Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung. Eintritt der Versicherungs-/Beitragspflicht. Unkenntnis vom Bestehen der Versicherung. Wechselbeziehung von Beitrag und Leistung. Umwandlung von Sachleistungsansprüchen in Kostenerstattungsansprüche
Leitsatz (amtlich)
Eine Unkenntnis des Versicherten und/oder des Beitragspflichtigen vom Bestehen der Versicherung schließt für sich allein eine Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht aus (Abgrenzung zu BSG 17.12.1980 12 RK 34/80 = BSGE 51, 89 = SozR 2200 § 381 Nr 44; BSG 30.11.1983 5a RKn 3/83 = SozR 2200 § 313 Nr 8; BSG 9.10.1984 12 RK 46/82).
Orientierungssatz
1. Als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben setzt die Verwirkung voraus, daß zum einen die Ausübung eines Rechts während eines längeren Zeitraums unterblieben ist und zum anderen besondere Umstände das verspätete Geltendmachen nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber nun als illoyal erscheinen lassen (vergleiche BSG 30.11.1978 12 RK 6/76 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 mwN und BSG 26.8.1983 10 RAr 4/82 = SozR 4100 § 186a Nr 17).
2. Weder dem Wortlaut der §§ 2 Abs 1 Nr 3, 47 Nr 3, 64 Abs 2 S 1 KVLG noch anderen in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften ist etwas dafür zu entnehmen, daß es zum Eintritt der Versicherungs- und Beitragspflicht einer Kenntnis des Versicherten oder des Arbeitgebers vom Versicherungsverhältnis bedarf; das Gesetz läßt vielmehr keinen Zweifel daran, daß die Versicherungs- und Beitragspflicht unmittelbar mit der Verwirklichung des sie begründenden Tatbestandes eintritt, ohne daß es auf den Willen oder das Bewußtsein der Beteiligten ankommt. Ein anderes Ergebnis läßt sich weder aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, noch aus der Wechselbeziehung von Beitrag und Leistung, noch auch aus dem die gesetzliche Krankenversicherung beherrschenden Sachleistungsprinzip herleiten.
3. Die Umwandlung von Sachleistungsansprüchen in Kostenerstattungsansprüche kann auch bei zeitweiser Unkenntnis vom Versicherungsschutz schon zur Vermeidung einer "Bereicherung" des Versicherungsträgers nicht ausgeschlossen werden. Wenn der Versicherungsträger rückwirkend Beiträge verlangt, könnte erwartet werden, daß er dann auch für anderweit in Anspruch genommene Leistungen insoweit Ersatz in Geld gewährt, als er für eigene Leistungen finanzielle Mittel hätte aufbringen müssen. Das Verlangen von Beiträgen für vergangene Zeiten läßt sich daher nicht als rein einseitige Begünstigung des Versicherungsträgers (der durch ihn vertretenen Solidargemeinschaft) werten.
Normenkette
KVLG § 2 Abs 1 Nr 3, §§ 61, 64 Abs 2; BGB § 242; RVO § 306 Abs 1; KVLG § 47 Nr 3; RVO § 182 Abs 1 Nr 1; KVLG § 13
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 07.09.1983; Aktenzeichen L 8 Kr 16/83) |
Hessisches LSG (Entscheidung vom 07.09.1983; Aktenzeichen L 8 Kr 1357/82) |
SG Marburg (Entscheidung vom 26.11.1982; Aktenzeichen S 6 Kr 25/82) |
Tatbestand
Streitig ist (noch), ob der Kläger als landwirtschaftlicher Unternehmer nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) für die Beigeladene als mitarbeitende Familienangehörige Beiträge an die Beklagte auch für die vergangene Zeit von Dezember 1976 bis Juli 1981 entrichten muß.
