Leitsatz

In einem Verfahren wegen Regelung des Umgangs mit dem gemeinsamen Kind war der Kindesmutter Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung ihres Anwalts bewilligt worden. Das Verfahren war auf Antrag des Kindes eingeleitet worden. Der Vater erklärte sich mit der von seinem Sohn vorgeschlagenen Umgangsregelung einverstanden. Die Mutter gab hierzu zunächst ihre Zustimmung, trat jedoch dann dem Antrag entgegen. Wenig später teilte sie erneut ihre Zustimmung mit und bat um Entscheidung im schriftlichen Verfahren, die mit Beschluss des FamG auf der Grundlage der Einigung der Kindeseltern, die dem Wunsch des Kindes entsprach, erging. Die Kosten wurden bei einem Gegenstandswert von 3.000,00 EUR gegeneinander aufgehoben.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter beantragte die Festsetzung seiner aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung inklusive einer Einigungsgebühr. Dem Antrag wurde hinsichtlich der Einigungsgebühr nicht entsprochen.

Gegen die Vergütungsfestsetzung hat der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter als Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt, die zurückgewiesen wurde. Hiergegen hatte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde eingelegt, die erfolgreich war.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

In seiner Entscheidung führte das OLG aus, dass sich bereits aus der gesetzlichen Regelung in § 48 Abs. 3 RVG ergebe, dass der als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnete Rechtsanwalt die Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1003 RVG-VV auch in einem Verfahren wegen Regelung des Umgangs des Kindes mit den Eltern beanspruchen könne.

Hierfür reiche es nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2007, 2187) für die Festsetzbarkeit einer Einigungsgebühr aus, dass glaubhaft gemacht werde, dass die Parteien eine Vereinbarung i.S.v. Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 RVG-VV geschlossen hätten. Die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sei nicht erforderlich. Der Einigungsvertrag könne vielmehr auch stillschweigend geschlossen werden und sei nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben sei.

Die Gebühr gemäß Nrn. 1000, 1003 RVG-VV entstehe für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt werde. Dies gelte dann nicht, wenn der Vertrag sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder Verzicht beschränke.

Vorliegend hätten beide Elternteile der vom Kind vorgeschlagenen Umgangsregelung im Interesse der Aufrechterhaltung und Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehungen zugestimmt. Die Mutter habe dies nach vorheriger Ablehnung schließlich aufgrund der Mitwirkung ihres Verfahrensbevollmächtigten unter Zurückstellung ihrer ursprünglichen Bedenken bezüglich der familiären Verhältnisse des Vaters und unter Vernachlässigung ihrer eigenen Interessen beim Umgang mit dem Kind zugunsten des von ihrem Sohn geäußerten Wunsches getan. In der gegebenen Zustimmung liege nicht nur ein bloßes Anerkenntnis des Antrages des Kindes, sondern eine vertragliche Einigung der Beteiligten zur Beilegung des Streites über die Umgangsregelung.

Die Zielsetzung der Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 RVG-VV sei damit erreicht. Unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung sei der zugrunde liegenden Vergütungsfestsetzung ein weiterer Betrag in Höhe der Einigungsgebühr zuzüglich Mehrwertsteuer festzusetzen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.06.2008, 8 WF 85/08

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