Leitsatz (amtlich)

Wäre ein bei vorübergehender Tätigkeit in der Landwirtschaft verletzter Familienangehöriger des landwirtschaftlichen Unternehmers im Falle seiner dauernden Beschäftigung in dessen Betrieb nach einem durchschnittlichen Jahresarbeitsverdienst (RVO § 780) zu entschädigen, so hat der Träger der allgemeinen Unfallversicherung, bei dem er in seiner hauptberuflichen Tätigkeit versichert ist, im Rahmen des Lastenausgleichs nach RVO § 788 die über einen nach diesem Jahresarbeitsverdienst berechneten Vergleichsbetrag hinausgehenden Leistungen zu erstatten.

 

Normenkette

RVO § 780 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30, Abs. 2 Fassung: 1963-04-30, § 788 Fassung: 1963-04-30

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. April 1970 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Der in einem Unternehmen der chemischen Industrie beschäftigte Beigeladene erlitt am 5. September 1964 beim Holzhacken in dem landwirtschaftlichen Betrieb seines Schwiegervaters einen Unfall, für dessen Folgen die Klägerin - die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (LBG) O - mit Bescheid vom 14. September 1965 eine Teilrente von 20 v. H. der Vollrente gewährte. Der Rentenberechnung legte sie einen Jahresarbeitsverdienst (JAV) von 9.549,- DM zugrunde, den sie dem von dem gewerblichen Arbeitgeber vorgelegten Lohnnachweis entnahm. Die Klägerin errechnete eine Lastenausgleichsforderung nach § 788 RVO gegen die Beklagte - Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie - in Höhe von 792,30 DM für die Zeit bis zum 31. Dezember 1965. Dieser Betrag ergibt sich aus der Differenz zwischen der tatsächlichen Rentenleistung auf der Grundlage des JAV von 9.549,- DM und der Vergleichsberechnung nach § 780 der Reichsversicherungsordnung (RVO) auf der Grundlage des durchschnittlichen JAV von 4.050,- DM für mitarbeitende Familienangehörige in einem landwirtschaftlichen Betrieb.

Die Beklagte erklärte sich zwar grundsätzlich bereit, Lastenausgleich nach § 788 RVO zu zahlen, verlangte aber die Berechnung der Rentenleistungen, die die Klägerin nach § 780 RVO selbst zu tragen hat, nach § 571 RVO, weil dieser Berechnung der tatsächliche JAV eines nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO in der Landwirtschaft dauernd Beschäftigten zugrunde zu legen sei.

Die Klägerin hat Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihr die im Zusammenhang mit dem Unfall des Beigeladenen vom 5. September 1964 gewährten Leistungen insoweit zu erstatten, als diese über die sich auf der Grundlage eines JAV von 4.050,- DM ergebende Leistungspflicht hinausgehen. Das Sozialgericht (SG) München hat die Beklagte durch Urteil vom 11. Juni 1968 antragsgemäß verurteilt. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 23. April 1970 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe die Rente des Beigeladenen zutreffend nach dessen tatsächlichem JAV als Industriearbeiter berechnet, denn er habe - unbestritten - nur ab und zu in der Landwirtschaft seines Schwiegervaters ausgeholfen, wobei diese Tätigkeit 21 Tage im Jahr nicht erreicht habe. Bei der nach § 788 RVO erforderlichen Vergleichsberechnung sei nicht ohne weiteres wegen des Wortlauts des Gesetzes ("für einen mit gleichen Arbeiten dauernd in der Landwirtschaft Beschäftigten") nur an einen solchen Beschäftigten zu denken, der nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO in einem landwirtschaftlichen Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis stehe, sondern auch an einen solchen, der als Familienangehöriger gelte und für den die LBG daher als JAV die Durchschnittssätze anzusetzen habe. Der "mit gleichen Arbeiten dauernd in der Landwirtschaft beschäftigte" Vergleichsmann sei im vorliegenden Fall der Schwiegersohn des Unternehmers und als solcher mitarbeitender Familienangehöriger i. S. des § 780 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 4 RVO. Er würde, wenn er dauernd in der Landwirtschaft beschäftigt gewesen wäre, Leistungen nach einem Durchschnitts-JAV erhalten. Es sei trotz des Wortlauts des § 788 RVO nicht auf die Art der Tätigkeit abzustellen, da es bei der landwirtschaftlichen Arbeit unmöglich sei, zu unterscheiden zwischen Tätigkeiten, die nur ein Familienangehöriger, und solchen, die auch oder nur ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Versicherter verrichten könne. Der Begriff "dauernd" sei hier in Gegensatz zu dem Begriff "vorübergehend" zu setzen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 788 RVO. Insbesondere führt sie aus: Die Definition der Vergleichsperson in § 788 RVO nehme keinen Bezug auf die Besonderheiten der Berechnung des JAV nach der Ausnahmevorschrift des § 780 RVO, sondern verweise, indem nur von einem "Beschäftigten" die Rede sei, auf § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO; daraus folge, daß der Vergleichsberechnung ein JAV nach § 571 RVO - regelmäßig der Tariflohn - zugrunde zu legen sei. Daß die Formulierung des § 788 RVO bewußt gewählt sei, zeige auch der Vergleich mit der entsprechenden Vorschrift des früheren Rechts (§ 942 RVO aF), wonach die Vergleichsberechnung "nach den sonstigen Vorschriften der landwirtschaftlichen Unfallversicherung" vorzunehmen gewesen sei. Es fehle auch an einem inneren Grund, immer noch wie nach § 942 RVO aF vorzugehen und eine von den grundsätzlichen Regeln der Ermittlung des JAV abweichende Methode zugunsten der landwirtschaftlichen Unfallversicherung anzuwenden. Da, wie allgemein bekannt - 95 v. H. aller landwirtschaftlichen Unternehmen Familienbetriebe seien, hätte der Gesetzgeber die Vergleichsperson anders bestimmen müssen, wenn er dieser Tatsache hätte Rechnung tragen wollen. Zwar werde durch die Vergleichsberechnung auf der Grundlage von § 571 RVO der Lastenausgleich eingeschränkt, aber auch das Arbeitseinkommen der in der Landwirtschaft dauernd Beschäftigten erreiche immer noch nicht die Einkommen in der gewerblichen Wirtschaft.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des SG München vom 11. Juli 1968 und des Urteils des Bayerischen LSG vom 23. April 1970 die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

das Urteil des Bayerischen LSG vom 23. April 1970 aufzuheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Hierzu trägt sie vor: Das Tatbestandsmerkmal in § 788 RVO "was für einen mit gleichen Arbeiten dauernd in der Landwirtschaft Beschäftigten zu leisten ist; bedürfe vor einer Subsumtion immer der Konkretisierung, da es einen allgemeinen JAV für bestimmte Arbeiten in der Landwirtschaft nicht gebe. Diese Konkretisierung könne nur auf den Unfallverletzten und auf den Unfallbetrieb bezogen werden. Es sei schon im Ansatzpunkt verfehlt, die §§ 780 ff RVO als Ausnahmevorschriften anzusehen. Es handele sich vielmehr um die Bestimmungen, nach denen für etwa 90 % der in der Landwirtschaft Beschäftigten die Geldleistungen bei einem Unfall berechnet würden. Die von der Beklagten erstrebte Auslegung des § 788 RVO würde bedeuten, daß der Gesetzgeber insoweit eine weitgehend sinnlose Vorschrift geschaffen hätte. Da 95% aller landwirtschaftlichen Unternehmen Familienbetriebe seien, habe man es insoweit bei verhältnismäßig niedrigen durchschnittlichen JAV belassen und damit zugleich den Leistungsaufwand vergleichsweise gering halten können. Denn die für die landwirtschaftliche Unfallversicherung bestehenden Finanzierungsschwierigkeiten hätten dazu gezwungen, die Unterhaltsfunktion des Familienbetriebes generell für die Höhe der Barleistungen zu beachten. § 788 RVO sei nicht wegen des zeitweise niedrigen Lohnniveaus in der Landwirtschaft geschaffen worden. Im Regelfall lägen die tatsächlichen JAV des landwirtschaftlichen und des gewerblichen Arbeitnehmers häufig im gleichen Bereich und würden sich künftig immer noch mehr angleichen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).

II

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Beklagte ist nach § 788 RVO verpflichtet, der Klägerin die Leistungen in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlich an den Beigeladenen erbrachten Leistungen und den Leistungen zu erstatten, die bei der Berechnung nach dem durchschnittlichen JAV zu erbringen wären. Der Wortlaut des § 788 RVO gibt allerdings keinen eindeutigen Hinweis darauf, daß § 780 RVO bei der Vergleichsberechnung anwendbar ist. Nicht zutreffend ist aber die Meinung der Beklagten, dieser Wortlaut stehe einer Anwendung des § 780 RVO entgegen und ermögliche ausschließlich die Anwendung des § 571 RVO über § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Das folgt auch nicht daraus, daß § 788 RVO die Vergleichsperson als "einen Beschäftigten" bezeichnet, während § 780 Abs. 2 RVO "mitarbeitende" Familienangehörige und § 780 Abs. 1 RVO Unternehmer und ihre Ehegatten erfaßt. Auch mitarbeitende Familienangehörige können durchaus als Beschäftigte bezeichnet werden; das Gesetz selbst spricht hinsichtlich ihrer Tätigkeit von "Beschäftigung" (vgl. §§ 782 und 542 Nr. 2 RVO). Das Wort "Beschäftigte" in § 788 RVO bezieht sich nicht auf ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis, sondern auf die voraufgehenden Tatbestandsmerkmale "mit gleichen Arbeiten dauernd in der Landwirtschaft". Gegenteilige Schlüsse können auch nicht daraus gezogen werden, daß § 788 RVO keinen ausdrücklichen Hinweis auf § 780 RVO enthält. Denn ein solcher Hinweis ist entbehrlich, wenn das Wort "Beschäftigter" nicht den einschränkenden Sinn hat, den die Beklagte voraussetzt. Auch der Vergleich mit § 942 RVO aF läßt nicht wie die Beklagte meint erkennen, daß der JAV im Rahmen der Vergleichsberechnung nur nach § 571 RVO zu berechnen sei. Zwar enthält § 788 RVO nicht mehr-wie § 942 RVO aF - den Hinweis darauf, was "nach den sonstigen Vorschriften der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu leisten ist", sondern läßt es mit dem Hinweis auf einen in der Landwirtschaft mit den gleichen Arbeiten dauernd Beschäftigten genügen. Dadurch ist aber nicht zum Ausdruck gebracht, daß für die Leistungsberechnung der in Betracht kommenden Vergleichsperson nur eine bestimmte Vorschrift - nämlich § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO woraus sich dann die ausschließliche Anwendbarkeit des § 571 RVO für die Ermittlung des JAV ergäbe - einschlägig sei. Die von § 942 RVO aF abweichende Formulierung läßt sich damit erklären, daß § 788 RVO die Voraussetzungen des Lastenausgleichs (im ersten Satzteil) im Gegensatz zu § 942 RVO aF ohne Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften konkret formuliert, so daß es nahe lag, auch die Berechnung des Lastenausgleichs (im letzten Satzteil) ohne Hinweis auf bestimmte Vorschriften festzulegen. Es hätte bei dieser Betrachtung nicht - wie die Beklagte meint - erwartet werden müssen, daß ein Hinweis auf § 780 RVO erfolgt wäre, wenn diese Vorschrift anwendbar sein sollte. Eher hätte es umgekehrt nahegelegen, zu verdeutlichen, daß im Gegensatz zu § 942 RVO aF nunmehr Durchschnittssätze für die Vergleichsberechnung nicht mehr maßgeblich sein dürfen.

Für die Ansicht der Beklagten spricht auch nicht die durch § 788 RVO gebotene fiktive Leistungsberechnung. Denn damit ist nicht, wie die Revision meint, auch notwendigerweise an eine abstrakte Person gedacht. Allerdings könnte der Wortlaut für diese Annahme sprechen, weil er einerseits von "der Verletzte" spricht und andererseits auf "einen" Beschäftigten hinweist. Überzeugend ist die Argumentation der Beklagten aus diesem Wortlaut aber deshalb nicht, weil er sich zwanglos aus der sprachlichen Methode erklärt. Der konkrete Fall der Leistungsberechnung war zwecks Berechnung des Erstattungsbetrages einem gedachten Fall der Leistungsberechnung gegenüberzustellen. Da der Gesetzgeber, wie oben dargelegt ist, darauf verzichtet hat, auf bestimmte Vorschriften zu verweisen, war der gedachte Fall als solcher zu kennzeichnen. Dies hätte durch die Formulierung zu leisten "wäre" geschehen können. Indem der Gesetzgeber den Hinweis auf "einen" Beschäftigten gewählt hat, ist aber ebenso deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es sich um einen gedachten Fall handelt. Daß damit zusätzlich zum Ausdruck gebracht werden sollte, die Verhältnisse des konkreten Verletzten (Verwandtschaftsverhältnis zu dem Unternehmer) sollten aus der Betrachtung ausscheiden, läßt sich aus dem Wortlaut nicht schließen.

Es ist auch kein sonstiger Anhaltspunkt dafür zu erkennen, daß der Sinn des § 788 RVO nur auf einen nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Beschäftigten hinweist. Es besteht entgegen der Meinung der Beklagten keine Auslegungsregel etwa des Inhalts, daß eine in einer Sondervorschrift enthaltene allgemein gehaltene Verweisung nur auf eine allgemeine Vorschrift und nicht auch auf eine Sondervorschrift hindeuten könne. Da § 780 RVO wie § 788 RVO in der Reihe der Vorschriften steht, die Besonderheiten der Leistungsberechnung in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung regeln, liegt eher der Gedanke nahe, daß beide Vorschriften aufeinander abgestimmt sind.

Entscheidend gegen die Auffassung der Beklagten spricht aber, der Umstand, daß die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften einen "dauernd in der Landwirtschaft Beschäftigten" in der überwiegenden Zahl der Fälle nach § 780 RVO und nicht nach § 571 RVO entschädigen. Die Beachtung dieser Verhältnisse schließt es aus, § 788 RVO ohne ausdrücklichen Hinweis dahingehend zu verstehen, daß § 780 RVO bei der Vergleichsberechnung nicht zur Anwendung kommen dürfe.

Es ist auch nicht zu erkennen, daß § 780 RVO vom Sinn und Zweck der Ausgleichsregelung des § 788 RVO her gesehen nicht einschlägig sein sollte. Die Meinung der Beklagten, es fehle an einem inneren Grund, im Rahmen des § 788 RVO zugunsten der Träger der landwirtschaftlichen Unfallversicherung durchschnittliche JAV zugrunde zu legen, was im Rahmen des § 942 RVO aF noch berechtigt gewesen sein möge, trifft nicht zu. Denn die Tatsache, daß für nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO in der Landwirtschaft Beschäftigte - wenn sie nicht Familienangehörige des Unternehmers sind - nicht mehr ein Durchschnittssatz (§ 932 RVO aF), sondern der tatsächliche JAV maßgebend ist, läßt nicht den Schluß zu, daß damit auch die Risikoverteilung zwischen den Trägern der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung und den Trägern der allgemeinen Unfallversicherung anders gedacht sein müßte. Zwar dürfte sich die Zugrundelegung des tatsächlichen - tariflichen - Arbeitseinkommens in der Landwirtschaft im Falle der Lastenverteilung zugunsten der allgemeinen Unfallversicherung auswirken. Es besteht aber kein Anhaltspunkt dafür, daß in jedem Fall der Verletzung eines vorübergehend in der Landwirtschaft Beschäftigten, der bei einem Träger der allgemeinen Unfallversicherung versichert ist, eine für die gewerbliche Berufsgenossenschaft günstigere Lastenverteilung als bisher durchgeführt werden sollte. Aus der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 571 RVO auch bei landwirtschaftlichen Unfällen ließe sich eher die Folgerung herleiten, daß der Lastenausgleich gerade für die Fälle gedacht sein könnte, in denen immer noch anstelle des tatsächlichen JAV ein Durchschnittssatz maßgebend ist. Denn das in der Landwirtschaft vergleichsweise niedrige Lohnniveau kann für sich allein noch nicht als hinreichender Grund für die Lastenverteilung des § 788 RVO angesehen werden. Vielmehr erscheint gerade die Beibehaltung niedriger durchschnittlicher JAV für Familienangehörige des landwirtschaftlichen Unternehmers als gewichtiger Grund für den Lastenausgleich.

Als Zweck der Ausgleichsregelung des § 788 RVO ist daher die Absicht zu erkennen, die landwirtschaftliche Unfallversicherung von der besonderen Belastung freizustellen, die ihr durch die vorübergehende Tätigkeit berufsfremder Aushilfskräfte erwächst. Da die Belastung besonders groß ist, wenn anstelle des bei dauernder Beschäftigung von Familienangehörigen regelmäßig maßgebenden Durchschnittssatzes das ungleich höhere Einkommen aus dem gewerblichen Hauptberuf der Leistungsberechnung zugrunde zu legen ist, kann diese Belastung nicht unberücksichtigt bleiben. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung soll vielmehr nur die Leistungen selbst tragen müssen, die sie nach den Umständen des Einzelfalles zu trägen hätte, wenn der Verletzte nicht nur vorübergehend sondern dauernd in gleicher Weise beschäftigt gewesen wäre.

Die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 780 RVO im Rahmen des § 788 RVO läßt allerdings noch die Frage offen, ob die Umstände des vorliegenden Falles die Feststellung rechtfertigen, daß der Beigeladene - wenn er dauernd in der Landwirtschaft beschäftigt gewesen wäre - nach § 780 RVO zu entschädigen gewesen wäre. Denn es wäre denkbar, daß er als dauernd Beschäftigter einen - tariflichen - Lohn empfangen hätte und die Entschädigungsleistungen auf dieser Grundlage zu berechnen gewesen wären. Da dies aber sowohl nach der Formulierung des § 780 RVO wie auch nach den tatsächlichen Erfahrungen als Ausnahme anzusehen wäre, müßten hierfür bestimmte Anhaltspunkte gegeben sein. Das ist nicht der Fall und wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Daher kann hier, ohne daß es weiterer Ermittlungen bedarf, bei der fiktiven Vergleichsberechnung von § 780 RVO ausgegangen werden.

Da das angefochtene Urteil somit richtig ist, ist die Revision zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670147

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