Der Kläger bewirtschaftet seit März 1972 ein landwirtschaftliches Unternehmen, das mit 5,09 ha Ackerland und 1,40 ha Grünland eine Existenzgrundlage im Sinne des Gesetzes bildet. Er hatte im Dezember 1972 bei der Beklagten seine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 94 Abs 1 KVLG beantragt, ohne daß damals darüber entschieden worden war. Die Beigeladene, Tante des Klägers, hatte im April 1976 und erneut im Januar 1981 bei der landwirtschaftlichen Alterskasse (AK) angefragt, ob sie als im Unternehmen des Klägers tätige landwirtschaftliche Gehilfin in diese Kasse aufgenommen werden könne.
Nachdem die Beklagte im Februar/März 1981 hiervon erfahren hatte, prüfte sie die Versicherungspflicht des Klägers und der Beigeladenen nach dem KVLG. Sie stellte die Versicherungspflicht des Klägers nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG fest, befreite ihn auf den früheren Antrag dann aber hiervon, wodurch sich die hiergegen erhobene Klage erledigte. Mit einem Bescheid vom 14. Juli 1981 stellte sie ferner die Versicherungspflicht der Beigeladenen nach § 2 Abs 1 Nr 3 KVLG fest und verlangte vom Kläger die Zahlung der Beiträge ab 1. Dezember 1976.
Auf die auch dagegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) die Verpflichtung zur Beitragszahlung für die Beigeladene auf die Zeit ab dem 1. August 1981 beschränkt. Von den eingelegten Berufungen hatte die der Beklagten Erfolg; das Landessozialgericht (LSG) hat auf sie die Klage voll abgewiesen und ausgeführt: Die Beigeladene sei seit 1972 im landwirtschaftlichen Unternehmen des Klägers hauptberuflich tätig und unterliege somit der Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 3 KVLG. Eine Möglichkeit der Befreiung gebe es für sie nicht. Demgemäß sei der Kläger nach § 64 Abs 2 Satz 1 KVLG zur Beitragsleistung ab dem 1. Dezember 1976 verpflichtet. Die Beklagte habe insoweit die Verjährungsvorschriften zutreffend angewandt. An der Geltendmachung ihres Anspruchs sei die Beklagte auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung nicht gehindert. Ein bloßes Unterlassen einer Aufklärung über die Versicherungs- und Beitragspflicht reiche dafür nicht aus, ein vertrauensbegründendes Fehlverhalten der Beklagten sei nicht festzustellen. Darauf, ob die Beigeladene vom Versicherungsschutz aus Unkenntnis keinen Gebrauch gemacht habe, komme es nicht an; soweit im Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Dezember 1980 (SozR 2200 § 381 Nr 44 = BSGE 51, 89) eine andere Ansicht anklinge, könne dem nicht gefolgt werden.
Der erkennende Senat hat auf die Beschwerde des Klägers die Revision insoweit zugelassen, als die Beitragspflicht des Klägers für die Beigeladene für Zeiten vor September 1981 streitig ist. Mit der darauf eingelegten Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 2 Abs 1 Nr 3 KVLG iVm § 64 Abs 1 und 2 Satz 1 KVLG, § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch (SGB X), § 29 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) aF, Art II § 15 SGB X und § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Nach seiner Ansicht hat das LSG verkannt, daß die Beitragspflicht auch die Kenntnis des Berechtigten vom Versicherungsverhältnis fordere. Dies ergebe sich sowohl aus der Wechselbeziehung zwischen Beitragspflicht und Leistungsansprüchen als auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Es widerspreche diesem Grundsatz, wenn der Versicherungsträger für Zeiten Beiträge beanspruche, in denen der Versicherte infolge fehlender Unterrichtung keinen Gebrauch von seiner Rechtsstellung habe machen können. Dies gelte nicht nur für den Fall einer rückwirkenden Herstellung von Versicherungspflicht, sondern auch dann, wenn das Versicherungsverhältnis von Anfang an bestanden habe, dem Versicherten aber unbekannt geblieben sei.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts abzuändern und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Beigeladene in der streitig gebliebenen Zeit (Dezember 1976 bis Juli 1981) nach § 2 Abs 1 Nr 3 KVLG bei der Beklagten versichert war. Der Kläger hat die dem zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht angegriffen, so daß diese für den erkennenden Senat bindend sind (§ 163 SGG); rechtliche Bedenken gegen die vom LSG aus seinen Feststellungen gezogene Schlußfolgerung sind weder vom Kläger erhoben noch sonst ersichtlich. Der sich daraus ergebende Anspruch der Beklagten gegen den Kläger auf Beitragszahlung (§ 64 Abs 2 KVLG) ist, wie das LSG zutreffend erkannt hat, weder verjährt, noch verwirkt noch auch durch eine etwaige Unkenntnis des Klägers und/oder der Beigeladenen vom Bestehen der Versicherung ausgeschlossen.
