I. Keine Anwendbarkeit des § 1989 BGB

 

Rz. 2

Die Bestimmung gilt im Übrigen nur dann, wenn das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung der Masse (§ 196 InsO) oder durch einen Insolvenzplan (§ 217 InsO) beendet wurde. Gemeint ist damit die Beendigung durch denjenigen Aufhebungsbeschluss des Insolvenzgerichts, der gem. § 200 InsO auf die Schlussverteilung oder gem. § 258 InsO auf die Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans hin erfolgt. Wird das Nachlassinsolvenzverfahren auf eine andere Weise beendet, ist § 1989 BGB nicht anwendbar. Das gilt in den Fällen, in denen:

der Eröffnungsbeschluss auf eine sofortige Beschwerde hin wieder aufgehoben wird (§§ 6, 34 Abs. 3 InsO). Denn dann entfallen rückwirkend sämtliche mit der Eröffnung verbundenen Rechtswirkungen. Die Eröffnung gilt als nicht erfolgt. Der Erbe haftet wieder nach den allg. Grundsätzen;[4]
das Nachlassinsolvenzverfahren gem. § 207 InsO mangels Masse eingestellt worden ist. In diesen Fällen kann sich der Erbe auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen (§§ 1990, 1991 BGB). § 1973 BGB gilt dann nur gegenüber ausgeschlossenen und diesen gleichstehenden (§ 1974 BGB) Gläubigern;[5]
das Nachlassinsolvenzverfahren nach den §§ 213 ff. InsO mit Zustimmung aller Gläubiger eingestellt wurde. In einem solchen Fall findet § 1990 BGB nur dann Anwendung, wenn der Nachlass dürftig ist oder ein Fall des § 1992 BGB vorliegt.[6] Gegenüber denjenigen Gläubigern, die an dem Verzicht teilgenommen haben, können sich Haftungsbeschränkungen aus Vereinbarungen ergeben, auf denen der Verzicht beruht. Sie treten an die Stelle der sonstigen Regelungen;[7]
ein Gläubiger nach § 1971 BGB von einem Aufgebot nicht betroffen würde.[8]
[4] Staudinger/Dobler, § 1989 Rn 2.
[5] BeckOK BGB/Lohmann, § 1989 Rn 2.
[6] Staudinger/Dobler, § 1989 Rn 4.
[7] BeckOK BGB/Lohmann, § 1989 Rn 2.
[8] Staudinger/Dobler, § 1989 Rn 5.

II. Beendigung durch Verteilung der Masse und Rechtsfolgen

 

Rz. 3

Das Nachlassinsolvenzverfahren ist dann beendet, wenn es nach der Schlussverteilung (§§ 196 ff. InsO) durch einen förmlichen Beschluss des Insolvenzgerichts aufgehoben wird (§ 200 Abs. 1 S. 1 InsO). Der Beschluss und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekannt zu machen (§ 200 Abs. 2 S. 1 InsO). Die §§ 3133 InsO gelten entsprechend (§ 200 Abs. 2 S. 2 InsO). Erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens endet der dem Erben bereits durch § 1975 BGB und § 784 Abs. 1 ZPO gewährte Schutz des Eigenvermögens. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kann der Erbe die Befriedigung der noch nicht (voll) befriedigten Nachlassgläubiger oder derjenigen, die sich am Nachlassinsolvenzverfahren nicht beteiligt haben, verweigern, soweit der Nachlass durch das Nachlassinsolvenzverfahren erschöpft wird. Der Erbe braucht die Nachlassgläubiger deshalb weder aus seinem Eigenvermögen noch aus solchen Nachlassgegenständen zu befriedigen, derentwegen eine Nachtragsverteilung gem. § 203 InsO stattfinden muss.

 

Rz. 4

Sind alle bei der Schlussverteilung zu berücksichtigenden Gläubiger voll befriedigt worden, kommt eine Haftung des Erben ohnehin nur gegenüber solchen Nachlassgläubigern in Betracht, deren Forderungen von der Schlussverteilung nicht betroffen und in das Schlussverzeichnis nicht einzusetzen waren. Das sind meist die Nachlassgläubiger, die ihre Forderungen im Nachlassinsolvenzverfahren nicht angemeldet oder ihre Anmeldung zurückgenommen haben. Auch diese Nachlassgläubiger kann der Erbe entsprechend § 1973 BGB auf den ihm vom Nachlassinsolvenzverwalter überlassenen Nachlassrest verweisen.[9]

 

Rz. 5

I.d.R. wird es nach der Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens allerdings kein zum Nachlass gehörendes Vermögen mehr geben, so dass die Haftung des Erben praktisch entfällt. Darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass dies der Fall ist, ist der Erbe.[10] Vollstreckt ein Gläubiger aus einem Auszug aus der Tabelle (§ 201 Abs. 2 InsO) in das Eigenvermögen des Erben, kann dieser nach §§ 767, 781, 785 ZPO Vollstreckungsgegenklage erheben; eines Vorbehaltes nach § 780 ZPO bedarf es dazu nicht.[11]

[9] Staudinger/Dobler, § 1989 Rn 10.
[10] BeckOK BGB/Lohmann, § 1989 Rn 3.
[11] Palandt/Weidlich, § 1989 Rn 1.

III. Beendigung durch einen Insolvenzplan und Rechtsfolgen

 

Rz. 6

Ebenso wie das Nachlassinsolvenzverfahren nicht durch Verteilung endet, endet es auch nicht durch den Insolvenzplan. Ebenso wie nach der Verteilung ist auch hier ein Aufhebungsbeschluss notwendig (§ 258 Abs. 1 InsO). Sobald die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung. Der Beschluss und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekannt zu machen. Der Schuldner, der Insolvenzverwalter und die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind vorab über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufhebung (§ 9 Abs. 1 S. 3 InsO) zu unterrichten. § 200 Abs. 2 S. 2 InsO gilt entsprechend.

 

Rz. 7

Nach der Aufhebung des Nachlassinsolvenzverfahrens kann sich der Erbe gegenüber denjenigen Nachlassgläubigern, für und gegen die der Insolvenzplan Wirkung entfaltet, nicht stets und auch nicht ohne Weiteres auf § 1989 BGB berufen, denn die Ansprüche der Nachlassgläubiger gegen den Erben werden ...

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