Leitsatz

Einem Wohnungseigentümer kann in Einzelfällen ein Auskunftsanspruch zustehen. Dieser setzt aber voraus, dass der Wohnungseigentümer die gewünschten Informationen nicht im Wege des Einsichtsrechts nach § 18 Abs. 4 WEG erlangen kann.

Normenkette

§ 18 Abs. 4 WEG

Das Problem

Wohnungseigentümer K bittet den Verwalter, ihm Name und Anschrift und ggf. die Firma des Unternehmens mitzuteilen, das die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit der Durchführung einer Dachreparatur sowie mit dem Verschluss von Rissen in seiner Wohnung beauftragt hat. Das AG weist die Klage ab. Dagegen richtet sich die Berufung.

Die Entscheidung

Ohne Erfolg! § 18 Abs. 4 WEG gebe dem einzelnen Wohnungseigentümer einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, welches kein besonderes Interesse an der Einsichtnahme verlange. Seine Grenzen finde das Einsichtsrecht im Verbot des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) und im Schikaneverbot (§ 226 BGB). § 18 Abs. 4 WEG sei auf ein bloßes Einsichtsrecht beschränkt (Hinweis u. a. auf Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 5 Rn. 23) und gebe kein Recht auf Auskunft. Soweit vereinzelt ein Auskunftsanspruch entsprechend § 18 Abs. 4 WEG angedacht werde (BeckOK WEG/Elzer, 1.7.2021, WEG § 18 Rn. 180), könne die Kammer dem angesichts des klaren Wortlauts nicht folgen. Allerdings sei § 18 Abs. 4 WEG mit Blick auf die Informationsrechte des Wohnungseigentümers auch nicht abschließend (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 5 Rn. 374). Auch nach neuem Recht bestünden aus dem Gemeinschaftsverhältnis oder auf Grundlage von § 242 BGB Auskunftsansprüche, die mit dem Vermögensbericht in § 28 Abs. 4 WEG nicht erschöpfend geregelt seien. Ob diese nach wie vor grundsätzlich nur in der Versammlung geltend gemacht werden können (Hinweis dafür auf Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 5 Rn. 23; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 5 Rn. 375; und dagegen BeckOK WEG/Elzer, 1.7.2021, WEG § 18 Rn. 182) und ob es ggf. auf den Grund und den Inhalt des konkreten Auskunftsbegehrens ankomme, könne offenbleiben. Ein Auskunftsanspruch setze jedenfalls voraus, dass der Anspruchsteller die gewünschten Informationen nicht bereits im Wege des Einsichtsrechts erlangen könne. Im Fall sei nicht erkennbar, dass K die gewünschten Informationen nicht durch Einsicht in die Verwaltungsunterlagen beschaffen könne. Denn schließlich erstrecke sich das Einsichtsrecht nach § 18 Abs. 4 WEG u. a. auf die Beschluss-Sammlung, die Versammlungsniederschriften und Verträge mit Handwerkern (Hinweis u. a. auf BeckOGK/Skauradszun, 1.6.2021, WEG § 18 Rn. 71 und Hügel/Elzer, 3. Aufl., WEG § 18 Rn. 155). Es gebe keinen Grund zur Annahme, dass K dort die gewünschten Informationen nicht finden würde.

 

Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, ob ein Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht nur Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, sondern auch Auskunft verlangen kann.

Einsichtsrecht

Nach § 18 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen. Dieses Recht unterliegt, was die Kammer auch so entscheidet, keinen weiteren Voraussetzungen. Der Einsichtnehmende muss also kein besonderes rechtliches Interesse geltend machen.

Auskunftsrecht

Ob es neben dem Einsichts- ein Auskunftsrecht gibt, ist unklar. Die Kammer lehnt hier meine Herleitung ab – Analogie zu § 18 Abs. 4 WEG –, kommt aber auch zu dem Ergebnis, dass es das Auskunftsrecht gibt. Dieses nicht bei § 18 Abs. 4 WEG, sondern bei § 242 BGB (Treu und Glauben) oder im Gemeinschaftsverhältnis (Treu und Glauben) zu verorten, ist im Ergebnis unerheblich.

Es stellen sich dann aber 2 Fragen:

  • Unterliegt auch das Auskunftsrecht keinen weiteren Voraussetzungen?
  • Wer kann Auskunft verlangen und wo?

Zur 1. Frage befürwortet die Kammer eine Subsidiarität. Hätte sie Recht, könnte man nur Auskunft verlangen, wenn sich die Informationen nicht im Wege der Einsichtnahme einholen lassen. Ich bin insoweit noch skeptisch. Die 2. Frage lässt die Kammer offen. Ich selbst sehe es so: Die Pflicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer besteht gegenüber jedem Wohnungseigentümer individuell. Jeder Wohnungseigentümer kann daher individuell zu sämtlichen Fragen Auskunft verlangen und dies nicht nur in der Versammlung. Da das alles nicht "offensichtlich" ist, hätte die Kammer m. E. nicht nach § 522 Abs. 2 ZPO verfahren dürfen.

Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 27.7.2021, 2-13 S 120/20

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