Die Verjährungsvorschriften hat die Beklagte, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat, beachtet. Eine Verwirkung der Beitragsforderung ist schon deswegen ausgeschlossen, weil die Feststellungen des LSG keinen Anhalt für ein Verwirkungsverhalten der Beklagten bieten. Als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben setzt die Verwirkung voraus, daß zum einen die Ausübung eines Rechts während eines längeren Zeitraums unterblieben ist und zum anderen besondere Umstände das verspätete Geltendmachen nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber nun als illoyal erscheinen lassen (SozR 2200 § 1399 Nr 11 mwN; vgl auch SozR 4100 § 186a Nr 17). Solche Umstände können sonach nur in einem über die bloße Nichtausübung des Rechts hinausgehenden Verhalten des Berechtigten gefunden werden, auf Grund dessen der Verpflichtete bei seinen Dispositionen darauf vertrauen durfte, daß der Berechtigte sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Hier hat die Beklagte ihren Anspruch lediglich deshalb nicht früher geltend gemacht, weil der Kläger seiner Meldepflicht (§ 61 Abs 2 Satz 1 KVLG) nicht nachgekommen war und sie daher erst im Jahre 1981 von dem die Versicherungspflicht begründenden Sachverhalt erfahren hatte; einen Vertrauenstatbestand für die Annahme, daß der Kläger von der Beitragspflicht für die Beigeladene frei bleiben werde, hat sie nicht gesetzt; der Befreiungsantrag von Dezember 1972, über den damals nicht entschieden wurde, betraf nur die eigene Versicherungspflicht des Klägers. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, die Beklagte habe 1972 die Beigeladene nicht wie die übrigen mitarbeitenden Familienangehörigen in einem Schreiben auf die für sie eintretende Lage nach dem KVLG hingewiesen, kann dieser Vortrag - ungeachtet der Frage, ob darin ein Verwirkungsverhalten der Beklagten zu sehen wäre - schon als neues tatsächliches Vorbringen nicht berücksichtigt werden.
Ob der Kläger und die Beigeladene vom Bestehen der Versicherung Kenntnis hatten, hat das LSG nicht festgestellt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden; selbst wenn Kläger und Beigeladene nichts davon gewußt haben sollten, daß die Beigeladene bei der Beklagten versichert war, würde das an der Beitragspflicht des Klägers nichts ändern.
Weder dem Wortlaut der §§ 2 Abs 1 Nr 3, 47 Nr 3, 64 Abs 2 Satz 1 KVLG noch anderen in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften ist etwas dafür zu entnehmen, daß es zum Eintritt der Versicherungs- und Beitragspflicht einer Kenntnis des Versicherten oder des Arbeitgebers vom Versicherungsverhältnis bedarf; das Gesetz läßt vielmehr keinen Zweifel daran, daß die Versicherungs- und Beitragspflicht unmittelbar mit der Verwirklichung des sie begründenden Tatbestandes eintritt, ohne daß es auf den Willen oder das Bewußtsein der Beteiligten ankommt. Ein anderes Ergebnis läßt sich weder aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, noch aus der Wechselbeziehung von Beitrag und Leistung, noch auch aus dem die gesetzliche Krankenversicherung beherrschenden Sachleistungsprinzip herleiten. Zum Grundsatz von Treu und Glauben ist bereits ausgeführt, daß der Anspruch der Beklagten nicht verwirkt ist; insoweit ist der Beklagten auch kein sonstiger Widerspruch zu einem früheren Verhalten (venire contra factum proprium) vorzuwerfen; es bliebe also nur die Unkenntnis des Klägers bzw der Beigeladenen vom Versicherungsschutz; sie allein kann aber das Geltendmachen des Beitragsanspruchs nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Ebensowenig läßt sich aus dem Gedanken der