Entscheidungsstichwort (Thema)
Form einer Überleitungsanzeige gemäß § 90 BSHG aF
Orientierungssatz
1. Die Überleitung ist, weil sie einen Gläubigerwechsel bewirkt, eine hoheitliche Maßnahme, die der Sozialhilfeträger zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die schriftliche Überleitungsanzeige ist daher ein Verwaltungsakt. Das hat zur Folge, daß die Überleitungsanzeige inhaltlich hinreichend bestimmt sein muß (§ 33 Abs 1 SGB 10).
2. Voraussetzung für das Vorliegen einer wirksamen Überleitungsanzeige ist, daß in der Anzeige der überzuleitende Anspruch bezeichnet ist, die Anzeige erkennen läßt, daß der Übergang dieses Anspruchs des Hilfeempfängers in Höhe der ihm gewährten Sozialhilfeleistungen auf den Sozialhilfeträger bewirkt werden soll; ferner ist die Angabe von Zeitraum und Höhe der gewährten Hilfe erforderlich, wegen der die Überleitung erfolgt (vgl BSG vom 12.4.1984 - 7 RAr 27/83 = AuB 1985, 57).
3. Eine Überleitung liegt nicht vor, wenn nach den §§ 1531 ff RVO iVm § 140 BSHG ein Ersatzanspruch angemeldet wird. In diesem Fall wird ein eigener und kein abgeleiteter Anspruch geltend gemacht, wie das bei der Überleitung der Fall ist.
Normenkette
BSHG § 90 Fassung: 1976-02-13, § 140; RVO § 1531; AFG § 151 Abs 1 Fassung: 1969-06-25; SGB 10 § 33 Abs 1
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Entscheidung vom 07.10.1986; Aktenzeichen L 2 Ar 1/83) |
SG für das Saarland (Entscheidung vom 28.01.1983; Aktenzeichen S 13 Ar 11/79) |
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1977 und gegen die Rückforderung der für diesen Zeitraum gezahlten Leistungen in Höhe von 1.791,40 DM.
Am 18. Januar 1977 meldete der Kläger sich arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg, nachdem ihm die Beigeladene, bei der er als Arbeiter beschäftigt war, am 17. Januar 1977 fristlos gekündigt hatte. Einen Tag zuvor hatte er beim Sozialamt der Beigeladenen die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt beantragt, die ihm ab 17. Januar 1977 bewilligt wurde.
Am 31. Januar 1977 ging bei der Beklagten ein Schreiben der Beigeladenen vom 26. Januar 1977 ein, in welchem diese einen Ersatzanspruch nach § 140 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) iVm §§ 1531 ff Reichsversicherungsordnung (RVO) anmeldete und die Beklagte darüber unterrichtete, daß sie dem Kläger ab 17. Januar 1977 Sozialhilfe in Höhe von 968,30 DM monatlich bewilligt und an ihn für die Zeit vom 17. bis 31. Januar 1977 484,15 DM überwiesen habe. Weiterhin heißt es ua in dem Schreiben, daß Ersatz der Aufwendungen bis zur Höhe der Sozialhilfeleistungen für den Hilfeempfänger, seines Ehegatten und seiner minderjährigen unverheirateten Kinder geltend gemacht und gebeten werde, mitzuteilen, ab wann und in welcher Höhe laufende Zahlungen zu leisten seien; diese könne die Beklagte an den Sozialhilfeempfänger erst dann leisten, wenn die Anmeldung nach Abschluß des Ersatzanspruchsverfahrens, der ihr mitgeteilt werde, ihre Wirkung verliere.
