Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. November 1964 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Kläger und Revisionsbeklagter ist der Enkel der inzwischen verstorbenen Eheleute B. (im folgenden mit B. bezeichnet). Diese hatten aufgrund eines Urteils des Sozialgerichts (SG) Landshut vom 22. März 1954 Elternrente erhalten, die das Versorgungsamt (VersorgA) nach Aufhebung dieses Urteils und nach Abweisung der Klage durch Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 14. Februar 1958 mit dem verbindlich gewordenen Bescheid vom 20. Mai 1958 von den Empfängern zurückforderte.

Mit Vertrag vom 6. Mai 1957 hatte der Kläger das Anwesen seiner Großeltern übernommen. Diese sind nach ihrem Tode allein von ihrer Tochter Maria K. – der Mutter des Klägers – beerbt worden. Mit Bescheid vom 12. September 1960 forderte das VersorgA Landshut vom Kläger die seinen Großeltern in der Zeit vom 22. März 1954 bis zum 31. Mai 1957 (dem Monat der Übergabe ihres Anwesens) gezahlten Leistungen in Höhe eines nach einer Verrechnung verbliebenen Restbetrages von 1.298,97 DM zurück mit der Begründung, daß der Kläger mit der Übernahme des Anwesens gemäß § 419 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auch für die Verpflichtungen seiner Großeltern hafte. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Bescheid vom 10. März 1961). Das SG hob durch Urteil vom 25. Oktober 1961 den angefochtenen Bescheid auf, weil der Kläger nicht das ganze Vermögen übernommen habe und somit die Voraussetzungen des § 419 Abs. 1 BGB nicht erfüllt seien. Der Beklagte legte Berufung ein mit dem Antrag, das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragte die Zurückweisung der Berufung und hilfsweise, ihm die Beschränkung der Haftung auf das übernommene Vermögen vorzubehalten. Das LSG hat mit Urteil vom 26. November 1964 auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG vom 25. Oktober 1961 und den Bescheid des VersorgA vom 12. September 1960 aufgehoben; es hat ferner die weitergehende Berufung zurückgewiesen und die weitergehende Klage abgewiesen. In der Begründung ist ausgeführt, die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sei nach § 51 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegeben, weil der vom VersorgA gegen den Kläger erlassene Bescheid der Nachprüfung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unterliege. Dieser Bescheid sei jedoch rechtswidrig, weil er nicht die Regelung eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten betreffe, ein solches Verhältnis habe nur zwischen dem Beklagten und den Eheleuten B. bestanden und sei schon durch den Bescheid vom 20. Mai 1958 abschließend geregelt worden. Es könne dahinstehen, ob der Kläger das Vermögen der Eheleute B. durch Vertrag übernommen habe, eine Haftung des Klägers würde in diesem Fall allein wegen der Tatsache der Vermögensübernahme nach § 419 BGB gegeben sein, aber nicht deswegen, weil gegen die Eheleute B. ein Schuldtitel, der Rückforderungsbescheid vom 20. Mai 1958, vorliege. Der Anspruch gegen den Kläger beruhe somit nicht auf versorgungsrechtlichen Beziehungen, sondern ausschließlich auf dessen bürgerlich-rechtlicher Verpflichtung als Vermögensübernehmer aus § 419 BGB. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob bei der Umschreibung eines öffentlich-rechtlichen Vollstreckungstitels auf einen bürgerlich-rechtlichen Schuldübernehmer der öffentlich-rechtliche Charakter der Forderung bestehen bleibe, da eine solche Umschreibung nicht stattgefunden habe und nach § 198 SGG i.V.m. § 729 der Zivilprozeßordnung (ZPO) auch nicht zulässig gewesen wäre, weil die Vermögensübernahme bereits vor der rechtsverbindlichen Feststellung des Erstattungsanspruchs gegen die Eheleute B. stattgefunden habe. Da der Kläger nicht deren Erbe sei, müßten auch alle rechtlichen Erwägungen außer Betracht bleiben, die sich auf die Rechtsstellung des Erben als Rechtsnachfolger im Sinne des § 1922 BGB beziehen. Der Kläger sei nicht in das zwischen dem Beklagten und den Eheleuten B. bestehende öffentlich-rechtliche Verhältnis eingetreten, eine nach § 419 Abs. 1 BGB bestehende bürgerlich-rechtliche Verpflichtung des Klägers könne jedoch nicht durch einen Verwaltungsakt festgestellt werden. Der angefochtene Bescheid sei somit rechtswidrig und aufzuheben. Gleichzeitig müsse auch das Urteil des SG aufgehoben werden, weil es zu Unrecht über die nicht in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fallenden materiellen Voraussetzungen der Haftung aus § 419 Abs. 1 BGB entschieden habe.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen dieses am 5. Januar 1965 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 27. Januar 1965, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 28. Januar 1965, Revision eingelegt. Er beantragt,

  • das Urteil des LSG vom 26. November 1964 insoweit aufzuheben, als es den Rückforderungsbescheid vom 12. September 1960 aufgehoben, die Klage nicht in vollem Umfang abgewiesen und die Berufung teilweise zurückgewiesen hat,
  • hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

In der Revisionsbegründung vom 1. April 1965, die innerhalb der bis zum 5. April 1965 verlängerten Begründungsfrist am 3. April 1965 beim BSG eingegangen ist, rügt der Beklagte eine unrichtige Anwendung des § 51 Abs. 1 SGG. Er meint, da der in dem Bescheid vom 20. Mai 1958 gegen die Eheleute B. festgestellte Erstattungsanspruch öffentlich-rechtlicher Natur gewesen sei, beruhe auch die Forderung gegen den Kläger auf einem öffentlich-rechtlichen Anspruch. Daran ändere sich nichts, wenn der Schuldner durch ein ziviles Rechtsgeschäft wechsele und durch einen bürgerlich-rechtlichen Vorgang ein Dritter neben dem „Erstschuldner aus einem öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis” in dessen Schuldnerposition eintrete. Durch die Vermögensübernahme nach § 419 Abs. 1 BGB sei der Kläger in die Schuldnerposition der Veräußerer – neben diesen – eingetreten; dieser Vorgang sei bürgerlich-rechtlich, der Rückerstattungsanspruch aber habe seine öffentlich-rechtliche Grundlage behalten. Da somit über einen öffentlich-rechtlichen Anspruch zu befinden gewesen sei, hätte das LSG auch sachlich darüber entscheiden müssen. Sein Urteil sei insoweit widerspruchsvoll, als es einerseits den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig erkläre, andererseits den Bescheid vom 12. September 1960 als rechtswidrig aufgehoben habe. Von seinem Standpunkt aus hätte das LSG diese Entscheidung nicht treffen dürfen. Im übrigen sei der angefochtene Bescheid als rechtmäßig anzusehen, denn die Voraussetzungen einer Haftung nach § 419 Abs. 1 BGB seien gegeben. Allerdings habe das LSG das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht geprüft und dazu noch keine Feststellungen getroffen, deshalb müsse hilfsweise die Aufhebung seines Urteils und die Zurückverweisung beantragt werden. Im übrigen wird auf das Vorbringen des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 1. April 1965 Bezug genommen.

Der Kläger hat sich der Revision angeschlossen. Er beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen,
  • hilfsweise das angefochtene Urteil für den Fall der Klagabweisung dahin abzuändern, daß dem Kläger die Beschränkung der Haftung auf den Bestand des übernommenen Vermögens vorbehalten wird.

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Zur Darstellung seines Vorbringens wird auf den Inhalt seiner Schriftsätze vom 1. März 1965 und 10. Mai 1965 verwiesen.

Die zugelassene Revision ist statthaft nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG und, da sie frist- und formgerecht eingelegt und begründet ist, auch zulässig (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist aber nicht begründet.

Der Beklagte rügt eine unrichtige Anwendung des § 51 SGG, die er darin sieht, daß das LSG sich nicht für zuständig gehalten habe, auch über die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Haftung nach § 419 BGB zu entscheiden. Diese Rüge ist nicht begründet. Angefochten ist der Bescheid vom 12. September 1960 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 1961, mit dem der Beklagte vom Kläger den Restbetrag der Versorgungsbezüge gefordert hat, die seinen Großeltern gezahlt und von ihnen zurückgefordert worden waren. Dieser Bescheid ist nach Form und Inhalt ein Verwaltungsakt. Mit ihm hat der Beklagte eine seiner Ansicht nach auf Grund des § 419 BGB bestehende bürgerlich-rechtliche Verpflichtung des Klägers in einer für die Regelung von Einzelfällen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts vorgesehenen hoheitlichen Anordnung festgestellt. Die rechtliche Qualifikation als Verwaltungsakt kommt einer hoheitlichen Anordnung unabhängig davon zu, ob die Verwaltungsbehörde zu ihrem Erlaß im besonderen Falle berechtigt war. Auch wenn die hoheitliche Anordnung der Verwaltungsbehörde im Einzelfall private Rechtsverhältnisse regelt, liegt ein Verwaltungsakt vor; dieser mag deswegen rechtswidrig sein, kann aber in den der Sozialgerichtsbarkeit unterworfenen Angelegenheiten nach § 51 Abs. 1 SGG nur von Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nachgeprüft und aufgehoben werden (vgl. BSG 15, 14). Da der Bescheid vom 12. September 1960 ein Verwaltungsakt ist, hat sich das LSG nach § 51 Abs. 1 SGG zutreffend zur Entscheidung des Streites über die Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes für zuständig gehalten.

Zutreffend hat das LSG auch entschieden, daß eine Verpflichtung des Klägers zur Rückerstattung nicht in einem Verwaltungsakt festgestellt werden kann, der Bescheid vom 12. September 1960 daher rechtswidrig und aufzuheben ist. Das LSG konnte bei dieser Entscheidung dahingestellt sein lassen, ob der Kläger tatsächlich das Vermögen der Eheleute B. übernommen hat und nach § 419 BGB für deren Verbindlichkeiten gegenüber dem Beklagten haftet, weil der Beklagte auf jeden Fall den Kläger nicht durch Verwaltungsakt für die gegen die Eheleute B. gemäß dem Bescheid vom 20. Mai 1958 bestehende Forderung auf Rückerstattung in Anspruch nehmen konnte. Durch Verwaltungsakt können nur Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Natur zwischen einem Träger öffentlicher Gewalt und den dieser Gewalt Unterworfenen geregelt werden. Ob Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Art bestehen oder ob bestehende Rechtsbeziehungen dem privaten Recht zuzurechnen sind, richtet sich nach dem materiellen Recht, das diesen Rechtsbeziehungen zugrunde liegt. Das bedeutet, daß auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung öffentlich-rechtliche Beziehungen zwischen dem Versorgungsträger und Personen als Gewalt Unterworfenen nur insoweit bestehen, als solche Beziehungen nach den Gesetzen der Kriegsopfer Versorgung geregelt sind. Derartige Beziehungen des Versorgungsträgers bestehen demnach grundsätzlich nur zu den Beschädigten sowie deren Hinterbliebenen, also den Witwen, Waisen und Eltern; zu sonstigen Personen bestehen versorgungsrechtliche Beziehungen nur dann, wenn diesen Personen ausdrücklich Ansprüche zuerkannt sind (so z. B. § 36 BVG). Der Kläger gehört aber zu diesen Personen nicht, so daß der Beklagte die Rechtsbeziehungen mit ihm, die nach seinem eigenen Vorbringen nur auf Grund bürgerlich-rechtlicher Vorschriften, nämlich des § 419 BGB bestehen, nicht durch Verwaltungsakt regeln könnte.

