Rz. 35

Der Testamentsvollstrecker ist lediglich Vermögensverwalter i.S.v. § 34 Abs. 3 AO.[73] Er ist nicht Steuerschuldner, da er kein Vermögensinhaber ist. Der Testamentsvollstrecker ist nur so weit Steuerpflichtiger, wie Steuergesetze ihn ausdrücklich verpflichten. Die steuerrechtliche Verantwortung des Testamentsvollstreckers ist mit seiner zivilrechtlichen Aufgabenstellung verknüpft. Seine Verpflichtung geht nur so weit, wie auch sein Verwaltungsrecht als Testamentsvollstrecker reicht. Ferner ist er nur so weit berechtigt, steuerliche Rechte wahrzunehmen, wie ihn die Steuergesetze ausdrücklich ermächtigen. Die Ausübung der vom Erblasser zustehenden Wahlrechte obliegt dem Testamentsvollstrecker.

 

Rz. 36

Gem. § 31 Abs. 5 ErbStG hat er die Erbschaftsteuererklärung abzugeben, wobei dies lediglich für den Erwerb von Todes wegen von Seiten des Erben gilt. Ein Testamentsvollstrecker ist nach § 31 Abs. 5 S. 1 ErbStG zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung für einen Erwerber nur verpflichtet, wenn sich die Testamentsvollstreckung auf den Gegenstand des Erwerbs bezieht und das Finanzamt die Abgabe der Erklärung vom Testamentsvollstrecker verlangt.[74] Das Finanzamt kann verlangen, dass die Steuererklärung auch von einem oder mehreren Erben mit unterschrieben wird (§ 31 Abs. 5 S. 2 ErbStG). Für andere Personen, wie Vermächtnisnehmer, ist er nur dann verpflichtet, wenn eine Vermächtnisvollstreckung nach § 2223 BGB angeordnet ist. Eine Erklärungspflicht für den pflichtteilsberechtigten Nichterben besteht somit für den Testamentsvollstrecker nicht. Er ist nicht ohne Vollmacht der Erben befugt, gegen einen Erbschaftsteuerbescheid Rechtsbehelfe einzulegen. Ein durch den Testamentsvollstrecker ohne Vollmacht eingelegter Rechtsbehelf ist unzulässig. Steuerbescheide sind an den Erben als Steuerschuldner zu richten und grundsätzlich diesem bekannt zu geben. Nur wenn dem Testamentsvollstrecker vom Erben Empfangsvollmacht erteilt wurde, ist der Bescheid dem Testamentsvollstrecker bekannt bekannt zu geben. Die Erblasserschulden hat der Testamentsvollstrecker aus den Nachlassmitteln zu tilgen.

 

Rz. 37

Ebenso ist er nicht berechtigt, einen entsprechenden Teil des Nachlasses an die Erben auszukehren, bevor die Bezahlung der Erbschaftsteuer nicht sichergestellt ist. Dem Testamentsvollstrecker steht kein Anspruch gegen einen Vermächtnisnehmer auf Freistellung des Nachlasses von der Erbschaftsteuer zu, solange eine eventuelle Verpflichtung des Nachlasses gegenüber dem Finanzamt nicht fällig ist, weil eine Steuerfestsetzung gegen den Nachlass nicht erfolgt ist.[75] Der Testamentsvollstrecker hat im Steuerrecht eine Doppelrolle. Zum einen ist er wegen § 31 Abs. 5 ErbStG zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung für den Erben verpflichtet. Andererseits hat er aufgrund seiner Vergütung nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit.

 

Rz. 38

Für die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung hat er nach § 31 Abs. 1 ErbStG mindestens einen Monat Zeit. Aus praktischen Erwägungen sollte gleich ein Stundungsantrag gestellt werden. Soweit der Testamentsvollstrecker nicht selbst über die notwendigen steuerrechtlichen Kenntnisse verfügt, ist er sogar verpflichtet und nicht nur berechtigt, auf Kosten des Nachlasses seinerseits steuerlichen Rat einzuholen. Bevor Steuererklärungen vom Testamentsvollstrecker gefertigt werden, sollte nach einer Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. des Nachlassbestandes gegenüber dem Finanzamt geklärt werden, ob die Abgabeverpflichtung nicht entfallen kann. Bei der Nachfrage sollte das Nachlassverzeichnis beigefügt und das Finanzamt vorsorglich aufgefordert werden, Mitteilungen zu machen, wenn sich Abweichungen aufgrund der dem Finanzamt vorliegenden Anzeigen Dritter (z.B. Banken) zum Verzeichnis ergeben. Der Testamentsvollstrecker hat seinerseits einen Auskunftsanspruch gegenüber den Erben wegen der Vorschenkung. Dabei muss der Testamentsvollstrecker die Erben auch auf steuerliche Folgen hinweisen (Spekulationssteuer). Er ist gegenüber dem Finanzamt nicht zur Geheimhaltung verpflichtet. Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung haftet gem. § 69 AO der Testamentsvollstrecker wegen der Steuerausfälle. Gleiches gilt für §§ 370, 378 AO bei Steuerverkürzung. Der Testamentsvollstrecker haftet auch für die Erbschaftsteuerschulden. Erkennt der Testamentsvollstrecker vor Ablauf der Festsetzungsfrist, dass Steuern verkürzt wurden, ist er zur Richtigstellung an das Finanzamt verpflichtet. Der Testamentsvollstrecker muss positive Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit einer vom Erblasser abgegebenen Steuererklärung haben. Das Erkennenmüssen oder Erkennenkönnen setzt die Anzeigepflicht nicht in Gang. Der Testamentsvollstrecker ist nicht verpflichtet, die Steuererklärung des Erblassers auf die Richtigkeit zu überprüfen. Ebenso muss er nicht nach Unrichtigkeiten suchen. Noch nicht beglichene Steuerschulden stellen Nachlassverbindlichkeiten dar, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ...

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