Rz. 484

Die Beschlagnahme umfasst zunächst das Miteigentum am Grundstück und das Sondereigentum an der Wohnung bzw. das Sondernutzungsrecht des Schuldners und die sich hieraus ergebenden Erträge.

Sie umfasst aber auch die Mitgliedschaftsrechte des Schuldners an der Gemeinschaft. Sie ergreift nicht den Anteil an den Geldbeträgen, welche sich in Gemeinschaftsbesitz befinden, wohl aber den nach Beschlagnahme beschlossenen und fälligen Auszahlungsanspruch an diesen Geldern.

Steht das gesamte Sondereigentum unter Zwangsverwaltung, ist der Zwangsverwalter berechtigt, einen bereits vorhandenen WEG-Verwalter (aber nicht den Schuldner) im Amt zu belassen, falls kein Grund für die Abberufung besteht.

 

Rz. 485

Findet der Zwangsverwalter ausnahmsweise ein Wohnungseigentum ohne WEG-Verwalter vor, ist umstritten, wie zu verfahren ist. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Zwangsverwalter nur für das Sondereigentum und nicht für das Gemeinschaftseigentum verantwortlich ist. Ist noch mindestens eine Einheit nicht unter seiner Verwaltung, soll er im Zusammenwirken mit diesem (diesen) Dritten, einen Verwalter durch Beschluss bestellen. Stehen jedoch alle Einheiten unter seiner Verwaltung,[367] soll er berechtigt sein einen WEG-Verwalter zu bestimmen,[368] dessen Vergütung Aufwand i.S.d. § 155 Abs. 1 ZVG ist. Eine Entscheidung des OLG München[369] zieht jedoch diese Möglichkeit in Zweifel, da hiernach ein "Ein-Mann-Beschluss" zur Bestellung eines WEG-Verwalters unzulässig sein soll. Allerdings ist diese Entscheidung im Zusammenhang mit der Neubegründung (Aufteilung) zu Lasten des teilenden Eigentümers ergangen und kann nach der hier vertretenen Auffassung auf die Situation des Zwangsverwalters nicht ausgedehnt werden, zumal eine spätere Neufassung des § 10 Abs. 7 S. 4 WEG[370] eine "Ein-Mann-Verwaltung" entstehen lässt. Es ist also davon auszugehen, dass der Zwangsverwalter einen fehlenden WEG-Verwalter einsetzen oder einen vorhandenen ablösen darf, wenn sämtliche Eigentumsanteile unter seiner Verwaltung stehen[371] oder er sogar die gesamte Einheit selbst verwalten kann.

 

Rz. 486

Daraus ergibt sich folgende Konsequenz: Der Zwangsverwalter ist grundsätzlich berechtigt und je nach Sachlage gehalten,[372] das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung auszuüben. Dies kann ganz ausnahmsweise dem Schuldner zustehen, wenn eine Entscheidung ansteht, welche keine Rechte und Pflichten des Verwalters betrifft.[373] Allerdings ist im Zweifel anzunehmen, dass die Rechte/Pflichten des Verwalters betroffen sind.[374] Hat der Schuldner mehrere Wohnungen, die nicht alle unter Zwangsverwaltung stehen, und hat er aufgrund der vertraglichen Vereinbarung (meist in der Teilungserklärung enthalten) hierfür nur eine Stimme, kann der Zwangsverwalter nur zusammen mit dem Schuldner abstimmen. Anderenfalls ruht das Stimmrecht.

Das Stimmrecht kann dem Zwangsverwalter nicht mit der Begründung verweigert werden, der Schuldner habe Hausgeldrückstände; oder gar, der Zwangsverwalter habe geschuldetes Hausgeld nicht rechtzeitig bezahlt.[375]

 

Rz. 487

Der Verwalter ist grundsätzlich berechtigt, Entscheidungen der Eigentümerversammlung anzufechten, soweit sein Verwaltungsrecht berührt ist. Dazu muss er (§ 43 S. 4 WEG) nicht etwa die Eigentümergemeinschaft, sondern alle anderen Miteigentümer verklagen, also auch jene, die – wie er – gegen den Beschluss gestimmt haben. Die Klage muss innerhalb einer Frist von einem Monat nach Beschlussfassung erhoben werden (§ 46 Abs. 1 WEG).

Sobald mehrere Miteigentümer klagen, ergeben sich Probleme, die der ZPO fremd sind und daher kaum einer befriedigenden Lösung zugeführt werden können.[376]

Der Zwangsverwalter soll nicht befugt sein, einen vom Schuldner eingelegten Rechtsbehelf zurückzunehmen, wenn es um die Genehmigung/Versagung einer baulichen Veränderung geht.[377]

 

Rz. 488

Hat die Eigentümergemeinschaft bereits vor der Beschlagnahme eine Zahlung an die Eigentümer beschlossen (sei es aus Gemeinschaftseigentum oder Überschüsse der Hausgeldvorschüsse), ist der Überschuss nicht beschlagnahmt und an den Schuldner auszuzahlen. Beschließt die Eigentümergemeinschaft eine solche Zahlung nach Wirksamwerden der Beschlagnahme, gebührt das Geld auch dann dem Zwangsverwalter, wenn der Schuldner noch selbst die Vorschüsse, die jetzt abgerechnet werden, eingezahlt hat.[378]

[367] Gleiche Situation: Der Zwangsverwalter will den vom Schuldner bestellten WEG-Verwalter (vielleicht ist dies sogar der Schuldner selbst!) ablösen.
[368] So in einer sehr durchdachten Entscheidung das AG Straußberg, Rpfleger 2004, 115.
[369] Rpfleger 2006, 317.
[370] BGBl 2007 I, 370. Es kann eine "Ein-Mann-Verwaltung" durch Vereinigung aller Eigentumsanteile auf eine Person entstehen.
[371] So auch Dassler-Engels, § 152 Rn 194. Sehr ausführlich zu diesem Problem: HWFH, § 21 ZwVwV Rn 21 ff.
[372] Pflichtwidrige Abwesenheit in der WE-Versammlung kann eine Schadenshaftung begründen (Stöber, ZVG, § 152 Rn 19.1). Allerdings ist keine persönliche Anwesenheit erforderlich. Der Ve...

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