Dem Beklagten kann nicht gefolgt werden, soweit er meint, daß ebenso wie bei der Haftung der Erben auch bei einer Haftung anderer Personen nach § 419 BGB die Beklagte berechtigt sei, die ursprünglich gegen eine andere Person bestehenden Ansprüche auch gegen den Vermögensübernehmer durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Ihm ist allerdings zuzugeben, daß mit der neuen Rechtsprechung des BSG, wonach auch Erben durch Verwaltungsakt für solche Forderungen in Anspruch genommen werden können, die gegenüber dem Erblasser auf öffentlich-rechtlicher Grundlage nach Versorgungsgesetzen entstanden waren (Urteil vom 7. Dezember 1965 – 8 RV 749/64 = BSG 24, 190; Urteil vom 5. Juli 1966 – 9 RV 664/65 –; Urteil vom 12. Juli 1966 – 10 RV 560/63 – und Urteil vom 3. September 1966 – 9 RV 338/65 –), eine Durchbrechung des Grundsatzes erfolgt ist, nach dem Verwaltungsakte der Versorgungsbehörde nur gegen solche Personen gerichtet werden können, die nach dem Versorgungsrecht unmittelbar in Beziehung zum Versorgungsträger getreten sind. Soweit der Adressat eines Verwaltungsakts nicht in solchen unmittelbar versorgungsrechtlich geregelten Beziehungen zur Versorgungsbehörde steht, sondern überhaupt erst aufgrund eines bürgerlich-rechtlich geregelten Vorgangs – wie bei einem Erbgang – in Beziehungen zur Versorgungsbehörde tritt, sind seine Beziehungen zur Versorgungsbehörde nicht öffentlich-rechtlicher, sondern privat-rechtlicher Natur. Das mit dem Erblasser bestehende Rechtsverhältnis der Versorgungsbehörde erlischt mit dem Tode des Erblassers (BSG 15, 14, 16). Trotz dieses nur auf der Grundlage des bürgerlichen Rechts geknüpften Bandes zwischen dem Versorgungsträger und dem Erben hat die Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise deshalb die Regelung der Rechtsverhältnisse durch Verwaltungsakt zugelassen – und zwar soweit versorgungsrechtliche Ansprüche bereits gegenüber dem Erblasser entstanden waren –, weil der Erbe, soweit es sich um diese vermögensrechtlichen und höchst unpersönlichen Ansprüche handelt, voll an die Stelle des Erblassers kraft Gesetzes getreten ist (§§ 1922, 1967 BGB). Wenn aber ein Erbe in vermögensrechtlicher Beziehung kraft Gesetzes an die Stelle des Erblassers tritt, dann muß er sich auch billigerweise gefallen lassen, daß er ebenso wie der Erblasser selbst von dem Versorgungsträger behandelt wird und daß ihm gegenüber genauso wie gegenüber dem Erblasser die Rechtsbeziehungen durch Verwaltungsakt geregelt werden; dies muß um so mehr gelten, als es der Erbe in der Hand hat, das Eintreten in die Stellung des Erblassers durch Ausschlagung der Erbschaft zu verhindern. Mag auch das Band, das den Erben mit dem Versorgungsträger verbindet, bürgerlich-rechtlicher Natur sein, so wird in solchen Fällen doch der Gegenstand der Regelung durch Verwaltungsakt vornehmlich vom Versorgungsrecht her bestimmt sein, und bei einem Streit über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts wird sich dieser nicht auf die klare und eindeutige bürgerlich-rechtliche Haftung des Erben, sondern immer nur auf die versorgungsrechtlich geregelten Beziehungen erstrecken. Insoweit erscheint es auch in rechtspolitischer Hinsicht richtig, vermögensrechtliche Beziehungen aus dem Versorgungsrecht, in die der Erbe an Stelle des Erblassers eingetreten ist, durch Verwaltungssakt zu regeln und damit den Rechtsstreit der Zuständigkeit der Sozialgerichte zuzuführen, weil im Vordergrund der Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit eines solchen Verwaltungsakts immer Streitigkeiten über die Anwendung oder Auslegung versorgungsrechtlicher Vorschriften stehen werden.

All die Gründe, die für eine durch Verwaltungsakt zu treffende Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen den Versorgungsbehörden und den Erben sprechen, treffen nicht mehr zu, wenn dritte Personen nur über eine Haftung nach § 419 BGB in eine bürgerlich-rechtliche Beziehung zum Versorgungsträger treten. Abgesehen davon, daß es sich beim Haftungsübergang nach § 419 BGB nicht wie beim Erbfall um einen auf einem tatsächlichen Vorgang (Tod des Erblassers) beruhenden und kraft Gesetzes eintretenden Haftungsübergang handelt, sondern um einen Haftungsübergang, der auf einem Vertrag beruht, tritt der Vermögensübernehmer nach § 419 BGB auch nicht vollständig an die Stelle des Überlassers wie beim Erbfall, weil der Vermögensübernehmer nur neben dem Überlasser haftet. Die Erwägungen, die eine Durchbrechung des Grundsatzes der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen Versorgungsträger und Adressaten des Verwaltungsakts beim Erben ausnahmsweise zuließen, weil der Erbe in vollem Umfang an die Stelle des Erblassers tritt, treffen beim Vermögensübernehmer demnach nicht zu. Bei diesem ist also auch eine weitere Durchbrechung des Grundsatzes oder eine Ausdehnung der Ausnahmefälle vom Grundsatz nicht gerechtfertigt. Hinzu kommt, daß auch die rechtspolitischen Erwägungen, die beim Erben einen Verwaltungsakt zulassen, beim Übernehmer nicht zutreffen, denn bei einem diesem gegenüber erlassenen Verwaltungsakt wird, wie gerade der vorliegende Fall beweist, der Streit weitgehend um die Anwendung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften und nicht öffentlich-rechtlicher Vorschriften der Kriegsopferversorgung gehen. Es würde daher letztlich auch zu einer Ausweitung der Zuständigkeit der Sozialgerichte führen, die grundsätzlich nur über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden sollen, wenn sie dadurch, daß Verwaltungsakte auch gegenüber den Haftungsübernehmern nach § 419 BGB zulässig wären, weitgehend für Entscheidungen nach bürgerlichem Recht zuständig würden.

Schließlich gibt auch ein Vergleich mit anderen Rechtsgebieten, insbesondere mit dem Steuerrecht, keinen Anlaß zu der Annahme, daß allgemein die Regelung von Rechtsverhältnissen vermögensrechtlicher Natur zwischen Hoheitsträgern und Dritten, soweit die Beziehungen zwischen beiden auf bürgerlich-rechtlicher Grundlage geknüpft sind, durch Verwaltungsakt zulässig ist. Wenn auch in den Vorschriften des Steuerrechts weitgehend Regelungen getroffen sind, wonach die Steuerbehörde in gleicher Weise wie den eigentlichen Steuerschuldner auch diejenigen in Anspruch nehmen kann, die für die Verbindlichkeiten des Steuerschuldners haften, so ist diese Inanspruchnahme doch besonders im Gesetz festgelegt (z. B. § 120 AO und § 8 StAnpG). Aus der Tatsache dieser besonderen Regelung in Steuergesetzen kann aber keinesfalls der Schluß gezogen werden, daß es sich um einen auch auf anderen Gebieten des öffentlichen Rechts allgemein geltenden Rechtsgrundsatz handele.

Demnach hat das LSG zutreffend entschieden, daß der Beklagte unbeschadet der Frage, ob den Kläger überhaupt eine Haftung nach § 419 BGB für die Verbindlichkeiten der Eheleute B. trifft, jedenfalls nicht durch Verwaltungsakt seine vermeintlichen Ansprüche gegen den Kläger durchsetzen konnte, so daß der Bescheid vom 12. September 1960 rechtswidrig und aufzuheben ist. Dies hatte bereits das SG in seinem Urteil ausgesprochen. Es bestand mithin für das LSG kein Anlaß, das Urteil des SG lediglich deshalb aufzuheben, weil das SG aus ganz anderen rechtlichen Erwägungen den angefochtenen Bescheid für unwirksam gehalten und aufgehoben hatte. Ebensowenig bestand für das LSG Anlaß, auf den Hilfsantrag des Klägers – gerichtet auf Beschränkung der Haftung auf das übernommene Vermögen – im Tenor seines Urteils näher einzugehen, nachdem bereits der Hauptantrag des Klägers – gerichtet auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids – zum Erfolg geführt hatte. Im wohlverstandenen Sinne bringt somit das Urteil des LSG nur zum Ausdruck, daß der angefochtene Bescheid rechtswidrig und aufzuheben ist. Bei einem so zu verstehenden Urteil des LSG, das – wie oben ausgeführt – zutreffend ist, brauchte im Tenor der Entscheidung über die Revision des Beklagten nur noch zum Ausdruck kommen, daß die Revision des Beklagten als unbegründet zurückgewiesen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Unterschriften

Dr. Tesmer, Sautter, Dr. Strauß

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 11.11.1966 durch Schäfers RegObersekretär Schriftführer

 

Fundstellen

BSGE, 268

MDR 1967, 436

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