Ungeachtet dessen bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 5. April 1977 dem Kläger Alg ab 18. Januar 1977 für 312 Tage in Höhe von 202,80 DM wöchentlich. Sie überwies an ihn für die Zeit vom 18. Januar bis 30. April 1977 insgesamt 3.008,20 DM. Für den gleichen Zeitraum hatte der Kläger von der Beigeladenen Sozialhilfeleistungen in Höhe von 3.240,06 DM erhalten, was diese der Beklagten durch Schreiben vom 10. Mai 1977 mitteilte. Durch Bescheid vom Mai 1977 hob die Beklagte unter Hinweis auf § 151 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) aF die Bewilligung des Alg mit Wirkung ab 17. Januar 1977 auf und forderte vom Kläger die Rückzahlung der bis 30. April 1977 erbrachten Alg-Leistungen unter Abzug eines Teilbetrages von 484,10 DM in Höhe von restlich 2.524,10 DM. Durch einen weiteren Bescheid vom 15. Juli 1977 hat die Beklagte die Aufhebung der Alg-Bewilligung auf den Zeitraum ab 18. Januar 1977 eingeschränkt und nunmehr die Rückzahlung von 3.008,20 DM verlangt sowie Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch in Höhe von 50,-- DM monatlich erklärt.
Die Widersprüche des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 1978 zurück und führte zur Begründung aus, daß die Zahlung des Alg an den Kläger infolge wirksamen Anspruchsübergangs auf die Beigeladene zu Unrecht erfolgt und daher rückgängig zu machen sei. Auch die Rückforderung sei rechtmäßig, da er gewußt habe oder bei Anstellen einfachster naheliegender Überlegungen hätte erkennen können, daß er nicht für ein und denselben Zeitraum gleichzeitig Sozialhilfe und Alg habe beanspruchen können.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28. Januar 1983). In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat der Kläger seinen Klageantrag dahingehend eingeschränkt, die angefochtenen Bescheide insoweit aufzuheben, als sie die Aufhebung und Rückforderung des Alg für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1977 betreffen. Der Grund hierfür war ein von der Beklagten abgegebenes und vom Kläger angenommenes Teilanerkenntnis, durch das diese die Höhe des Rückforderungsanspruches auf 1.791,40 DM ermäßigt hat.
Die Berufung des Klägers hatte Erfolg. Das LSG hat das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide der Beklagten in vollem Umfang aufgehoben (Urteil vom 7. Oktober 1986). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Zulässigkeit der Berufung scheitere nicht an § 144 Abs 1 Nr 2 SGG. Zwar habe der Kläger während des Berufungsverfahrens aufgrund des Teilanerkenntnisses der Beklagten seinen Klageantrag eingeschränkt, so daß eine gerichtliche Entscheidung nur noch über die Rechtmäßigkeit der Leistungsentziehung und Rückforderung für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1977 zu treffen gewesen sei. Für die Beurteilung der Frage, ob um wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen oder für einen längeren Zeitraum gestritten werde, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung maßgeblich.
In der Sache müsse die Berufung Erfolg haben. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Alg-Bewilligung könne nur § 151 AFG aF sein, da der Widerspruchsbescheid vor dem 31. Dezember 1980 ergangen sei und dies die Anwendbarkeit der erst am 1. Januar 1981 in Kraft getretenen Vorschriften der §§ 44 ff Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) ausschließe. Eine Aufhebung komme danach nur insoweit in Betracht, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen hätten oder nachträglich weggefallen seien. Beides sei hier zu verneinen, da dem Kläger für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1977 ein Anspruch auf Alg gemäß § 100 AFG zugestanden habe. Dieser sei auch nicht nachträglich infolge eines Anspruchsübergangs gemäß § 90 BSHG aF wieder entfallen; denn eine wirksame Überleitung der Ansprüche des Klägers auf die Beigeladene durch deren Schreiben vom 26. Januar 1977 sei nicht erfolgt. Die Wirksamkeit des Anspruchsübergangs sei hier nach § 90 BSHG in der bis zum 30. Juni 1983 geltenden Fassung zu beurteilen und nicht nach § 90 BSHG nF, der eine Überleitung gegenüber Leistungsträgern iS des § 12 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1) ausschließe und die Sozialhilfeträger auf die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen gemäß den §§ 102 ff SGB 10 beschränke. Ein wirksamer Forderungsübergang scheitere im vorliegenden Fall jedoch daran, daß das Schreiben der Beigeladenen vom 26. Januar 1977 keine schriftliche Überleitungsanzeige iS des § 90 BSHG aF sei. Die Beigeladene habe mit ihrem Schreiben vom 26. Januar 1977 lediglich einen Ersatzanspruch nach § 140 BSHG angemeldet. Diese Formulierung lasse nicht hinreichend erkennen, daß sie einen übergeleiteten fremden Anspruch geltend machen wollte. Es müsse für die Beteiligten und vor allem für den Adressaten erkennbar sein, was die Regelung meine. Daran fehle es. Zwar habe für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch keine Rechtsgrundlage bestanden, da nach der damaligen Rechtslage der gesetzliche Ausgleich zwischen dem zur Leistung verpflichteten Sozialhilfeträger und dem Dritten in § 90 BSHG aF gesondert geregelt gewesen sei. Wenn aber die Beigeladene mit ihrem Schreiben keinen Ersatzanspruch habe geltend machen wollen, sondern eine Überleitungsanzeige gemäß § 90 Abs 1 BSHG aF erstatten wollte, hätte das im Hinblick auf die Rechtsfolgen deutlich erkennbar sein müssen. Allein aus der Anmeldung eines Ersatzanspruchs sei nicht eindeutig ersichtlich, daß der Anspruch auf Alg für die Zeit des Bezugs von Sozialhilfe nicht mehr dem Kläger, sondern der Beigeladenen zustehen solle. Der Hinweis auf § 1531 RVO aF deute auf die Geltendmachung eines originären Ersatzanspruchs hin. Darüber hinaus seien weder die Beklagte noch die Beigeladene in der Folgezeit von einem Anspruchsübergang ausgegangen. Die Beigeladene habe noch mit Bescheid vom 21. April 1977 gegenüber dem Kläger eine Überzahlung mit der Begründung festgestellt, er erhalte ab 18. Januar 1977 Alg. Selbst die Beklagte habe noch mit Bescheid vom 13. Mai 1977 im Hinblick auf den geltend gemachten Ersatzanspruch lediglich 2,-- DM täglich vom Alg des Klägers für die Beigeladene einbehalten, im übrigen aber die Leistungen an den Kläger ausgezahlt. Da das Schreiben vom 26. Januar 1977 hiernach keine Überleitungsanzeige sei, sei der Kläger Anspruchsinhaber geblieben. Auch die Tatsache, daß er für denselben Zeitraum Sozialhilfe bezogen habe, schließe den Anspruch auf Alg nicht aus. Dies habe zur Folge, daß die Aufhebung der Leistungsbewilligung zu Unrecht erfolgt sei. Gleiches müsse auch für die Rückforderung des Alg gelten, das der Kläger im streitbefangenen Zeitraum erhalten habe; denn die Voraussetzungen für eine Rückforderung gemäß § 152 Abs 1 AFG, der hier ebenfalls in seiner ursprünglichen Fassung anwendbar sei, seien nicht erfüllt. § 152 Abs 1 AFG aF setze voraus, daß eine die Leistung bewilligende Entscheidung gemäß § 151 AFG aF aufgehoben oder eine Leistung ohne Entscheidung gewährt worden sei. Auf keine der beiden Tatbestandsalternativen lasse sich jedoch die Rückforderung stützen; denn zum einen könne die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung keinen Bestand haben und zum anderen sei die erfolgte Auszahlung an den Kläger nicht ohne Verwaltungsakt erfolgt.
