Leitsatz

Minderung wegen eines Mangels am Gemeinschaftseigentum setzt entsprechende Beschlussfassung voraus

 

Normenkette

§ 21 Abs. 3, 5 Nr. 2 WEG, §§ 633ff. BGB

 

Kommentar

1. Ein Bauträger hatte entgegen der Baubeschreibung und den Plänen vor der Wohnung eines Ersterwerbers auf gemeinschaftlicher Gartenfläche einen Pavillon und einen Kinderspielplatz errichtet. Wegen erheblicher Lärmbelästigung klagte der Erwerber auf Minderung des Erwerbspreises, ohne dass zuvor ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft eingeholt wurde. Die Klage wurde vom OLG abgewiesen.

2. Dem Kläger fehlte die Prozessführungsbefugnis (Aktivlegitimation). Nach bisheriger BGH-Rechtsprechung kann ein einzelner Eigentümer grundsätzlich bei einem behebbaren Mangel am Gemeinschaftseigentum ohne legitimierenden Beschluss keine Minderung geltend machen.

Bei der Lärmbelästigung handelt es sich nicht um einen Mangel an seinem Sondereigentum; Beziehungen einer Sache zur Umwelt begründen nur dann einen Mangel, wenn sie nach der Verkehrsauffassung auf Wert und Brauchbarkeit der Sache Einfluss haben und ihr innewohnen; vorliegend wurde dies verneint, weil die Lärmbelästigung ihren Ursprung außerhalb des Sondereigentums hat.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.09.1999, 5 U 264/98= BauR 2000, 286 = IBR Immobilien- und Baurecht 4/2000)

zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen; Baumängel

Anmerkung:

Vogel hält in IBR dieses Urteil für bedenklich und ist der m.A. durchaus vertretbaren Auffassung, dass der Sachverhalt eher dafür spreche, auch einen Mangel des Sondereigentums aufgrund der geringen räumlichen Distanz anzunehmen, da sich der Wert einer Wohnung auch nach ihrer Lage innerhalb einer gesamten Eigentumsanlage richte (Himmelsrichtung, Entfernung zu Lärm- oder Geruchsquellen); insoweit finde seiner Meinung nach der Umstand der Lärmbelästigung auch im Sondereigentum seinen Grund. Auch bei Schallproblemen eines in der Einflugschneise gelegenen Grundstücks habe die Rechtsprechung (OLG Köln, IBR 95, 271 mit Anmerkung Baden) aufgrund des so genannten subjektiven Fehlerbegriffs einen Mangel angenommen.

Zu Recht weist Vogel allerdings darauf hin, dass vorsichtshalber bei möglichen Mängeln am Gemeinschaftseigentum hinsichtlich der Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung sowie der Wahl des Gewährleistungsrechts und einer gerichtlichen Durchsetzung zuvor wohnungseigentumsrechtliche Beschlüsse herbeigeführt werden müssten; andernfalls sei die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung unwirksam (vgl. auch BGH, IBR 98, 333 mit Anmerkung Schulze-Hagen); ohne legitimierenden Beschluss könne einem Erwerber - wie auch hier entschieden - die Befugnis fehlen, einen solchen Anspruch einzuklagen.

Ergänzend darf ich allerdings auch noch auf Ausnahmeentscheidungen des BGH hinweisen, wonach eine Einzelklagebefugnis eines Sondereigentümers hinsichtlich eines Gewährleistungs-Minderungsanspruchs (bei ursächlich mangelbehaftetem Gemeinschaftseigentum) dann bejaht werden könnte, wenn sich ein Mangel im Bereich des Gemeinschaftseigentums primär oder ausschließlich nur auf ein besonderes Sondereigentum nachteilig auswirkt (so genannter Ausstrahlungsmangel). Primäre Gewährleistungsansprüche könnten ohnehin nach derzeit h.M. auch von einem einzelnen Eigentümer "mit Leistung an die Gemeinschaft" geltend gemacht werden, was dann in Betracht kommen sollte, wenn die Mehrheit in einer Eigentümergemeinschaft kein Interesse zeigen sollte, solche Gewährleistungsrechte zu verfolgen. Es erscheint mir umständlich, kostspielig und zeitraubend, hier evtl. im Rahmen eines Vorschaltverfahrens vor dem Wohnungseigentumsgericht eine insoweit "passive" (bzw. desinteressierte) Gemeinschaft im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung (erstmalige mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums) erst vor dem Wohnungseigentumsgericht auf Tätigwerden und Klagedurchführung bzw. Ermächtigungserteilung verklagen zu müssen.

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