon nicht dem Anwendungsbereich des § 560 BGB unterfallen.[3]

[1] BeckOGK/Schindler, 1.7.2022, BGB § 560 Rn. 78; Blank/Börstinghaus BGB § 560 Rn. 58; MüKoBGB/Zehelein BGB § 560 Rn. 47; Staudinger/Artz (2021) BGB § 560.
[2] PWW/Elzer BGB § 560 Rn. 35; Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 560 Rn. 84.
[3] So auch Bentrop, WuM 2022, S. 505, 510.

1.2.3.3 Praktisches Vorgehen

Die Mietvertragsparteien sollten eine einvernehmliche Erhöhung anstreben. Denn die Erhöhung wäre dem Mieter in einer Gesamtabwägung nicht nur nicht nachteilig, sondern würde ihn frühzeitig über die Kosten, die er sowieso zu tragen hat, informieren. Sollte er sich daher mit der Erhöhung der Vorauszahlungen einverstanden erklären, ist in § 560 Abs. 6 BGB, wäre er anwendbar, wohl kein Hemmnis zu sehen.

Sollte der Mieter mit der Erhöhung einverstanden sein, dürften etwaige Streitigkeiten, ob die Vereinbarung gegen § 560 Abs. 6 BGB verstößt, im Übrigen die Ausnahme sein. Sollte in diesem Fall ein Gericht die Vereinbarung für unwirksam erachten, sollte die damit begründete Pflicht des Vermieters, die Vorauszahlungen teilweise wieder herauszugeben, als Risiko hingenommen werden.

 
Hinweis

Vorschlag zur Güte

Auch diese Möglichkeit sollten Vermieter aus ihrer Sicht, aber auch aus Sicht der Mieter keinesfalls verstreichen lassen. Es bietet sich mithin an, sämtliche Mieter anzuschreiben und ihnen anzubieten, in ihrem Interesse die geschuldeten Vorauszahlungen den aktuellen Verhältnissen anzupassen. Zugleich sollte vereinbart werden, dass die Vorauszahlungen sinken, sollten sich die Verhältnisse wieder verbessern.

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