Verfahrensgang

Hessischer VGH (Aktenzeichen 9 UE 1066/97)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers vom 24. August 2001, den Vorsitzenden Richter Dr. Gaentzsch für befangen zu erklären, wird verworfen.

Die Anträge des Klägers vom 24. August 2001, die Richter Prof. Dr. Dr. Berkemann und Dr. Jannasch für befangen zu erklären, werden abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich mit einem Antrag auf Wiederaufnahme des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens sowie hilfsweise mit Gegenvorstellungen gegen den Beschluss des Senats vom 4. Juli 2001, durch den seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. April 2001 zurückgewiesen worden ist. Für das Wiederaufnahmeverfahren und für die Behandlung der Gegenvorstellungen lehnt er die drei Richter, die den Beschluss vom 4. Juli 2001 gefasst haben, wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag, den Vorsitzenden Richter Dr. Gaentzsch für befangen zu erklären, ist als unzulässig zu verwerfen. Für diesen Antrag fehlt bereits das Rechtsschutzinteresse, weil Dr. Gaentzsch inzwischen in den Ruhestand getreten ist und deshalb in dem Verfahren des Klägers nicht mehr tätig werden kann. Dem Kläger ist mit Verfügung vom 4. September 2001 mitgeteilt worden, dass Dr. Gaentzsch in den Ruhestand getreten ist; von der Möglichkeit, den Befangenheitsantrag zurückzunehmen, hat er keinen Gebrauch gemacht.

Auch die Anträge, die Richter Prof. Dr. Dr. Berkemann und Dr. Jannasch für befangen zu erklären, müssen erfolglos bleiben. Nach § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Ob ein solcher Grund vorliegt, ist aus der objektivierten Sicht eines Beteiligten am Verfahren zu beurteilen. Entscheidend ist danach, ob ein Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Bei der Ablehnung eines Spruchkörpers kann die Befangenheit aus konkreten, in einer Kollegialentscheidung enthaltenen Anhaltspunkten hergeleitet werden, sofern diese aus der Sicht eines verständig urteilenden Beteiligten eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (BVerwG, Beschluss vom 3. April 1997 – 6 AV 1.97 – Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 55, m.w.N.). Bei Anwendung dieses Maßstabs sind keinerlei Umstände erkennbar, die hier die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten.

Nach dem Vortrag des Klägers soll sich die Besorgnis der Befangenheit daraus ergeben, dass der Beschluss vom 4. Juli 2001 das Recht auf Gehör und auf effektiven Rechtsschutz verletze und ihm gegenüber eine objektive Willkürentscheidung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darstelle. Es könne nicht erwartet werden, dass ein Richter unvoreingenommen entscheiden werde, dem zugemutet werde, sich selbst zu bescheinigen, dass er das rechtliche Gehör verweigert und eine Willkürentscheidung getroffen habe. In der Sache wird in erster Linie gerügt, der Senat habe in seiner Beschwerdeentscheidung angenommen, das Berufungsgericht sei der Auffassung, dass das Grundstück des Klägers auf Grund der Baugenehmigungen vom 6. Juli 1977 und vom 9. September 1977 von der Stettiner Straße (überhaupt) nicht erschlossen werde. Das Berufungsgericht habe aber in Wirklichkeit ausgeführt, das Grundstück sei nicht ausschließlich, aber doch auch von dieser Straße her erschlossen. In welcher Weise das Berufungsurteil zu verstehen ist, braucht im Rahmen der Entscheidung über die Befangenheitsanträge nicht geklärt zu werden. Selbst wenn die Auslegung des Klägers zutreffend wäre, würde daraus allenfalls folgen, dass die Beschwerdeentscheidung möglicherweise fehlerhaft sein könnte. Irgendwelche Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit der Richter wären auch dann nicht erkennbar. Dass sich bei einer Auslegung, die – wie der Kläger geltend macht – „unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar” ist, der Schluss aufdränge, „dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht”, ist eine nicht nachvollziehbare Behauptung, für die eine substantiierte Begründung fehlt. Unter Berücksichtigung des Hinweises auf die „oben dargestellten Grundsätze zur Auslegung des Inhalts einer Baugenehmigung” (S. 17 des Berufungsurteils) erscheint eine Deutung der Gründe des Berufungsgerichts jedenfalls nicht von vornherein als ausgeschlossen, nach der – nach Auffassung des Berufungsgerichts – die beiden Baugenehmigungen nicht nur zur Frage der Erschließung über das Flurstück 570/28 zum Gravenbrucher Weg, sondern auch zur Frage der Erschließung durch die Stettiner Straße („hinsichtlich Zugang sowie wegen des Einsatzes von Feuerlösch- und Rettungsgeräten”) keine Aussagen treffen; die Formulierung, das Grundstück sei nicht „ausschließlich” über die Stettiner Straße erschlossen, könnte deshalb gewählt worden sein, weil – nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts – allein die Frage des „ausschließlichen” Erschlossenseins Gegenstand des Antrages Nr. 6 war.

Soweit der Kläger weiter rügt, der Senat habe „das Kernvorbringen des Klägers aus seiner Beschwerdeschrift offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen”, macht er ebenfalls der Sache nach nur geltend, dass die Beschwerdeentscheidung nach seiner Rechtsauffassung fehlerhaft sei. Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit der Richter werden nicht vorgetragen; sie sind auch nicht ersichtlich.

 

Unterschriften

Lemmel, Halama, Rojahn

 

Fundstellen

Dokument-Index HI653630

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