I. Verantwortlichkeit des Erben

 

Rz. 2

Der Erbe wird mit der Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens so behandelt, als wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung des Nachlasses für die Nachlassgläubiger als Beauftragter zu führen gehabt hätte (Abs. 1 S. 1). Der rechtskräftige Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist vom Prozessgericht grundsätzlich auch dann als gültig hinzunehmen, wenn er verfahrensfehlerhaft ergangen ist; denn als in dem dafür vorgesehenen Verfahren ergangener hoheitlicher Akt beansprucht er Geltung gegenüber jedermann, sofern der Entscheidung nicht ausnahmsweise ein Fehler anhaftet, der zur Nichtigkeit führt.[3] Es handelt sich dabei um eine persönliche Haftung des Erben, für die er mit seinem persönlichen – dem Eigenvermögen – und nicht etwa mit dem Nachlass einzustehen hat. Von der Haftung nach § 1978 BGB ist zu unterscheiden die Verpflichtung des Erben, den Gläubigern einer Nachlassverbindlichkeit wegen deren Verletzung u.U. Schadensersatz leisten zu müssen.[4] Für Handlungen und rechtsgeschäftliche Verfügungen, die der Erbe vor dem Erbfall vorgenommen hat, haftet er nicht nach § 1978 BGB.[5] Die Haftung nach § 1978 BGB wird durch § 1979 BGB gemildert und durch § 1980 BGB verschärft.

[3] BGH ErbR 2014, 229 = NJW 2014, 391 = MDR 2014, 114.
[4] MüKo/Küpper, § 1978 Rn 2.
[5] Staudinger/Dobler, § 1978 Rn 6.

II. Verantwortlichkeit bis zur Annahme der Erbschaft

 

Rz. 3

Abs. 1 differenziert zwischen der Verantwortlichkeit des Erben bis zur Annahme (Abs. 1 S. 2) und nach Annahme der Erbschaft (Abs. 1 S. 1). Für die Zeit bis zur Annahme der Erbschaft (§ 1943 BGB) gelten die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend (Abs. 1 S. 2), jedoch nur dann, wenn der Erbe die Erbschaft – später – letztendlich tatsächlich angenommen hat. Die entsprechende Anwendung[6] der §§ 677 ff. BGB bedeutet, dass der Erbe das objektive Interesse der Gesamtheit der Nachlassgläubiger zu wahren hat. Auf den wirklichen oder den mutmaßlichen Willen einzelner Gläubiger kommt es nicht an.[7] Obwohl der Erbe vor Annahme der Erbschaft zur Fürsorge für den Nachlass grundsätzlich nur berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, hat er Vollstreckungsmaßnahmen eines Eigengläubigers in den Nachlass abzuwehren (vgl. §§ 782, 783 ZPO). Lässt er Vollstreckungsmaßnahmen zu, haftet er mindestens in Höhe der durch die Befreiung von der Verbindlichkeit entstandenen Bereicherung,[8] wenn nicht sogar eine Schadensersatzpflicht nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag besteht.[9] Der Erbe ist gem. §§ 259, 666, 681 BGB zur Rechenschaft verpflichtet. Der Erbe, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, haftet den Nachlassgläubigern nicht nach § 1978 BGB, sondern (nur) dem endgültigen Erben nach § 1959 BGB.[10]

[6] Vgl. OLG Celle MDR 1970, 1012.
[7] MüKo/Küpper, § 1978 Rn 3.
[8] Staudinger/Dobler, § 1978 Rn 7.
[9] MüKo/Küpper, § 1978 Rn 3; Erman/Horn, § 1978 Rn 2.
[10] OLG Celle MDR 1970, 1012; BeckOK BGB/Lohmann, § 1978 Rn 3.

III. Verantwortlichkeit ab Annahme der Erbschaft

 

Rz. 4

Vom Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft an ist der Erbe zur Verwaltung des Nachlasses verpflichtet.[11] Von diesem Zeitpunkt an wird der Erbe so behandelt, als habe er den Nachlass im Auftrag der Nachlassgläubiger verwaltet. Verwaltung bedeutet hierbei die gesamte tatsächliche und rechtliche Verfügung über den Nachlass, die ihrem Zweck nach zu dessen Erhaltung dienen soll. Dabei ist es aber nicht ausgeschlossen, dass der Erbe (einzelne) Nachlassgläubiger befriedigt und/oder Gegenstände des Nachlasses veräußert.[12]

 

Rz. 5

Die Vorschriften über den Auftrag (§§ 662 ff. BGB) gelten entsprechend, soweit sie nicht (wie etwa § 664 Abs. 1 S. 1 BGB und § 669 BGB) mit der rechtsgeschäftlichen Übernahme der Geschäftsbesorgung wesentlich zusammenhängen.[13] Anwendbar sind insbesondere die §§ 664 Abs. 1 S. 2 und 3, 666, 667 und 668 BGB. Der Erbe hat den Nachlassgläubigern Auskunft über den Stand des Nachlasses zu erteilen und Rechenschaft abzulegen,[14] Belege zu erteilen, ein Nachlassverzeichnis vorzulegen und eventuell die eidesstattliche Versicherung abzugeben (§§ 259, 260, 666 BGB). Zu persönlichen Zwecken entnommene Nachlassgelder muss der beschränkt haftende Erbe nach § 667 BGB ohne Rücksicht auf Verschulden ersetzen und herausgeben.[15]

 

Rz. 6

Er hat den Nachlass und alles, was er aus dessen Verwaltung erlangt hat, an den Nachlass- oder den Nachlassinsolvenzverwalter herauszugeben. Die Herausgabepflicht bezieht sich auf die Nutzungen.[16] Für die verbrauchten Nutzungen hat er Ersatz zu leisten.[17] Auch Gegenstände, die ohne Zutun des Erben an die Stelle von Nachlassgegenständen getreten sind, gehören bereits rechtlich zum Nachlass und sind deshalb herauszugeben.[18] Schwieriger zu beurteilen ist der rechtsgeschäftliche Erwerb mit Mitteln des Nachlasses oder sonstigen Rechtshandlungen. Bei rechtsgeschäftlichem Erwerb ist eine dingliche Surrogation nicht vorgesehen und findet auch grundsätzlich nicht statt. Grundsätzlich hat der Erbe deshalb einen mit Nachlassmitteln angeschafften Gegenstand nicht nach § 1978 BGB herauszugeben, son...

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