Wechselbeziehung von Beitrag und Leistung die Folgerung ableiten, daß Beiträge nur für Zeiten verlangt werden können, für die Leistungen in Anspruch genommen worden sind oder noch in Anspruch genommen werden können. Die gesetzliche Krankenversicherung beruht auf dem Prinzip der Solidarität der Versicherten und ihrer Arbeitgeber, so daß die Beiträge des Einzelnen nicht nur seiner eigenen Sicherung, sondern auch der Sicherung der gesamten Solidargemeinschaft in Krankheitsfällen dienen. Daraus, daß die von der Versicherung abgedeckten Risiken gemeinsam getragen werden, folgt somit notwendigerweise, daß einem Versicherten während eines längeren oder kürzeren Zeitraums Leistungen zufließen können, deren Wert den seiner Beitragsleistung weit übersteigen, während ein anderer Versicherter keinerlei Leistungen erhalten hat; darauf, ob letzterer im Einzelfall solche Leistungen hätte in Anspruch nehmen können oder aus Unkenntnis nicht in Anspruch genommen hat, kommt es nicht an (vgl dazu SozR 4100 § 186a Nr 17). Aus dem Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung ergibt sich schließlich nichts anderes. Es ist zwar richtig, daß Sachleistungen wie insbesondere Krankenpflege und Krankenhauspflege (§ 12 Nr 1 und 2 KVLG) für zurückliegende Krankheiten sowie vorbeugende Maßnahmen nicht nachträglich gewährt werden können. Aber abgesehen davon, daß aus der gesetzlichen Krankenversicherung auch Barleistungen wie vor allem das Krankengeld (§ 12 Nr 4 KVLG) gewährt werden, deren nachträgliche Zahlung keinen Schwierigkeiten begegnet, hat die Rechtsprechung in nicht wenigen Fällen (vgl die Zusammenstellung in BSGE 53, 273, 276 f) die Umwandlung von Sachleistungsansprüchen in Kostenerstattungsansprüche anerkannt. Eine solche kann auch bei zeitweiser Unkenntnis vom Versicherungsschutz schon zur Vermeidung einer "Bereicherung" des Versicherungsträgers nicht ausgeschlossen werden. Wenn der Versicherungsträger rückwirkend Beiträge verlangt, könnte erwartet werden, daß er dann auch für anderweit in Anspruch genommene Leistungen insoweit Ersatz in Geld gewährt, als er für eigene Leistungen finanzielle Mittel hätte aufbringen müssen. Das Verlangen von Beiträgen für vergangene Zeiten läßt sich daher nicht als rein einseitige Begünstigung des Versicherungsträgers (der durch ihn vertretenen Solidargemeinschaft) werten.
Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht iS von § 42 SGG von den Urteilen des 3. Senats vom 18. April 1975 (BSGE 39, 235), des 12. Senats vom 17. Dezember 1980 (BSGE 51, 89) und des 5a Senats vom 30. November 1983 (SozR 2200 § 313 Nr 8) ab. Diese Entscheidungen betrafen andere Sachverhalte, die auch der erkennende Senat im Ergebnis ebenso beurteilt hätte. Der 3. Senat hat in seinem Urteil bei einer rückwirkenden Rentenfeststellung nach langer zurückliegender bindender Rentenablehnung die Versicherungspflicht nach § 315a RVO erst mit der Bekanntgabe des neuen Rentenbescheides beginnen lassen; ein Versicherungsverhältnis könne erst entstehen, wenn die Beteiligten zumindestens die Möglichkeit (rechtliche Möglichkeit) besäßen, ihre Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsverhältnis wahrzunehmen; die nachträgliche Rentenfeststellung könne nicht zur nachträglichen Begründung der Mitgliedschaft führen "im Gegensatz zu dem Fall, daß die Beteiligten eines Versicherungsverhältnisses gegebene Voraussetzungen zunächst verkannt haben und erst späterhin erkennen" (aa0 S 238). Letzteres traf hier zu; die Beteiligten hatten die rechtliche wie überdies auch die tatsächliche Möglichkeit, in der streitigen Zeit ihre Rechte und Pflichten aus der Versicherung der Beigeladenen wahrzunehmen; sie haben sie lediglich erst später erkannt. Die Entscheidungen des 12. Senates und des 5a Senates gehen für die erörterten Sachverhalte davon aus, daß der Versicherte aufgrund eines fehlerhaften Verhaltens eines Versicherungsträgers von dem Versicherungsschutz keine Kenntnis hatte; sie sprechen daher ausdrücklich von einem Verstoß gegen Treu und Glauben in der Form des "venire contra factum proprium". Bei einem solchen Verstoß kann auch nach der Ansicht des erkennenden Senats die rückwirkende Beitragspflicht entfallen (dann dürfen aber auch keine rückwirkenden Leistungen verlangt werden); im hier zu entscheidenden Falle ist, wie schon dargelegt, der Beklagten jedoch kein fehlerhaftes Verhalten zur Last zu legen. Der 12. Senat hat allerdings darüber hinaus die Meinung vertreten, daß in der Regel nur bei einer Kenntnis des Versicherten vom bestehenden Versicherungsschutz die Grundlage für einen Beitragsanspruch gegeben sei (aaO S 98), und der 5a Senat hat ua hierauf Bezug genommen. Diese Ausführungen des 12. Senats gehören jedoch schon deshalb nicht zu den tragenden Gründen seiner Entscheidung, weil sie nur in Hinweisen an das LSG für eine mögliche Entwicklung des Rechtsstreits nach der Zurückverweisung enthalten sind; beim 5a Senat sind die Ausführungen in diejenigen über den Verstoß gegen Treu und Glauben eingeordnet.
Der hier getroffenen Entscheidung steht ferner nicht das neuere Urteil des 12. Senats vom 9. Oktober 1984 - 12 RK 46/82 - entgegen, in dem der 12. Senat wieder ausführt, es könne gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die Krankenkasse Beiträge für einen Zeitraum nachfordert, in dem der Versicherte mangels Kenntnis von seiner Versicherung keine Leistungsansprüche erheben konnte. Der erkennende Senat läßt offen, ob hierbei an frühere Entscheidungen des RVA (AN 17, 396; 37, 73) und des BSG (BSGE 17, 173, 176; 21, 52, 55; 39, 235, 237) angeknüpft werden konnte, die nach Meinung des erkennenden Senats einen solchen Grundsatz nicht bestätigen. Denn auch in dem am 9. Oktober 1984 entschiedenen Fall des 12. Senats traten noch besondere Umstände für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben hinzu; es war die Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung nach § 517 Abs 2 RVO versehentlich unterblieben und so eine unbeabsichtigte Doppelmitgliedschaft bei der Ersatzkasse und der gesetzlichen Krankenkasse entstanden. Im übrigen hat der 12. Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls dargelegt, daß "in der - vom Solidaritätsprinzip beherrschten - Sozialversicherung Vorteile und Lasten für den einzelnen Versicherten nicht äquivalent zu sein brauchen, daß Beiträge daher uU auch für Zeiten (nach)gezahlt werden müssen, für die Versicherungsschutz nicht oder nicht voll in Anspruch genommen werden konnte; das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber eine rechtzeitige Meldung eines - etwa irrtümlich als nicht versicherungspflichtig angesehenen - Arbeitnehmers unterlassen hatte". Daß hier letzteres zutraf, ist bereits dargelegt.
Zur Höhe der Beitragsforderung sind keine Bedenken geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.
Nicht zu entscheiden hat der Senat, ob die Beklagte, weil dem Kläger die nachträgliche Zahlung von 6.600,-- DM bei der gegebenen Betriebsgröße schwer fallen dürfte, von den in § 76 Abs 2 SGB IV eröffneten Möglichkeiten zur Milderung von Härten (Stundung, Niederschlagung, Erlaß) Gebrauch zu machen hat; das muß späteren Entscheidungen der Beklagten überlassen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen