Leitsatz (amtlich)

Das bloße, ohne Angabe von Gründen erfolgte Weglassen eines seither anerkannten Leidens in einer 1953 ohne Rechtsmittelbelehrung erteilten Benachrichtigung stellt keine wirksame Aufhebung der früheren Anerkennung dar.

 

Normenkette

SGG § 77 Fassung: 1953-09-03; BGB § 133 Fassung: 1896-08-18

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. September 1960 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Mit Bescheid vom 26. Mai 1950 wurde beim Kläger außer den Folgen eines Bauchschusses ein Herzmuskelschaden als Schädigungsfolge i. S. der Entstehung anerkannt und Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. gewährt. Der Umanerkennungsbescheid vom 1. Juni 1951, der ohne ärztliche Nachuntersuchung erging, hatte den gleichen Inhalt. Dr. D stellte im Januar 1953 nur geringe Herzveränderungen fest; der Prüfarzt nahm für den "geringen EKG-Befund" keinen Krankheitswert an. Darauf teilte das Versorgungsamt (VersorgA) dem Kläger durch "Benachrichtigung" vom 22. Juni 1953 mit: "Nach dem Ergebnis der versorgungsärztlichen Untersuchung vom 6. Januar 1953 lautet Ihre infolge militärischen Dienstes entstandenes Schädigungsleiden nunmehr wie folgt: 1 ) Flächenhafte Narbe im re. Unterbauch mit Bauchnarbenbruch. In der MdE und der Zahlungsweise tritt eine Änderung nicht ein". Diese Benachrichtigung, die keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, wurde vom Kläger nicht angefochten. Im Februar 1956 stellte er wegen seines Herzleidens Verschlimmerungsantrag. Dr. H bezeichnete den Herzmuskelschaden, den er nicht als Wehrdienstbeschädigung ansah, als im EKG "jetzt ... deutlich faßbar", klinisch konnte er nur einen Blutunterdruck (Hypotonie) feststellen. Darauf wurde der Antrag mit Bescheid vom 9. August 1956 abgelehnt, weil die Neuerkrankung des Herzens nicht auf den Wehrdienst zurückzuführen sei. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Klageverfahren kam Dr. C im Gutachten vom 22. Februar 1957 zum Ergebnis, beim Kläger bestünden lediglich bedeutungslose vegetative Abweichungen. Das Sozialgericht (SG) verurteilte den Beklagten am 21. November 1957, die Herzbeschwerden weiterhin als Versorgungsleiden anzuerkennen, weil das früher anerkannte Leiden heute noch bestehe. Das Landessozialgericht (LSG) wies nach Einholung eines weiteren Gutachtens des Prof. Dr. N vom 14. Januar 1960 mit Urteil vom 23. September 1960 die Berufung des Beklagten zurück und ließ die Revision zu. Das VersorgA hätte den Herzmuskelschaden in der Benachrichtigung vom 22. Juni 1953 nur dann unerwähnt lassen dürfen, wenn eine wesentliche Besserung i. S. des § 62 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) durch Ausheilung eingetreten wäre. Hieran fehle es. Der Leidenszustand von 1950 habe sich später nie geändert. Da in der Benachrichtigung der ursächliche Zusammenhang der Gesundheitsstörungen mit den anerkannten Schädigungsfolgen nicht verneint worden sei, sei auch keine bindende Aberkennung des Herzmuskelschadens erfolgt. Eine Verneinung des ursächlichen Zusammenhangs hätte auch nicht durch bloßes Weglassen des Leidens erfolgen können. Die Benachrichtigung habe lediglich zum Ausdruck gebracht, daß dem anerkannten Herzmuskelschaden gegenwärtig kein Krankheitswert zukomme. Da sich nunmehr herausgestellt habe, daß die gleichen Gesundheitsstörungen wieder bestünden, bleibe es bei der ursprünglichen Anerkennung.

Mit der Revision rügt der Beklagte Verletzung der §§ 54 Abs. 2 Satz 2, 77, 131 Abs. 2, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 1, 85 BVG, 22, 24, 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG), 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Es liege insofern ein Widerspruch vor, als das LSG im Urteil ausführe, die Versorgungsverwaltung habe zum Ausdruck bringen wollen, dem Herzmuskelschaden komme gegenwärtig kein Krankheitswert zu, während es in der Begründung zur Revisionszulassung ausführe, das Herzleiden sei als nicht mehr bestehend angesehen worden. Darüber hinaus habe das LSG die Benachrichtigung unrichtig ausgelegt. Der Herzmuskelschaden sei klar und eindeutig nicht mehr aufgeführt worden, weil er nicht mehr bestehe. Nachdem der Bescheid bindend geworden sei, könne der Kläger mit seinen Einwendungen nicht mehr gehört werden. Das LSG habe nur den Vermerk des Prüfarztes auf der Vorderseite von Bl. 53 der Versorgungsakten, nicht aber den auf der Rückseite berücksichtigt, sich damit seine Überzeugung nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet und dadurch § 128 SGG verletzt. Die Ausführungen des LSG, eine Aberkennung der anerkannten Schädigungsfolgen könne durch ein bloßes Weglassen des Leidens nicht erfolgen, seien nicht verständlich und mangelhaft begründet, da der Hinweis auf W fehlgehe. Da Bindung eingetreten sei, entfalle die Nachprüfung, ob die Beseitigung des Anerkenntnisses auf § 86 Abs. 3, § 62 BVG, § 41 VerwVG oder auf die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts hätte gestützt werden können. Es bestehe keinerlei Bindung aus früheren Anerkenntnissen i. S. der §§ 24 VerwVG, 77 SGG, 85 BVG. § 85 BVG sei damit Genüge getan worden, daß der Umanerkennungsbescheid vom 1. Juni 1951 die Leidensbezeichnung "formell" übernommen habe. Deshalb habe das LSG nicht auf den Bescheid vom Juli 1950 zurückgreifen dürfen. Eine erneute Anerkennung des Herzleidens wäre nur im Wege einer Ermessensentscheidung nach § 40 VerwVG möglich gewesen. Durch seine eigene Sachentscheidung habe das LSG (wie das SG) gegen §§ 54 Abs. 2 Satz 2 und 131 Abs. 2 SGG verstoßen. Außerdem sei die Leidensbezeichnung "Herzbeschwerden" zu beanstanden, weil dieser Ausdruck vieldeutig sei und nur ein subjektives Symptom bedeute. Der Beklagte beantragt, das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 23. September 1960 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen; hilfsweise die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Nach den bindenden Feststellungen des LSG sei der Herzbefund des Klägers seit 1950 unverändert, deshalb bleibe es bei der einmal ausgesprochenen Anerkennung, nachdem der Beklagte weder einen Bescheid nach § 62 BVG noch nach § 41 VerwVG erteilt habe und die Benachrichtigung vom 22. Juni 1953 auch nicht in solche Bescheide umgedeutet werden könne. Bescheide müßten nach § 22 VerwVG so begründet werden, daß es dem Berechtigten möglich sei, sie substantiiert anzugreifen.

Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG). Sachlich ist sie nicht begründet.

Die Verfahrensrügen der Revision, auf die zunächst einzugehen ist, greifen nicht durch. Der von der Revision behauptete Widerspruch zwischen den Urteilsgründen und der Begründung zur Revisionszulassung liegt nicht vor. In den Gründen hat das LSG festgestellt, was nach seiner Auffassung in der Benachrichtigung vom 22. Juni 1953 tatsächlich zum Ausdruck gebracht worden ist, während die Begründung der Revisionszulassung nur angibt, welche Bedeutung die Versorgungsverwaltung dieser Benachrichtigung in dem seit 1956 anhängigen Verfahren beimißt. Bei dieser Sachlage konnte unerörtert bleiben, ob ein echter Widerspruch zwischen Urteilsgründen und der Begründung der Revisionszulassung überhaupt einen Verfahrensverstoß nach § 128 SGG darstellen könnte.

Das LSG hat auch nicht dadurch gegen § 128 SGG verstoßen, daß es annahm, der Herzmuskelschaden sei nur deshalb nicht mehr in der Benachrichtigung erwähnt worden, weil ihm damals kein Krankheitswert zugekommen sei. Es konnte aus dem versorgungsärztlichen Gutachten vom 6. Januar 1953 ohne Verfahrensverstoß entnehmen, daß hier lediglich ein "nennenswerter Herzmuskelschaden ... nicht festzustellen" war. Der Vermerk des Prüfarztes (in Rotschrift) spricht eindeutig von einem "geringen EKG-Befund", dem kein Krankheitswert beizumessen sei. Der Schlußvermerk des Prüfarztes vom 4. Februar 1953 mußte das LSG nicht zu einer anderen Beurteilung veranlassen. Wenn es hier heißt: "Auch ohne Herzmuskelschaden, der nicht mehr besteht, MdE 30 %", so konnte das LSG dies als eine kurze und ungenaue Zusammenfassung dessen werten, was präziser sowohl im versorgungsärztlichen Gutachten als auch im vorangegangenen Vermerk des Prüfarztes gesagt war. Das LSG brauchte sich mit dieser ungenauen Schlußbemerkung umso weniger auseinanderzusetzen, als die Benachrichtigung vom 22. Juni 1953 sich nur auf das Ergebnis der versorgungsärztlichen Untersuchung vom 6. Januar 1953, nicht aber auf den Prüfvermerk vom 4. Februar 1953 gestützt hatte.

Die Ausführungen des LSG, durch ein bloßes Weglassen des Herzleidens könne die Aberkennung des bereits anerkannten Leidens nicht bewirkt werden, sind weder unverständlich noch mangelhaft begründet. Das LSG hat diesen Satz durch den Hinweis auf den Kommentar zum BVG von Wilke, Anm. 4 zu § 62, der an dieser Stelle das bloße Nichterwähnen einer Versorgungsleistung erörtert, hinreichend begründet. Die weitere Frage, ob sich das LSG insoweit mit Recht auf Wilke gestützt hat, betrifft nicht das Verfahren, sondern den Inhalt der Entscheidung.

Zweifelhaft ist, ob die Revision auch insoweit einen Verfahrensmangel rügen will, als sie gegen die Leidensbezeichnung "Herzbeschwerden" Einwendungen erhebt. Die Behauptung, die Leidensbezeichnung sei zu vieldeutig und bedeute nur ein subjektives Symptom, läßt nicht erkennen, daß und inwiefern das LSG durch die Übernahme der vom SG gewählten Bezeichnung gegen § 128 SGG verstoßen hätte. Eine etwaige dahingehende Verfahrensrüge wäre sonach nicht hinreichend substantiiert (vgl. BSG in SozR SGG § 164 Da 6 Nr. 22 und Da 10 Nr. 28). Unabhängig hiervon mußte sich das LSG auch nicht veranlaßt sehen, den Tenor des SG-Urteils insoweit abzuändern. Das SG hat nicht lediglich "Herzbeschwerden" als Schädigungsfolgen festgestellt, sondern den Beklagten verurteilt, " die Herzbeschwerden des Klägers weiterhin als Versorgungsleiden" anzuerkennen. Durch die Worte "die" und "weiterhin" kommt eindeutig zum Ausdruck, daß das SG keine neue, subjektiv unklare bzw. vieldeutige Leidensbezeichnung gewählt, sondern nur den früher bereits anerkannte gewesenen Leidenszustand weiterhin als Schädigungsfolge festgestellt hat. Das LSG hat insoweit dargetan, daß der Leidenszustand von 1950 sich später nie geändert habe, also unverändert bestehe. Diese Feststellung ist von der Revision nicht angegriffen und daher, wie der Revisionsbeklagte zutreffend hervorhebt, für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG). Sollte die frühere oder jetzige Bezeichnung des Leidens ungenau sein bzw. mit den medizinischen Befunden nicht ganz in Einklang stehen, so könnte sie - allerdings ohne Beeinträchtigung der einmal ausgesprochenen Anerkennung - jederzeit berichtigt werden (vgl. hierzu BSG in SozR VerwVG § 41 Ca 10 Nr. 16).

Von den bindenden Feststellungen des LSG ausgehend hatte der Senat zu prüfen, ob die Entscheidung des LSG in materiellrechtlicher Hinsicht zu beanstanden ist. Das ist nicht der Fall.

Gegenstand der Klage ist nicht die Benachrichtigung vom 22. Juni 1953, sondern der Bescheid vom 9. August 1956, der den Verschlimmerungsantrag des Klägers abgelehnt hatte. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob in diesem Bescheid die Herzerkrankung des Klägers rechtmäßigerweise als wehrdienstunabhängig bezeichnet werden durfte, obwohl im Bescheid vom 26. Mai 1950 und im Umanerkennungsbescheid vom 1. Juni 1951 "Herzmuskelschaden" als Schädigungsfolge i. S. der Entstehung anerkannt worden war. Nach § 77 SGG (§ 24 VerwVG) ist ein Verwaltungsakt, gegen den der gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt wird, für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Das gilt, wie das Bundessozialgericht (BSG) mehrfach entschieden hat, auch für Bescheide, die vor dem Inkrafttreten des SGG erlassen worden sind (vgl. BSG 7, 11, 123; 10, 72, 73). Der Beklagte wurde deshalb nur dann von der Bindung an die Bescheide vom 26. Mai 1950 und 1. Juni 1951 frei, wenn er die darin ausgesprochene Anerkennung des Herzmuskelschadens auf Grund einer gesetzlichen Ausnahmebestimmung zu § 77 SGG (§ 24 VerwVG) rechtswirksam als von Anfang an fehlerhaft oder infolge wesentlicher Änderung der Verhältnisse zurücknahm (vgl. BSG in SozR SGG § 77 Bl. Da 7 Nr. 20). Das ist nicht der Fall. Durch die Benachrichtigung vom 22. Juni 1953 ist die Anerkennung des Herzmuskelschadens als Schädigungsfolge nicht rechtswirksam beseitigt worden. Für eine Neufeststellung gemäß § 62 BVG fehlte es nach der von der Revision nicht angegriffenen Feststellung des LSG an einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse; die vorgedrückte Bezugnahme auf § 62 BVG ist in der Benachrichtigung dementsprechend auch gestrichen. § 86 Abs. 3 BVG berechtigte die Versorgungsbehörde zwar ohne Nachweis einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse (§ 62 Abs. 1 BVG) zur Minderung und auch zum völligen Entzug der Rente; keines von beiden ist aber in der Benachrichtigung ausgesprochen worden. Der Beklagte erklärte dort im Gegenteil, in der MdE und in der Zahlungsweise trete keine Änderung ein. Die Feststellung eines bereits anerkannten Leidenszustandes konnte bei einer Neufeststellung nach § 86 Abs. 3 BVG aber nur aufgehoben werden, wenn der Leidenszustand nicht mehr bestand (vgl. BSG in SozR BVG § 86 Bl. Ca 3 Nr. 5; BSG 2, 113); die Aberkennung einer fortbestehenden Schädigungsfolge war dagegen auch nach dieser Vorschrift nicht möglich. Als Rechtsgrundlage für eine Aberkennung des Herzmuskelschadens in der Benachrichtigung kamen demnach, da Nr. 26 der Sozialversicherungsanordnung (SVA) Nr. 11 im Jahre 1953 nicht mehr und § 41 VerwVG noch nicht in Kraft waren, nur noch die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Rücknahme fehlerhafter Verwaltungsakte in Betracht (vgl. BSG 8, 11; 10, 72; 15, 81). Auch nach diesen Grundsätzen hätte aber die Anerkennung einer Schädigungsfolge nur zurückgenommen werden können, wenn sich die frühere Anerkennung als rechtswidrig erwies. Das LSG hat hierzu festgestellt, daß eine Berichtigung wegen einer von Anfang an bestehenden Unrichtigkeit der Anerkennung nicht in Rede stehe. Tatsächlich scheitert eine Rücknahme nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts schon daran, daß mit der Benachrichtigung eine solche Rechtsfolge nicht ausgesprochen worden ist. Es ist darin nur der Herzmuskelschaden nicht mehr erwähnt, aber keine Rentenminderung vorgenommen, MdE und Zahlungsweise sind ausdrücklich aufrechterhalten. Da die Benachrichtigung daneben keinen die Rechtsposition des Klägers beeinträchtigenden Hinweis enthielt, konnte der Kläger daraus schließen, daß seine bereits erworbenen Rechte nicht angetastet würden. Denn daß der seither anerkannt gewesene Herzmuskelschaden etwa keine Schädigungsfolge oder nun endgültig abgeklungen sei, ist mit keinem Wort zum Ausdruck gebracht. Wenn auch der Herzmuskelschaden nicht genannt ist, so sind andererseits die Folgen des Bauchschusses unter Ziffer "1" aufgeführt, so daß der Anschein erweckt werden konnte, die Nr. 2 sei nur versehentlich nicht mit aufgeführt worden. Unabhängig hiervon stellt jedenfalls unter den gegebenen Umständen das bloße ohne Angabe von Gründen erfolgte Weglassen eines seither anerkannten Leidens keine wirksame Aufhebung der früheren Anerkennung dar. Aus dem Bescheid könnte allenfalls entnommen werden, daß nunmehr eine andere Leidensbezeichnung gelten, nicht aber, daß eine Rücknahme der früheren Anerkennung ausgesprochen werden sollte. Denn die Benachrichtigung spricht nur davon, daß "Ihre" Schädigungsleiden "nunmehr wie folgt" lauten. Mit diesem den gegenwärtigen Leidenszustand nur klarstellenden, darum die anerkannten Rechte des Klägers nicht beeinträchtigenden Inhalt der Benachrichtigung steht auch in Einklang, daß das VersorgA nicht den sonst üblichen förmlichen Bescheid erteilt, sondern eine formlose Benachrichtigung gegeben hat. Von der formlosen Benachrichtigung wird die Verwaltung aber nur dann Gebrauch machen, wenn der Verwaltungsakt im wesentlichen nur unterrichtender Natur ist, jedenfalls keinen die Rechtsposition des Versorgungsberechtigten erheblich beeinträchtigenden Inhalt hat. Hätte das VersorgA die frühere Anerkennung zurücknehmen oder aufheben wollen, so wäre auch nicht verständlich, weshalb die Benachrichtigung keine Rechtsmittelbelehrung enthielt. Die bereits vorgedruckte Rechtsmittelbelehrung ist durchgestrichen , also nicht etwa lediglich vergessen worden. Aus allen diesen Gründen ergibt sich die Folgerung, daß das VersorgA mit der Benachrichtigung vom 22. Juni 1953 keine bindend gewordene Anerkennung zurücknehmen oder aufheben wollte. Selbst wenn aber das VersorgA entgegen den vorerwähnten Umständen etwas anderes beabsichtigt haben sollte, so wäre dies unbeachtlich; denn dann hätte es die weiterhin anzuerkennenden Schädigungsfolgen zumindest unklar bezeichnet und mehreren Deutungen über den Umfang ihrer Anerkennung Raum gegeben. In einem solchen Fall muß es die Verwaltung gegen sich gelten lassen, wenn der Bescheid so ausgelegt wird, wie er bei Würdigung aller Umstände verstanden werden muß, auch wenn die Verwaltung eine Anerkennung in diesem Umfang nicht gewollt hat (vgl. BSG 11, 57).