Mit der Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 151 Abs 1 AFG idF vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582), § 90 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 BSHG idF des Gesetzes vom 13. Februar 1976 (BGBl I 289) und macht geltend, § 128 Abs 1 SGG sei verletzt worden. Zur Begründung führt sie aus: Das Urteil des LSG sei bereits deshalb aufzuheben, weil dieses im Urteilstenor in unzulässiger Weise über die vom Kläger in der Berufungsinstanz gestellten Anträge hinausgegangen sei. In der Sache habe das LSG zu Unrecht die Aufhebung der Alg-Bewilligung für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1977 als rechtswidrig angesehen. Es habe verkannt, daß die Voraussetzungen für die Bewilligung des Alg an den Kläger im Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung iS des § 151 Abs 1 AFG aF nicht mehr vorgelegen hätten. Zwar habe der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alg gemäß § 100 AFG erfüllt und daher für den streitbefangenen Zeitraum einen Anspruch auf Alg besessen. Dieser sei jedoch rechtswirksam gemäß § 90 Abs 1 BSHG aF auf die Beigeladene übergegangen, so daß der Kläger hierdurch seine Anspruchsberechtigung an diese verloren habe und im Zeitpunkt der Alg-Bewilligung nicht mehr Anspruchsinhaber gewesen sei. Das Schreiben der Beigeladenen vom 26. Januar 1977 sei als Überleitungsanzeige im Sinne dieser Vorschrift zu werten. Das LSG stelle überzogene Anforderungen, wenn es allein wegen fehlerhafter Benennung der Rechtsgrundlage dem Schreiben der Beigeladenen den Charakter einer Überleitungsanzeige iS des § 90 BSHG aF abspreche. Dies stünde im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 11. März 1976 (BSGE 41, 237, 238), demzufolge auch ohne ausdrücklichen Hinweis auf § 90 BSHG aF eine Überleitungsanzeige im Sinne dieser Vorschrift angenommen werden könne. Dann müsse dies auch gelten, wenn - wie hier - in der Überleitungsanzeige fälschlicherweise eine unzutreffende Rechtsgrundlage genannt werde. Die falsche Bezeichnung sei unschädlich, da die Bestimmungen der §§ 1531 RVO, 140 BSHG aF nicht zum Aufgabenbereich der Arbeitsämter nach dem Arbeitsförderungsgesetz gehörten und die Beigeladene erkennbar nur solche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf sich habe überleiten wollen, hinsichtlich deren die Zuständigkeit der Arbeitsämter begründet gewesen sei. Folglich sei für die Mitarbeiter des Arbeitsamtes der Sinn und Zweck des Schreibens der Beigeladenen, die Alg-Ansprüche des Klägers überzuleiten und einen Gläubigerwechsel zu bewirken, erkennbar gewesen und auch erkannt worden. Auch der Kläger habe von dem durch die Überleitung bewirkten Wegfall seiner Alg-Anspruchsberechtigung Kenntnis gehabt, da er von der Beigeladenen auf die Möglichkeit, Sozialhilfe und Alg zu verrechnen, hingewiesen worden sei; zumindest habe er dies erkennen können, da die Summe der an den Kläger im fraglichen Zeitraum gezahlten Alg- und Sozialhilfeleistungen seinen früheren monatlichen Nettoverdienst überstiegen habe. Diese Umstände habe das LSG nicht gewürdigt, obwohl es sich hätte gedrängt fühlen müssen, sie in seine Entscheidung mit einzubeziehen und zur Klärung etwaiger Zweifel die Parteivernehmung des Klägers durchzuführen. Dadurch sei in entscheidungserheblicher Weise gegen § 128 Abs 1 SGG verstoßen worden.
Als Folge der zu Recht erfolgten Aufhebung der Alg-Bewilligung sei auch die Rückforderung der vom Kläger im fraglichen Zeitraum bezogenen Alg-Leistungen gerechtfertigt. Diese könne auf § 152 Abs 1 Nr 2 AFG aF gestützt werden, da der Kläger gewußt oder zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewußt habe, daß ihm aufgrund des Anspruchsübergangs die Alg-Leistungen nicht mehr hätten bewilligt und ausgezahlt werden dürfen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 7. Oktober 1986 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 28. Januar 1983 zurückzuweisen sowie zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Die Auffassung der Beklagten, daß durch das Schreiben der Beigeladenen vom 26. Januar 1977 ein Anspruchsübergang gemäß § 90 BSHG aF bewirkt worden sei, treffe nicht zu. Eine Auslegung oder Umdeutung dieses Schreibens in eine Überleitungsanzeige im Sinne dieser Vorschrift scheitere daran, daß dieses nach seinem Inhalt klar und unzweideutig auf die Geltendmachung eines originären Erstattungsanspruchs gemäß § 140 BSHG aF iVm § 1531 RVO gerichtet gewesen sei und nicht die Überleitung des Alg-Anspruchs des Klägers habe bewirken wollen. Grobfahrlässige Unkenntnis, wie sie für die Rückforderung zu Unrecht erhaltener Leistungen gemäß § 152 Abs 1 Nr 2 AFG aF vorausgesetzt werde, könne dem Kläger nicht zur Last gelegt werden, da er weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen über die fehlende Anspruchsberechtigung in Kenntnis gesetzt worden sei und sich ihm auch nicht habe aufdrängen müssen, zum Empfang der Auszahlungsbeträge nicht mehr berechtigt zu sein.
Die Beigeladene stellt keine Anträge. Sie bezieht sich auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen in der Revisionsbegründung der Beklagten.
Alle Beteiligten haben erklärt, daß sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden sind (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom Mai 1977 und vom 15. Juli 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 1978, deren Aufhebung der Kläger mit der Anfechtungsklage nur noch insoweit begehrt, als sie die Aufhebung der Alg-Bewilligung für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1977 und die Rückforderung der für diesen Zeitraum erbrachten Leistungen betreffen.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß auch der Bescheid vom 15. Juli 1977 gemäß § 86 Abs 1 SGG von dem Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 1978 miterfaßt war. Nach § 86 Abs 1 SGG wird jeder Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens, der während des Vorverfahrens den ursprünglichen Verwaltungsakt abändert, wie das hier der Fall war. Unerheblich ist, daß in dem Widerspruchsbescheid nicht ausdrücklich auch über die Rechtmäßigkeit dieses neuen Verwaltungsakts entschieden worden ist. Mit der Erhebung der Klage ist die Sache an das SG übergegangen, wodurch auch der Bescheid vom 15. Juli 1977 Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden ist (BSG SozR 1500 § 86 Nr 1).
Einer Entscheidung des Senats in der Sache steht auch ein in der Revisionsinstanz fortwirkender Verstoß gegen verfahrensrechtliche Grundsätze durch die Vorinstanzen, der von Amts wegen zu berücksichtigen ist, nicht entgegen. Zu den von Amts wegen zu beachtenden Mängeln des Verfahrens, die zur Unwirksamkeit des Urteils führen, gehört die Unzulässigkeit der Berufung (BSGE 1, 227, 230; BSG SozR 1500 § 147 Nr 2 mwN). Dieser Mangel liegt hier nicht vor.
Zutreffend hat das LSG die Zulässigkeit der Berufung bejaht. Hierbei hat es nicht verkannt, daß, wenn - wie hier - der Kläger die Aufhebung der Bewilligung einer Leistung und die Rückforderung der Leistung, die er zu Unrecht erhalten haben soll, anficht, zwei prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden (BSGE 6, 11, 15; 11, 167, 169; 48, 120, 122 f = SozR 4100 § 152 Nr 9). Die Berufung des Klägers betrifft somit ein Urteil, das über mehrere prozessuale Ansprüche entschieden hat. In solchen Fällen ist die Rechtsmittelfähigkeit jedenfalls gesondert nach den noch in der Berufungsinstanz geltend gemachten Ansprüchen zu prüfen (BSGE 5, 222, 225; 6, 11, 15; 8, 228, 231 f; 10, 264, 266, 267; 11, 167, 169 f; 46, 271; 48, 120, 122 = SozR 4100 § 152 Nr 9; BSGE 49, 95, 97 = SozR 1500 § 150 Nr 20; SozR 1500 § 144 Nrn 4, 16 und § 146 Nr 14). Für beide prozessuale Ansprüche ist die Zulässigkeit der Berufung zu bejahen.
Soweit die Berufung des Klägers die Rückforderung der 1.791,40 DM betrifft, ist sie nach § 143 SGG statthaft; denn da die Höhe des Rückforderungsbetrages auch nach der erfolgten Einschränkung des Klageantrages den Beschwerdewert von 1.000,-- DM übersteigt, greift die die Statthaftigkeit der Berufung bei Ersatz-, Erstattungs- und Rückforderungsstreitigkeiten einschränkende Vorschrift des § 149 SGG nicht ein. Auch hinsichtlich der Aufhebung der Leistungsbewilligung ist die Berufung des Klägers nicht nach § 144 Abs 1 SGG unzulässig, was der Fall wäre, wenn es sich um Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen (drei Monate) handelte. Die Rechtsmittelfähigkeit eines Anspruchs ist grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels zu beurteilen (BSGE 16, 134, 135; 37, 64, 65). Eine bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem LSG eintretende Verringerung der Beschwer ist daher für die Zulässigkeit der Berufung in der Regel - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - ohne Bedeutung (BSGE 16, 134, 135). Im Zeitpunkt der Berufungseinlegung war noch die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung für die Zeit vom 18. Januar bis 30. April 1977 im Streit, so daß die Berufung wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen (drei Monaten) betraf.
Wie das LSG zutreffend erkannt hat, kommt als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Alg-Bewilligung nur § 151 Abs 1 AFG idF des Gesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) in Betracht. Zwar ist diese Vorschrift durch Art II § 2 Nr 1 Buchst a SGB 10 vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) gestrichen worden. Indes ist das SGB 10 erst am 1. Januar 1981 in Kraft getreten (Art II § 40 Abs 1 SGB 10). Dies hat zur Folge, daß im Rahmen von Anfechtungsklagen die Rechtmäßigkeit einer vor dem 1. Januar 1981 erfolgten Aufhebung einer Bewilligung im Arbeitsförderungsrecht, wie sie hier vorliegt, weiterhin nach §151 Abs 1 AFG aF zu beurteilen ist, wie das BSG wiederholt entschieden hat (BSGE 52, 47, 48 = SozR 4100 § 117 Nr 7; SozR 1200 § 31 Nr 1; BSG SozR 1300 § 45 Nr 1; SozR 5866 § 12 Nr 6; sowie Urteile vom 11. November 1982 - 7 RAr 16/82, vom 16. Februar 1983 - 7 RAr 105/81, vom 22. August 1984 - 7 RAr 46/84). Danach sind Entscheidungen, durch die Leistungen bewilligt worden sind, insoweit aufzuheben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Gemäß dieser Bestimmung kann daher die Aufhebung der Alg-Bewilligung erfolgen, wenn der Anspruch als solcher nicht entstanden ist, weil der Kläger die für die Gewährung von Alg erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 100 AFG nicht erfüllt hat, wenn nach Entstehung des Anspruchs eine dieser Anspruchsvoraussetzungen wieder beseitigt worden ist oder wenn - was hier allein in Betracht kommt - die Anspruchsberechtigung des Klägers gefehlt hat oder nachträglich weggefallen ist; denn aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, daß der Kläger aufgrund seiner Antragstellung vom 18. Januar 1977 dem Grunde nach Anspruch auf Alg besessen und die Anspruchsvoraussetzungen des § 100 AFG erfüllt hat. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Streitig ist allein, ob der Kläger als Folge des Bezugs von Sozialhilfeleistungen seinen Anspruch auf Zahlung von Alg für die Zeit vom 1. März bis 30. April 1977 verloren hat, sei es unmittelbar oder wegen der Erklärungen der Beigeladenen in ihrem Schreiben vom 26. Januar 1977.
Dies läßt sich nicht mit der Anrechnung der Sozialhilfeleistungen auf das Alg begründen. § 115 AFG, der die Anrechnung von Einkommen auf das Alg regelt, sieht insoweit nur die Berücksichtigung von Einkünften aus einer unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit vor.
Die Beklagte kann auch nicht geltend machen, der Anspruch des Klägers auf Alg gelte gemäß § 107 Abs 1 SGB 10, eingefügt durch Art I des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl I 1450), als erfüllt, weil insoweit ein Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers nach den §§ 102 ff SGB 10 bestehe. Die Vorschriften der §§ 86 ff SGB 10, die im allgemeinen erst am 1. Juli 1983 in Kraft getreten sind (Art II § 25 Abs 1 des Gesetzes vom 4. November 1982), finden nämlich auf den Anspruch des Klägers auf Alg noch keine Anwendung. Zwar sind nach Art II § 21 des Gesetzes vom 4. November 1982 bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften der §§ 86 ff SGB 10 zu Ende zu führen. Diese Vorschrift bezieht sich indes nur auf Erstattungs- und Rückerstattungsverfahren unter den Sozialleistungsträgern und setzt zudem voraus, daß ein solches Verfahren am 1. Juli 1983 begonnen, aber noch nicht zu Ende geführt war. Letzteres war hier nicht der Fall, weil die Beklagte der Beigeladenen die 3.008,20 DM schon 1977 gezahlt hat und erst 1986 während des Berufungsverfahrens in Erwägung gezogen hat, daß die Beigeladene den Betrag rückerstatten müßte, falls sie ihn ohne Rechtsgrund erzielt haben sollte.
