Rz. 4

Nach Abs. 2 ist auch der befreite Vorerbe zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er (1) unentgeltlich verfügt oder (2) die Erbschaft in Benachteiligungsabsicht vermindert hat. Unentgeltliche Verfügungen (§ 2113 Abs. 2 BGB) sind auch dem befreiten Vorerben untersagt. Die Schadensersatzhaftung wegen unentgeltlicher Verfügung setzt Verschulden voraus, eine Benachteiligungsabsicht ist jedoch nicht erforderlich, wie sich bereits aus der Alternativformulierung des Gesetzes ergibt,[9] das diese Absicht lediglich zur Voraussetzung für die Haftung wegen Nachlassverminderung gem. Abs. 2 Alt. 2 erklärt. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht schon dann gegeben, wenn der Vorerbe eine Schädigung lediglich für möglich hält und sie billigend in Kauf nimmt;[10] vielmehr muss der Vorerbe den schädigenden Erfolg seines Handelns erkennen und diesen gerade herbeiführen wollen.[11] Die Höhe des Schadensersatzanspruchs bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem der Vorerbe den Gegenstand hätte herausgeben müssen,[12] nicht nach dem Zeitpunkt der unentgeltlichen Verfügung bzw. der Verminderung der Erbschaft.[13]

 

Rz. 5

Der Schadensersatzanspruch entsteht erst im Zeitpunkt des Nacherbfalls. Zuvor kann der Nacherbe daher keine Leistungsklage erheben, wohl aber die Schadensersatzverpflichtung des Vorerben mittels Feststellungsklage klären lassen.[14] Die Schadensersatzverpflichtung besteht neben etwaigen Ansprüchen des Nacherben gegen den Dritterwerber eines Nachlassgegenstandes. In dem Umfang, in dem der Nacherbe Ansprüche gegen den Dritterwerber realisiert, entfällt sein Ersatzanspruch gegen den Vorerben.

 

Rz. 6

Nach h.M. kann der Erblasser den Vorerben von der Ersatzpflicht für unentgeltliche Verfügungen im Ergebnis dadurch befreien, dass er den Nacherben durch Vermächtnis verpflichtet, die Verfügungen des Vorerben zu genehmigen.[15]

[9] Staudinger/Avenarius, § 2138 Rn 9; Soergel/Harder/Wegmann, § 2138 Rn 3; MüKo/Grunsky, § 2138 Rn 5; unrichtig BGHZ 26, 378, 383.
[10] Insoweit unklar Staudinger/Avenarius, § 2138 Rn 14.
[11] Dazu näher Muscheler, ZEV 2012, 389.
[12] Staudinger/Avenarius, § 2138 Rn 11.
[13] Soergel/Harder/Wegmann, § 2138 Rn 4; MüKo/Grunsky, § 2138 Rn 5.
[14] RGZ 139, 343, 347; BGH NJW 1977, 1631, 1632.
[15] Kipp/Coing, § 51 III 1b; Staudinger/Avenarius, § 2138 Rn 13; näher Palandt/Weidlich, § 2138 Rn 3 mit § 2136 Rn 4 und 1.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge