I. Ausschluss des gesetzlichen Erbrechts

 

Rz. 2

Das gesetzliche Erbrecht des Staates gem. § 1936 BGB kann ohne Erbeinsetzung nicht ausgeschlossen werden, nur das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten/Lebenspartners oder eines Verwandten. In den Fällen, in denen der Erblasser demnach seine gesetzlichen Erben pauschal von der Erbfolge ausschließt, ohne eine oder mehrere Personen zu Erben zu berufen, ist der Fiskus zum gesetzlichen Erben berufen.[5] Eine Auslegung ist diesbzgl. nicht erforderlich.[6] Nach a.A.[7] ist ein Testament, das den Ausschluss der gesetzlichen Erben enthält, nur für den Fall wirksam, dass die Auslegung ergibt, dass das Staatserbrecht hierdurch nicht betroffen ist. Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Eine Auslegung ist gerade nicht erforderlich. Dies ergibt sich bereits aus der Vorschrift des § 1936 BGB. Für den Fall, dass weder ein Verwandter, ein Lebenspartner noch ein Ehegatte vorhanden ist, ist der Staat zum Erben berufen. Auf den Willen des Erblassers bzw. eine sich hierauf stützende Auslegung kommt es nicht an.

 

Rz. 3

Hat der Erblasser letztwillig dahingehend verfügt, dass jegliche Forderungen von Verwandten, mit denen seit Jahrzehnten keinerlei Kontakt mehr besteht, ausgeschlossen sind, kann die Auslegung ergeben, dass hierin eine Enterbung zu sehen ist.[8]

Die Enterbung muss nicht begründet werden.[9] Eine Enterbung muss zwar nicht ausdrücklich erklärt werden, allerdings ist bei einem stillschweigenden Ausschluss Zurückhaltung geboten. Aus dem Testament muss sich zweifelsfrei ergeben, dass ein Ausschließungswille des Erblassers vorliegt.[10]

 

Rz. 4

Ergeben sich aus den landesrechtlichen Vorschriften Erbrechte, ist die Frage, ob diese überhaupt bzw. durch negatives Testament ausgeschlossen werden können, nach Landesrecht zu beurteilen.[11]

 

Rz. 5

Werden Personen von der Erbfolge ausgeschlossen, deren Rechte gegenüber dem beim Tod des Erblassers lebenden Erben im Rang nachgehen, kann dies dann Bedeutung haben, wenn der im Rang vorgehende Berechtigte ausschlägt. Mit der Ausschlagung fällt dieser mit Wirkung auf den Erbfall weg.

[5] OLG Düsseldorf FGPrax 2015, 30 (hier mit Zweckauflage zugunsten wohltätiger Organisationen).
[6] MüKo/Leipold, § 1938 Rn 2.
[7] Soergel/Stein, § 1938 Rn 1.
[9] BGH NJW 1965, 584.
[10] BayObLGZ 1965, 166, 174; BayObLG FamRZ 1992, 986; OLG Hamm ZEV 2012, 314; OLG München NJW-RR 2013, 329.
[11] MüKo/Leipold, § 1938 Rn 2.

II. Umfang

 

Rz. 6

Das Erbrecht kann in vollem Umfang, aber auch nur zu einem Bruchteil ausgeschlossen werden. Erstrecken kann sich die Enterbung auf alle gesetzlichen Erben, auf alle Verwandten[12] oder auch nur auf einzelne Personen. Erfolgte eine Zuwendung in Höhe eines Erbteils, der unter dem gesetzlichen Erbteil liegt, kann hinsichtlich der Differenz eine Ausschließung von der gesetzlichen Erbfolge liegen.[13] Es ist entweder eine ausdrückliche Erklärung im Testament erforderlich oder die Enterbung kann durch Auslegung ermittelt werden.[14] I.d.R. ist eine Entziehung des Pflichtteils auch als Enterbung auszulegen.[15] Auch dann, wenn der Erblasser einem Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil entzogen hat, diese Pflichtteilsentziehung jedoch gem. § 2333 BGB unwirksam ist, wird die Auslegung regelmäßig dazu führen, dass eine Enterbung des Pflichtteilsberechtigten gewollt ist, wenn dieser nicht einmal den Pflichtteil erhalten sollte.[16] Wird einem Pflichtteilsberechtigten lediglich der Pflichtteil zugewandt, ist hierin regelmäßig der Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge zu sehen (vgl. § 2304 BGB). Wird einem gesetzlichen Erben lediglich ein Vermächtnis zugewandt, ist es eine Frage der Auslegung, ob hierin gleichzeitig von einer Enterbung auszugehen ist. Generell ist Vorsicht geboten, von einer stillschweigenden Ausschließung auszugehen.[17] Es kann nämlich der Wille des Erblassers sein, dass die bedachte Person die Zuwendung neben ihrem Erbteil erhält. Auch besteht die Möglichkeit, dass sich der Zuwendungsempfänger die Zuwendung auf seinen gesetzlichen Erbteil anrechnen lassen muss. Dieses Problem stellt sich jedoch nur dann, wenn der Erblasser nicht bzgl. seines gesamten Nachlasses eine Regelung getroffen hat, sondern die berufenen Personen nur bzgl. eines Bruchteils eingesetzt worden sind. Erfolgte eine Erbeinsetzung bzgl. des gesamten Nachlasses, ist hieraus schon der Verlust des gesetzlichen Erbrechts zu entnehmen.[18] Ist der Nachlass aufgrund angeordneter Vermächtnisse und Auflagen erschöpft, liegt hierin nicht automatisch ein Ausschluss der gesetzlichen Erben, da die Vermächtnisse auch ausgeschlagen werden können.[19] Ein Grund, weshalb der Erblasser eine Enterbung vornimmt, ist nicht erforderlich.[20] Im Hinblick auf eine Irrtumsanfechtung gem. § 2078 BGB kann die Angabe eines Grundes im Testament Bedeutung haben. Eine derartige Begründung kann Indiz dafür sein, dass der Grund Ursache der Ausschlussanordnung war. Die Enterbung mit Bedingungen zu verknüpfen, ist zulässig.

Für den Fall, dass ein gemeinschaftliches Testament lediglich Anordnungen für den Fa...

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