Dem Anspruch des Klägers könnte hiernach nur noch die Erklärung der Beigeladenen vom 26. Januar 1977 entgegenstehen. Das wäre der Fall, wenn dieses Schreiben als Überleitungsanzeige iS von § 90 BSHG gewertet werden könnte. Dies ist jedoch nicht möglich.
Nach § 90 BSHG kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den Drittschuldner bewirken, daß ein Anspruch des Hilfeempfängers bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht, für die er diesem Hilfe ohne Unterbrechung gewährt hat. Nach der bis zum 30. Juni 1983 geltenden Fassung der Vorschrift, auf die sich die Rechtsauffassung der Beklagten allein stützen läßt, konnten auch Ansprüche gegen Sozialleistungsträger übergeleitet werden. Die Überleitung bewirkt einen Gläubigerwechsel, verändert im übrigen den übergeleiteten Anspruch nicht und besagt mithin nichts über dessen Bestand, Höhe und Inhalt (vgl BSG SozR 1500 § 75 Nr 37). Dem Schuldner verbleiben folglich alle Rechtseinwendungen auch gegenüber dem Sozialhilfeträger, wie sie ihm gegenüber dem eigentlichen Anspruchsinhaber zustanden. Der Sozialhilfeträger kann den übergeleiteten Anspruch nur in dem Maße und unter denselben Voraussetzungen geltend machen wie der Hilfeempfänger. Hinsichtlich des übergeleiteten Anspruchs kommt dem Sozialhilfeträger nur die Stellung zu, die auch dem Hilfeempfänger gegenüber seinem Schuldner zusteht. Das hat zur Folge, daß die Beklagte auch dann, wenn es sich bei dem Schreiben der Beigeladenen um eine wirksame Überleitung gehandelt hätte, nicht das Recht besaß, deswegen die Bewilligungsbescheide aufzuheben. Vielmehr darf sie in solchen Fällen nur dem Gläubigerwechsel Rechnung tragen, dh sie besitzt in dem Umfange, in dem der Anspruch des Klägers übergeleitet worden ist, gegenüber diesem ein Leistungsverweigerungsrecht. Auch dies steht ihr indessen im vorliegenden Falle mangels wirksamer Überleitung nicht zu.
Die Überleitung ist, weil sie einen Gläubigerwechsel bewirkt, eine hoheitliche Maßnahme, die der Sozialhilfeträger zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die schriftliche Überleitungsanzeige ist daher ein Verwaltungsakt. Das hat zur Folge, daß die Überleitungsanzeige inhaltlich hinreichend bestimmt sein muß (§ 33 Abs 1 SGB 10).
Voraussetzung für das Vorliegen einer wirksamen Überleitungsanzeige ist mithin, daß in der Anzeige der überzuleitende Anspruch bezeichnet ist, die Anzeige folglich erkennen läßt, daß der Übergang dieses Anspruchs des Hilfeempfängers in Höhe der ihm gewährten Sozialhilfeleistungen auf den Sozialhilfeträger bewirkt werden soll; ferner ist die Angabe von Zeitraum und Höhe der gewährten Hilfe erforderlich, wegen der die Überleitung erfolgt (vgl BVerwGE 29, 229, 231; 34, 219, 225; 42, 198, 200; 50, 64; 55, 23; BSG Urteile vom 12. April 1984 - 7 RAr 27/83 -, vom 24. Mai 1984 - 7 RAr 70/83 - und vom 23. Oktober 1985 - 7RAr 26/85). Diesen Anforderungen genügt das Schreiben der Beigeladenen vom 26. Januar 1977 nicht.
Gegen das Vorliegen einer Überleitung spricht schon der Wortlaut des Schreibens der Beigeladenen, wonach aus den gegen den dortigen Leistungsträger bestehenden Ansprüchen des Hilfeempfängers nach §§ 1531 ff RVO iVm § 140 BSHG Ersatzanspruch angemeldet werde. Damit hat die Beigeladene zu erkennen gegeben, daß sie einen eigenen und keinen abgeleiteten Anspruch geltend machen wollte, wie das bei der Überleitung der Fall ist. Auch sonst läßt das Schreiben nicht erkennen, daß der Übergang des Anspruchs des Hilfeempfängers -hier des Klägers - in Höhe der ihm gewährten Sozialhilfe durch eine Überleitungsanzeige bewirkt werden sollte. Insbesondere enthält das Schreiben keinen Hinweis auf § 90 BSHG aF, namentlich hinsichtlich der Voraussetzungen und der Rechtsfolgen. Zu Unrecht meint die Beklagte, das LSG habe sich nicht an die vom BSG (BSGE 41, 237, 238 = SozR 5910 § 90 Nr 2) vertretene Rechtsansicht gehalten, wonach eine Überleitungsanzeige auch ohne Hinweis auf die Bestimmung des § 90 BSHG aF als eine solche zu werten sei. Die Beklagte übersieht, daß eine solche Wertung nur dann zu dem von ihr gewünschten Ergebnis führen kann, wenn jedenfalls andere Umstände für das Vorliegen einer Überleitung sprechen. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr spricht die Form des Schreibens der Beigeladenen, nach der es sich um die Anmeldung eines Ersatzanspruchs handelt, also um schlichtes Verwaltungshandeln, dagegen, daß die Beigeladene eine Überleitungsanzeige erstatten wollte. Eine Überleitungsanzeige ist ein Verwaltungsakt. Dem ist aber eigen, daß er eine Regelung trifft (§ 31 SGB 10). Inwiefern das hier der Fall sein soll, läßt sich dem Schreiben der Beigeladenen nicht entnehmen. Auch die Tatsache, daß für den von der Beigeladenen geltend gemachten Erstattungsanspruch keine gesetzliche Grundlage besteht, weil die Bestimmungen der RVO nicht das Verhältnis des Sozialhilfeträgers zur Beklagten betreffen (BSGE 41, 237, 239 = SozR 5910 § 90 Nr 2), rechtfertigt es nicht, ihr Schreiben als Überleitungsanzeige zu werten. Einer solchen Auslegung stehen die Erklärung der Beigeladenen und der Umstand entgegen, daß, wie das LSG festgestellt hat, weder die Beklagte noch die Beigeladene in der Folgezeit von einem Anspruchsübergang ausgegangen sind.
Zutreffend hat das LSG ferner darauf hingewiesen, daß für die Beteiligten und vor allem für den Adressaten nicht erkennbar gewesen ist, die Beigeladene habe mit ihrem Schreiben vom 26. Januar 1977 zum Ausdruck bringen wollen, der Anspruch des Klägers auf Alg stehe im Umfang des Sozialhilfebezugs nicht mehr dem Kläger sondern ihr zu. Die Beklagte greift zwar die dem zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen des LSG an. An diese ist der Senat jedoch gebunden, da die Beklagte in bezug auf diese Feststellungen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht hat (§ 163 SGG). Insbesondere greift die von ihr geltend gemachte Verletzung des § 128 SGG nicht durch.
Hiernach ist davon auszugehen, daß dem Kläger in der Zeit vom 1. März bis 30. April 1977 uneingeschränkt der bewilligte Anspruch auf Zahlung von Alg zustand. Deshalb durfte die Beklagte die Bewilligung der Leistung nicht aufheben.
Die Rückforderung des gezahlten Alg für den vorstehenden Zeitraum ist nicht begründet. Nach § 152 Abs 1 AFG in der hier noch bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Fassung war Voraussetzung für die Rückforderung, daß die Bewilligungsbescheide aufgehoben worden sind oder die Leistung ohne Entscheidung gewährt worden ist. Beides trifft hier nicht zu. Die Bewilligungsbescheide sind nach den vorstehenden Ausführungen nicht rechtswirksam aufgehoben worden. Der Kläger hat das Alg auch nicht ohne Entscheidung erhalten, sondern aufgrund der Bewilligungsbescheide.
Hiernach hat das LSG zutreffend der Berufung des Klägers stattgegeben. Die Revision der Beklagten kann somit keinen Erfolg haben. Zu Recht weist die Beklagte allerdings darauf hin, daß das LSG über den Antrag des Klägers in seinem Urteilsausspruch hinausgegangen ist. Da es sich hier um ein offensichtliches Versehen handelt, hat der Senat den Tenor des Urteils des LSG neu gefaßt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen