Rz. 3

Der Erbe haftet allen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkbar in den Fällen

des § 1994 Abs. 1 S. 2 BGB (Ablauf der Inventarfrist) und
des § 2005 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB (Inventaruntreue, Verweigerung oder Verzögerung der Auskunftspflicht).

Für diese Fälle ordnet Abs. 1 S. 1 an: den Ausschluss der §§ 1973 und 1974 BGB (Regelung der Folgen des Ausschlusses von Nachlassgläubigern im Aufgebotsverfahren bzw. im Falle fünfjähriger Säumnis, eingeschränkt durch Abs. 1 S. 2); den Ausschluss des § 1975 BGB (Nachlassverwaltung und -insolvenzverfahren); den Ausschluss des § 1977 BGB (Wirkung auf eine Aufrechnung); den Ausschluss der §§ 19781980 BGB (Aufwendungsersatz des Erben, Verantwortlichkeit des Erben für die Verwaltung des Nachlasses bis zur Anordnung der Nachlassverwaltung und der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens); den Ausschluss des § 1989 BGB (Erschöpfungseinrede des Erben, Haftungserleichterung); den Ausschluss der §§ 19901992 BGB (haftungsbeschränkende Einreden des Erben). Die Aufzählung in Abs. 1 ist nicht vollständig. Nicht erwähnt sind die folgenden Folgen der unbeschränkbaren Haftung des Erben: das Recht, das Aufgebot der Nachlassgläubiger zu beantragen (es sei denn, der Erbe haftet nur einzelnen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkbar, vgl. § 991 Abs. 1 ZPO); das Recht, im Fall des § 175 ZVG die Zwangsversteigerung des Nachlassgrundstücks zu beantragen (§ 175 Abs. 2 ZVG), es sei denn, der Erbe haftet nur einzelnen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkbar;[4] der Ausschluss der Einreden der §§ 2014, 2015 BGB, die durch § 2016 Abs. 1 BGB ausgeschlossen sind (vgl. § 2016 Rdn 2 und 3) sowie die Möglichkeit des Erben, nach § 270 InsO die Eigenverwaltung im Nachlassinsolvenzverfahren zu erwirken;[5] trotz angeordneter Nachlassverwaltung oder eröffnetem Nachlassinsolvenzverfahren kann der Erbe die Zwangsvollstreckung in sein sonstiges Vermögen (Eigenvermögen) nicht verhindern (§ 784 Abs. 1 ZPO).[6]

[4] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 11.
[5] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 11.
[6] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 5; BeckOK BGB/Lohmann, § 2013 Rn 4.

1. Ausschluss der §§ 1973 und 1974 BGB

 

Rz. 4

Ein unbeschränkbar haftender Erbe ist gem. § 455 Abs. 1 FamFG nicht mehr berechtigt, das Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung von Nachlassgläubigern zu beantragen. Er verliert die Ausschließungseinrede des § 1973 BGB und die Verschweigungseinrede des § 1974 BGB. Der Ausschluss gilt nach Abs. 1 S. 2 nur, wenn das Ausschlussurteil nach dem Eintritt der unbeschränkbaren Haftung ergangen oder die fünfjährige Frist erst danach abgelaufen ist. Eine bereits vorher eingetretene Beschränkung der Haftung des Erben wird durch eine spätere Inventarverfehlung nicht mehr berührt.[7] Diese Regelung geht davon aus, dass der Erbe mit dem Ausschlussurteil bzw. dem Ablauf der Frist des § 1974 BGB ein festes Recht erworben hat, das durch Inventarverfehlungen nicht verloren gehen kann. Nur diejenige des § 2006 Abs. 3 BGB soll diese Folge nicht haben, weil diese Vorschrift in Abs. 1 S. 2 nicht erwähnt ist.[8]

[7] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 2.
[8] MüKo/Küpper, § 2013 Rn 3.

2. Ausschluss des § 1975 BGB

 

Rz. 5

Der Ausschluss besagt nicht, dass die Nachlassverwaltung nicht mehr angeordnet und das Nachlassinsolvenzverfahren nicht mehr eröffnet werden kann. Beide Verfahren können aber bei unbeschränkbarer Haftung des Erben nicht mehr zu einer Haftungsbeschränkung führen. Die Verfahren entfalten, falls sie stattfinden, ihre Trennungswirkung zugunsten der Nachlassgläubiger. Der unbeschränkbar haftende Erbe kann die Nachlassverwaltung nicht mehr beantragen (Abs. 1 S. 1 Hs. 2). Allerdings behält er das Recht, die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen. Der Erbe haftet also auch bei Anordnung der Nachlassverwaltung und der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mit seinem Eigenvermögen, auf das die Nachlassgläubiger zugreifen können. Wird neben dem Nachlassinsolvenzverfahren auch ein Insolvenzverfahren über das Eigenvermögen des Erben eröffnet, können die Nachlassgläubiger ihre Forderungen auch in diesem Verfahren geltend machen und werden dann wie absonderungsberechtigte Gläubiger behandelt (§ 331 Abs. 1 InsO).[9]

[9] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 5.

3. Ausschluss des § 1977 BGB

 

Rz. 6

Die Aufrechnung eines Nachlassgläubigers gegen eine dem Erben persönlich zustehende Forderung hat entgegen § 1977 Abs. 1 BGB Bestand, weil die Nachlassgläubiger einen unbeschränkten Zugriff auf das Eigenvermögen des Erben haben. Der Ausschluss ist nach h.M. auf die Vorschrift des § 1977 Abs. 1 BGB beschränkt.[10]

[10] Staudinger/Dobler, § 2013 Rn 6.

4. Ausschluss der §§ 1978 bis 1980 BGB

 

Rz. 7

Durch den Ausschluss dieser Normen wird einerseits die Verantwortlichkeit des unbeschränkbar haftenden Erben für die bis zur Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens erforderliche Verwaltung des Nachlasses und für die Unterlassung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verneint. Das ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass den Nachlassgläubigern, die ohnehin jetzt auch auf das Eigenvermögen des Erben zugreifen können, die Zuerkennung vo...

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