Gesetzestext

 

(1) Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im regulierten Markt notierte Kurs maßgebend. Entsprechend sind die Wertpapiere zu bewerten, die in den Freiverkehr einbezogen sind.

(2) Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter Absatz 1 fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde. Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden; die §§ 99 und 103 sind anzuwenden. Die §§ 199 bis 203 sind zu berücksichtigen.

(2 a) (aufgehoben)

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z.B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich aufgrund der Kurswerte (Absatz 1) oder der gemeinen Werte (Absatz 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

(4) Wertpapiere, die Rechte der Einleger (Anteilinhaber) gegen eine Kapitalanlagegesellschaft oder einen sonstigen Fonds verbriefen (Anteilscheine), sind mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 11 BewG regelt die Bewertung von Wertpapieren und Anteilen. Im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2009[1] ergaben sich gerade in diesem Bereich erhebliche Änderungen, die entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts[2] stets – also auch dann, wenn tatsächliche Verkaufsvorgänge nicht feststellbar sind – darauf abzielen, den Verkehrswert als Basis der Bemessungsgrundlage der Erbschaft- und Schenkungsteuer heranzuziehen. Dies gilt nicht nur für Wertpapiere und Anteile an Kapitalgesellschaften, sondern über § 109 BewG auch für die Bewertung des Betriebsvermögens bzw. von Mitunternehmeranteilen.

Die Zuständigkeit für die (gesonderte) Feststellung des Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.v. § 11 Abs. 2 BewG ist in § 151 Abs. 1 Nr. 5 BewG speziell geregelt.[3] Sie liegt grundsätzlich beim jeweiligen Betriebsstättenfinanzamt. Dieses wird allerdings nur auf Aufforderung durch das für die Festsetzung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zuständige (Veranlagungs-)Finanzamt tätig.[4] Dieses ist auch dafür zuständig, zu entscheiden, ob die gesonderte Feststellung für die Erbschaftsteuer von Bedeutung ist. Ein Verzicht auf die Durchführung der gesonderten Feststellung kommt – im Einvernehmen mit den Beteiligten[5] – vor allem dann in Betracht, wenn es sich um einen Fall von untergeordneter (wirtschaftlicher) Bedeutung handelt und unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden werden soll.[6]

 

Rz. 2

Das Gesetz sieht in § 11 BewG sieben Bewertungsverfahren vor, die teilweise untereinander in einem bestimmten Rangverhältnis stehen, teilweise jedoch auch – nach der Wahl des Steuerpflichtigen – alternativ angewendet werden können.

 

Rz. 3

§ 11 BewG regelt die Feststellung des gemeinen Werts (§ 9 BewG) für bestimmte Fälle bzw. Vermögensgegenstände. Der gemeine Wert ist aber nicht nur für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer relevant, vielmehr ist er auch für andere Steuerarten, insbesondere im Bereich der Ertragsteuern (z.B. § 16 Abs. 3 S. 3, 4, 7 und 8, § 17 Abs. 2 S. 2 sowie Abs. 4 und 5, § 6 AStG etc.)[7] von Bedeutung. Insoweit geht die Finanzverwaltung mittlerweile davon aus, dass sowohl § 11 BewG als auch die hierzu ergangenen Verwaltungsanweisungen auch für die Wertermittlungen maßgeblich sind.[8]

 

Rz. 4

Ausgangspunkt ist gem. § 11 Abs. 1 BewG der Börsenkurs am Bewertungsstichtag (bzw. hilfsweise innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag). Bewertungsstichtag ist gemäß § 11 ErbStG der Zeitpunkt der Steuerentstehung. Soweit ein Börsenkurs festgestellt werden kann, kommt die Anwendung anderer Bewertungsverfahren nicht in Betracht.

In zweiter Linie wird der Verkehrswert aus Verkäufen unter fremden Dritten innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten vor dem Bewertungsstichtag abgeleitet (§ 11 Abs. 2 S. 2 1. Fall BewG).

Nur subsidiär, also wenn weder ein Börsenkurs noch zeitnahe Verkäufe feststellbar sind, ist der Wert zu schätzen, und zwar gem. § 11 Abs. 2 S. 2 2. Fall BewG grundsätzlich unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft. Das vereinfachte Ertragswertver...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge