Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzinsung des Erstattungsanspruchs. vollständiger Erstattungsantrag. Widerspruch gegen Beitragsbescheid als Erstattungsantrag. Vergleich über Beitragsverpflichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Es handelt sich bei einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid auch dann um einen "vollständigen" Erstattungsantrag iS des § 27 Abs 1 SGB 4, wenn sich die Höhe der Erstattung erst aufgrund eines nach dem Widerspruch geschlossenen Vergleichs ergibt; ein Vergleich schließt die Verzinsung des Erstattungsanspruchs jedenfalls dann nicht aus, wenn sie nicht Gegenstand des Vergleichs ist.

 

Orientierungssatz

1. In einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid oder in einer unter Vorbehalt erfolgten, unfreiwilligen Erfüllung einer Beitragsforderung ist zugleich ein Erstattungsantrag enthalten. Dies gilt selbst dann, wenn die Beiträge zu dieser Zeit noch nicht entrichtet waren. Der zu unterstellende Erstattungsantrag wirkt dann für später entrichtete Beiträge fort (vgl BSG vom 16.4.1985 12 RK 19/83 = SozR 2100 § 27 Nr 3).

2. Dies gilt nicht nur bei einer Verurteilung des Versicherungsträgers, sondern auch bei einer anstelle des Urteils getretenen Beendigung des Verfahrens durch Vergleich (vgl BSG vom 29.1.1986 9b RU 18/84).

 

Normenkette

SGB IV § 27 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 07.03.1985; Aktenzeichen L 6 U 424/84)

SG Oldenburg (Entscheidung vom 25.10.1984; Aktenzeichen S 7a U 30/83)

 

Tatbestand

Streitig ist die Verzinsung einer Beitragserstattung durch die Beklagte.

Die Beklagte forderte mit Bescheid vom 31. März 1978 von der Klägerin als einer Gesellschafterin der inzwischen aufgelösten Firma E GmbH für das Jahr 1977 Beiträge in Höhe von 45.294,66 DM für nichtgewerbsmäßige Bauarbeiten; der Berechnung legte sie das Vierfache des nach dem Gefahrtarif berechneten Beitrages zugrunde. Auf die geltend gemachte Beitragsforderung zahlte die Klägerin in der Folgezeit einen Gesamtbetrag in Höhe von 30.270,-- DM und zwar am 21. Juni 1978 5.000,-- DM, am 19. Juli 1978 5.000,-- DM, am 24. August 1978 5.000,-- DM, am 2. Oktober 1978 270,-- DM, am 1. November 1978 5.000,-- DM und am 3. Januar 1979 10.000,-- DM.

Der mit Schreiben vom 5. April 1978 gegen den Bescheid vom 31. März 1978 eingelegte und mit Schreiben vom 11. Juni 1978 begründete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 1978). In dem sich daran anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg (S 7a U 170/78) und dem Landessozialgericht Niedersachsen -LSG- (L 6 U 144/81) schlossen die Beteiligten am 8. Juni 1982 vor dem LSG einen Vergleich mit folgendem Wortlaut:

" 1. Die Beklagte ändert den Bescheid vom 31. März 1978 und berechnet den von der Klägerin für die Zeit vom 1. November bis 3. Dezember 1977 zu zahlenden Beitrag unter Zugrundelegung des einfachen des nach dem Gefahrtarif berechneten Beitrags neu.

2. Die Beteiligten sind darüber einig, daß eine Kostenerstattung nicht stattfindet und daß damit der Rechtsstreit erledigt ist. "

In Ausführung dieses gerichtlichen Vergleiches errechnete die Beklagte eine Beitragsschuld in Höhe von 11.323,67 DM sowie Säumniszuschläge von 181,68 DM, insgesamt einen Betrag von 11.505,35 DM. Den von der Klägerin danach zuviel gezahlten Betrag in Höhe von 18.764,65 DM erstattete sie am 22. Juni 1982. Die Zahlung von Zinsen auf den Erstattungsbetrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Juli 1982 ab, der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1982).

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. Oktober 1984). Die Formulierung des Vergleiches schließe eine Verzinsung aus, da danach der Rechtsstreit erledigt sein sollte und Gegenstand dieses Rechtsstreits stillschweigend auch der Zinsanspruch gewesen sei.

Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG den Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 1982 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1982 sowie das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Zinsen in Höhe von 4 vH auf DM 3.494,-- ab 24. August 1978, auf DM 270,-- ab 2. Oktober 1978, auf DM 5.000,-- ab 1. November 1978 und auf DM 10.000,-- ab 3. Januar 1979 bis zum 31. Mai 1982 zu zahlen (Urteil vom 7. März 1985). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß der sich aus § 27 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) ergebende Zinsanspruch der Klägerin durch den im Vorprozeß geschlossenen Vergleich nicht ausgeschlossen werde. Nach dem Wortlaut dieses Vergleiches sei eine Bestimmung über die Verzinsung des Erstattungsanspruches von den Beteiligten nicht getroffen worden. Der Zinsanspruch sei nicht - auch nicht stillschweigend - Gegenstand des Rechtsstreites gewesen. Die Beitragspflicht, der Erstattungsanspruch nach § 26 SGB IV und der Verzinsungsanspruch nach § 27 Abs 1 SGB IV seien eigenständige, voneinander unabhängige Ansprüche. Streitgegenstand des Vorprozesses sei der Beitragsbescheid vom 31. März 1978 gewesen, mit dem für nichtgewerbsmäßige Bauarbeiten im Jahre 1977 Beiträge gefordert und nicht noch darüber hinaus ein Zinsanspruch auf eine künftige Beitragserstattung geregelt worden sei. Wollten die Beteiligten in einem Vergleich auch gegenseitige Rechte und Pflichten regeln, die nicht zum Streitgegenstand des Verfahrens gehörten, bedürfe es insoweit einer ausdrücklichen Vereinbarung im Vergleich. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Durch den Vergleich habe lediglich dem angefochtenen Beitragsbescheid vom 31. März 1978 ein anderer, dem materiellen Recht entsprechender Inhalt gegeben werden sollen. Ein den gesetzlichen Erfordernissen entsprechender vollständiger Erstattungsantrag liege in der Einlegung des Widerspruchs gegen den genannten Beitragsbescheid, insbesondere in der Widerspruchsbegründung vom 11. Juni 1978. Hierdurch habe die Klägerin zu erkennen gegeben, daß sie zur Zahlung der von ihr geforderten Beiträge nicht verpflichtet sei. Darüber hinaus habe der Widerspruch die Forderung umfaßt, die zwangsweise Beitreibung der geforderten Beiträge zu unterlassen und die ggf dennoch beigetriebenen Beiträge zu erstatten, so daß es eines formellen Antrags auf Erstattung nicht bedurft habe.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

In der Rechtsmittelbelehrung heißt es ua, daß den Beteiligten die Revision gegen dieses Urteil nicht zustehe, weil sie vom LSG nicht zugelassen worden sei. Die Nichtzulassung der Revision könne mit der Beschwerde angefochten werden.

Mit der von ihr eingelegten Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 27 SGB IV iVm 44 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) sowie der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Voraussetzungen eines Zinsanspruches gem § 27 Abs 1 SGB IV lägen nicht vor. Das LSG habe zu Unrecht in dem Widerspruch der Klägerin gegen den Beitragsbescheid vom 31. März 1978 einen vollständigen Erstattungsantrag iS der genannten Vorschrift gesehen. Ein solcher Antrag sei nur dann vollständig, wenn er alle Angaben und Unterlagen enthalte, die zur Entscheidung hierüber erforderlich seien; insbesondere müsse eine genaue Berechnung des Erstattungsbetrages möglich sein. Ein vollständiger Erstattungsantrag habe erst mit dem Abschluß des gerichtlichen Vergleiches vorgelegen, nach dem einvernehmlich festgestanden habe, daß die Klägerin nur das Einfache zu zahlen habe. Zudem habe die Klägerin erstmalig mit Schreiben vom 18. Juni 1982, dh nach Abschluß und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Vergleich vom 8. Juni 1982, um Übersendung der Abrechnung und um Überweisung des überschießenden Betrages gebeten. Im übrigen sei der Zinsanspruch aufgrund des im Vorprozeß geschlossenen Vergleiches ausgeschlossen. Wenn nämlich - wie vom LSG - ein stillschweigender Erstattungsantrag angenommen werde, dann müsse mit der gleichen Berechtigung auch ein stillschweigender Zinsanspruch angenommen werden, der zugleich mit der Hauptforderung geltend gemacht werde. Ein Vergleich, der einen Rechtsstreit insgesamt erledige, betreffe somit die Haupt- und die Nebenforderung. Das zur Frage der Verzinsung eines Anspruchs auf Erstattung von Beiträgen ergangene Urteil des 12. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. April 1985 (12 RK 19/83 - SozR 2100 § 27 Nr 3) sei mit dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung kaum vereinbar. Die Entscheidung des 12. Senats laufe darauf hinaus, daß Ansprüche auf rückständige Sozialleistungen und Beitragserstattungsansprüche in jedem Falle zu verzinsen seien. Eine so weitgehende Zinspflicht im Sozialrecht habe der Gesetzgeber gerade nicht schaffen wollen, sondern die einschränkende Regelung von einem vollständigen Erstattungsantrag abhängig gemacht. Im übrigen sei vorliegend - abweichend von der Entscheidung des 12. Senats - die Erstattungspflicht nicht durch Urteil, sondern durch gerichtlichen Vergleich begründet worden.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG Niedersachsen vom 7. März 1985 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Oldenburg vom 25. Oktober 1984 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig. Das LSG hat sie im Urteilstenor ausdrücklich zugelassen. Hieran vermögen die Ausführungen in der Rechtsmittelbelehrung, nach denen "gegen dieses Urteil den Beteiligten die Revision nicht zusteht, weil sie vom LSG nicht zugelassen worden ist", nichts zu ändern. Dabei handelt es sich offensichtlich um ein Versehen des LSG, das nicht zuletzt daran erkennbar wird, daß die Entscheidung über die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) begründet wird (vgl auch BSGE 5, 121, 122; 10, 269, 270).

Die danach zulässige Revision ist jedoch nicht begründet.

Der von der Beklagten an die Klägerin erstattete Betrag ist in dem vom LSG ausgesprochenen Umfang zu verzinsen.

Der geltend gemachte Zinsanspruch scheitert nicht schon daran, daß die Beteiligten im Vorprozeß vor dem LSG am 8. Juni 1982 einen Vergleich geschlossen haben. Der Vergleich betraf nach den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils die Beitragsforderung der Klägerin dem Grunde und der Höhe nach (Ziffer 1) sowie die Frage der außergerichtlichen Kosten der Klägerin (Ziffer 2). Mit der vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits nach § 101 Abs 1 SGG wurde der angefochtene Beitragsbescheid vom 31. März 1978 geändert und diesem dadurch lediglich ein anderer materiell-rechtlicher Inhalt gegeben, nämlich eine Beitragspflicht der Klägerin für die Zeit vom 1. November bis 3. Dezember 1977 unter Zugrundelegung des Einfachen des nach dem Gefahrtarif errechneten Beitrags, statt - wie zuvor von der Beklagten veranlagt - unter Zugrundelegung des Vierfachen des nach dem Gefahrtarif errechneten Beitrags. Der Zinsanspruch der Klägerin wurde weder erwähnt noch war dieser stillschweigend Gegenstand des Vergleichs (vgl insoweit Urteil des 9b Senats vom 29. Januar 1986 - 9b RU 18/84 -; BSG Breithaupt 1984, 473 f).

Rechtsgrundlage des Zinsanspruches der Klägerin ist § 27 Abs 1 SGB IV. Hiernach ist ein Erstattungsanspruch nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe einer Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 vH zu verzinsen.

Die Voraussetzungen der genannten Vorschrift sind im vorliegenden Fall erfüllt. Unstreitig ist, daß die Klägerin als Folge des am 8. Juni 1982 im Vorprozeß geschlossenen Vergleichs gemäß § 26 Abs 1 SGB IV einen Anspruch auf Erstattung der von ihr zu Unrecht entrichteten Beiträge in Höhe von 18.764,65 DM gegen die Beklagte hatte; die Beklagte hat diesen Anspruch nach Vergleichsabschluß auch ohne weiteres erfüllt.

Ein für eine Verzinsung nach § 27 Abs 1 SGB IV erforderlicher "vollständiger Erstattungsantrag" lag ebenfalls vor. Der 12. Senat des BSG führt zu diesem Erfordernis in seinem, den Beteiligten übersandten Urteil vom 16. April 1985 (SozR 2100 § 27 Nr 3) zu Recht aus, daß in einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid oder in einer unter Vorbehalt erfolgten, unfreiwilligen Erfüllung einer Beitragsforderung zugleich ein Erstattungsantrag enthalten ist und daß dies selbst dann gilt, wenn die Beiträge zu dieser Zeit noch nicht entrichtet waren. Der zu unterstellende Erstattungsantrag wirkt dann für später entrichtete Beiträge fort. Soweit die Beklagte diesbezüglich ausführt, diese Auffassung sei mit dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung (des § 27 Abs 1 SGB IV) kaum vereinbar, weil sie - was der Gesetzgeber nicht beabsichtigt habe - auf eine allgemeine Zinspflicht im Sozialrecht hinauslaufe, so vermag der erkennende Senat dieser Ansicht nicht zu folgen. Der 12. Senat des BSG hat nämlich keine solche allgemeine Zinspflicht im Sozialrecht bejaht, sondern - beschränkt auf die Fälle des Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid sowie einer unter Vorbehalt erfolgten unfreiwilligen Erfüllung einer Beitragsforderung - ausgeführt, daß in dem Widerspruch bzw in der unter Vorbehalt erfolgten, unfreiwilligen Erfüllung der Beitragsforderung zugleich ein Erstattungsantrag enthalten ist. Die vom erkennenden Senat für zutreffend erachtete Auffassung des 12. Senat des BSG ist auch sachgerecht. Es wäre lebensfremd, neben dem Antrag auf Aufhebung bzw Abänderung eines angefochtenen Beitragsbescheides noch einen gesonderten Antrag auf Erstattung etwa zuviel gezahlter Beiträge zu verlangen. Ein von einem Leistungsträger des SGB durch einen Beitragsbescheid in Anspruch genommener Beitragspflichtiger, der gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegt, läßt dadurch nämlich nicht nur erkennen, daß er den Grund und/oder die Höhe der Beitragsforderung bestreitet, sondern daß er im Falle der vollständigen bzw teilweisen Aufhebung des angefochtenen Beitragsbescheides die Erstattung der von ihm etwa zuviel gezahlten Beiträge verlangen werde. Dies gilt auch im vorliegenden Falle, in dem die Klägerin noch vor deren erster Beitragszahlung Widerspruch gegen den Beitragsbescheid eingelegt hatte und auf Grund der fehlenden aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Klage (vgl § 97 Abs 1 SGG) sowie zur Vermeidung der von der Beklagten angedrohten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gezwungen war, die geforderten Beträge zunächst - zumindest ratenweise - zu entrichten. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese vom 12. Senat des BSG näher dargelegten Erwägungen, wie die Revision wohl meint, nur bei einer Verurteilung des Versicherungsträgers, nicht aber bei einer anstelle des Urteils getretenen Beendigung des Verfahrens durch Vergleich gelten sollen (s BSG-Urteil vom 29. Januar 1986 -9b RU 18/84-). Zutreffend ist das LSG daher davon ausgegangen, daß in der Einlegung des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid vom 31. März 1978 durch die Klägerin sowie insbesondere in deren Widerspruchsbegründung vom 11. Juni 1978 zugleich ein Antrag auf Erstattung der von ihr etwa zuviel gezahlten Beiträge zu sehen ist. Das LSG führt hierzu außerdem zu recht aus, daß die Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, während des Verfahrens vorläufig von einer Vollstreckung des Beitragsbescheides abzusehen, um so die Entstehung eines Erstattungs- und Verzinsungsanspruches zu vermeiden. Indem sie dies nicht getan hat, handelte sie mit dem Risiko, der Klägerin gegenüber erstattungspflichtig (§ 26 Abs 1 SGB IV) und auch zinspflichtig (§ 27 Abs 1 SGB IV) zu werden. Unzutreffend ist daher die Auffassung der Beklagten, daß die Klägerin erstmalig mit Schreiben vom 18. Juni 1982 - nach Abschluß und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Vergleich vom 8. Juni 1982 - um Übersendung der Abrechnung und um Überweisung des überschießenden Betrages gebeten hatte.

Die Beklagte meint auch zu Unrecht, der Erstattungsantrag sei erst nach Abschluß des Vergleiches "vollständig" gewesen, da erst dann festgestanden habe, daß die Klägerin nur das Einfache des Beitrages zu zahlen habe. Ebenso wie ein Urteil bestimmt, welcher Beitrag von dem jeweils maßgebenden Zeitpunkt an zu zahlen war, geht auch der Vergleich davon aus, daß nach der Auffassung der Beteiligen - hier - schon bei ihrer Entstehung die Beitragsforderung nur in Höhe des Einfachen bestanden habe. Daß die Beklagte dies nicht von vornherein erkannt hat, kann - auch hinsichtlich des Zinsanspruches - nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Die Auffassung der Beklagten läuft zwangsläufig darauf hinaus, daß auch bei einer Aufhebung oder Änderung eines Beitragsbescheides erst mit der Rechtskraft des Urteils ein "vollständiger" Erstattungsantrag gestellt sein könnte. Dies würde aber zu dem untragbaren Ergebnis führen, daß die Beklagte während der gesamten Zeit seit Erlaß des Bescheides bis zur Rechtskraft des Urteils in dem Genuß des zuviel gezahlten Beitrages wäre, ohne bei der vollständigen oder teilweisen Rückzahlung wenigstens die Zinsen in Höhe von 4 vH zahlen zu müssen.

Da das LSG der Klägerin in dem von ihm ausgesprochenen Umfang zu recht Zinsen von dem von der Beklagten erstatteten Beitrag zugesprochen hat, war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60261

RegNr, 16383

BR/Meuer SGB IV § 27, 26-06-86, 2 RU 25/85 (OT1-2, ST1)

USK 86107, (ST1 OT1)

EzS, 60/63 (OT1)

HV-INFO 1986, 1329-1334 (OT1)

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