Rz. 965

Enge Zusammenarbeit zwischen Verwalter und Versteigerungsgericht hilft beiden sehr bei der Bewältigung ihrer Aufgaben. Das Versteigerungsgericht wird daher dem Zwangsverwalter alle seine Entscheidungen in Abschrift zuleiten, auch wenn dies nicht irgendwo vorgeschrieben ist. Nur so kann der Zwangsverwalter richtig disponieren. Es kann für seine Entscheidungen z.B. wichtig sein, dass alle Gläubiger die einstweilige Einstellung bewilligt haben und deshalb die Bestimmung eines Versteigerungstermins in weiter Ferne liegt.

 

Rz. 966

In Stichpunkten soll hier aufgezeigt werden, wie die gegenseitige Unterstützung fruchtbar sein kann:

 

Rz. 967

1) Das Gericht bestellt zur Wertfestsetzung einen Sachverständigen. Zunächst einmal kann der Zwangsverwalter diesem Angaben über Mieter, Miethöhe und evtl. Wohnungsgröße machen. Vielleicht hat er dem Schuldner die Baupläne (siehe § 1 Rn 166) weggenommen und kann sie dem Sachverständigen überlassen. Schließlich kann er auch aufgrund seines Besitzrechtes dem Schätzer den Zugang zum Haus ermöglichen und ihm zumindest die zur Allgemeinbenutzung bestimmten Teile zeigen. Ob er den Zugang zu einer Mietwohnung oder jener des Schuldners erzwingen kann,[14] ist fraglich. Aber vielleicht sind die Mieter eher kooperativ als der Schuldner, wenn sie den Zwangsverwalter kennen.

 

Rz. 968

2) Der Verwalter kann u.U. dem Schätzer Schäden zeigen, welche Instandsetzungsarbeiten erforderlich machen und damit den Wert beeinträchtigen. Vielleicht hat er bereits Kostenvoranschläge zu deren Beseitigung. Evtl. hat er Anhaltspunkte über das Vorliegen von Altlasten.

 

Rz. 969

3) Spätestens nach der Bestimmung des Versteigerungstermins teilt der Verwalter dem Gericht die genauen Anschriften der Mieter mit und

ob diese ihm gegenüber den Einwand vorausgezahlter Mieten (Baukostenzuschüsse) erhoben haben;
alles, was er über Kautionszahlungen der Mieter in Erfahrung bringen konnte (§ 566a BGB, § 57 ZVG);
ob er von einem der Gläubiger einen Vorschuss zur Erhaltung/Verbesserung des Objektes erhalten und ob – gegebenenfalls wofür – er diesen Vorschuss verwendet hat. Zur Klarstellung könnte er auch die anderen Vorschüsse auflisten und klarstellen, dass sie nicht i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 1 ZVG verwendet worden sind.
 

Rz. 970

Eine Innenbesichtigung des Grundstücks könnte zu einem höheren Gebot führen, weshalb die Gläubiger gerne über den Zwangsverwalter den Interessenten eine solche ermöglichen würden. Ob dies zulässig ist oder nicht und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen ist insbesondere durch die Arbeiten Schmidberger[15] in die Diskussion geraten. Zunächst ist festzuhalten, dass eine Zwangsverwaltung nur zu diesem Zweck nicht angeordnet werden dürfte. Es muss sich also um ein Verfahren mit dem Ziel der Zwangsvollstreckung handeln. Andererseits sind die Verfahren, welche die Vollstreckung in das gleiche Objekt bezwecken, nicht derart als getrennt zu sehen, dass eines nicht das andere fördern dürfte.

 

Rz. 971

Das Besitz- und Verwaltungsrecht des Zwangsverwalters ist grundsätzlich eine tragfähige Rechtsgrundlage für eine solche Besichtigung. Ihm dies generell zu verbieten, wird seiner Stellung nicht gerecht.[16] Allerdings sind Grenzen und Risiken zu beachten.

 

Rz. 972

Der Verwalter kann als nur mittelbarer Besitzer keinen unmittelbaren Besitz aus eigenem Recht beeinträchtigen. Somit kann er weder vermietete Räume noch die Schuldnerwohnung ohne Zustimmung der Besitzer besichtigen lassen. Auch das ihm laut Mietvertrag zustehende Recht gelegentlicher Wohnungsbesichtigung kann hierzu nicht instrumentalisiert werden. Deshalb werden meist nur leer stehende[17] Gebäude hierfür in Betracht kommen.

Im Kollisionsfall ist aber das Recht des Gläubigers als vorrangig zu erachten. Der Wunsch des Schuldners, dass das Objekt nicht versteigert werde, genießt keinen Schutz durch die Rechtsordnung. Vielmehr ist zu unterstellen, dass der Schuldner ein Interesse an einem hohen Meistgebot habe, damit dem Eigentumsverlust eine möglichst hohe Schuldentilgung folgt.[18]

 

Rz. 973

Bleiben die Risiken:

Schäden durch die Besucher müssen versichert sein. Notfalls muss der Gläubiger die Haftung übernehmen oder diese auf seine Kosten versichern.[19] Der Gläubiger sollte auch zur Unterstützung des Zwangsverwalters fachkundiges Personal abstellen.
Wer zahlt den Aufwand des Zwangsverwalters? Wahrscheinlich wird das Gericht den Zeitaufwand bei der Vergütung nicht berücksichtigen.[20]
Es muss gewährleistet sein, dass alle Interessenten – und nicht nur die Favoriten der Bank – an der Besichtigung teilnehmen können. Z.B. könnte die Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts die dort vorsprechenden Interessenten auf den Termin hinweisen.[21]
 

Rz. 974

Zusammengefasst:

Der Zwangsverwalter kann nicht verpflichtet werden, eine solche Besichtigung durchzuführen. Deshalb erscheint es zulässig und angebracht, dass der Gläubiger ihm den Aufwand ersetzt.
Liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor,[22] sollten Gläubiger, Zwangsverwalter und Rechtspfleger alle ...

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