Leitsatz

Wird der Vermieter von der Post über eine erfolglos gebliebene Einschreibebriefzustellung informiert, so muss er den Brief unverzüglich bei der Post abholen. Bei Nichtabholung oder verzögerter Abholung gilt der Brief in dem Zeitpunkt als zugegangen, in dem die Einlösung des Benachrichtigungszettels möglich und zumutbar erscheint, regelmäßig also am nächstfolgenden Werktag.

 

Fakten:

Der Mieter hatte seine Kündigung per Einschreibebrief an den Vermieter versandt. Der Postzusteller traf an einem Samstag den Vermieter nicht an und legte den Einschreibebrief bei der Postagentur nieder, nachdem er einen Benachrichtigungsschein über die erfolglose Zustellung in den Briefkasten des Vermieters geworfen hatte. Dieser holte den Brief erst am darauf folgenden Mittwoch bei der Post ab. Die Kündigung hätte fristwahrend jedoch bis spätestens am davor liegenden Dienstag beim Vermieter eingehen müssen. Das Gericht gibt dem Mieter Recht: Der Vermieter muss sich die Fiktion eines rechtzeitigen Zugangs entgegenhalten lassen. Ihm ist in aller Regel zumutbar, den Brief am darauf folgenden Werktag abzuholen. Bei Nichtabholung oder verzögerter Abholung ist daher der fingierte Zugang für den Zeitpunkt anzunehmen, zu dem die Einlösung des Benachrichtigungszettels möglich und zumutbar erscheint, regelmäßig also am darauf folgenden Werktag.

 

Link zur Entscheidung

LG Freiburg i. Br., Urteil vom 01.07.2004, 3 S 317/03

Fazit:

Bereits aufgrund des Mietverhältnisses muss ein Vermieter jederzeit damit rechnen, fristwahrende Erklärungen seines Mieters zu erhalten. Von ihm wird nach Treu und Glauben verlangt, das Schreiben möglichst unverzüglich abzuholen. Dies gilt umso mehr, als die der Beweisfunktion dienende Wahl des Einschreibens meist nur bei gewichtigen Erklärungen genutzt wird.

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