Das LSG hat nicht berücksichtigt, daß dem Kläger von der Versorgungsbehörde kurze Zeit vor Erlaß der Benachrichtigung vom 22. Juni 1953, nämlich am 25. März 1953 mitgeteilt wurde, die am 6. Januar 1953 vorgenommene amtsärztliche Untersuchung - auf diese Untersuchung hat sich die Benachrichtigung vom 22. Juni 1953 gestützt - habe ergeben, daß in den Verhältnissen, die für die Feststellung seiner Versorgungsgebührnisse maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung nicht eingetreten sei und daß eine Neufestsetzung seiner Versorgungsgebührnisse daher z. Zt. nicht in Frage komme. Der Senat konnte unerörtert lassen, ob er in der Revisionsinstanz diesen vom LSG nicht in Betracht gezogenen wesentlichen Umstand verwerten durfte. Denn auch unabhängig hiervon ergibt sich aus den obigen Ausführungen, daß die Feststellung des LSG, mit der Benachrichtigung vom 22. Juni 1953 sei eine rechtswirksame Aberkennung der anerkannten Schädigungsfolge nicht erfolgt und die Versorgungsbehörde sei trotz dieser Benachrichtigung an die Anerkennung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Wehrdienst und Herzbeschwerden gebunden, nicht zu beanstanden ist. Stand aber hiernach die Benachrichtigung vom 22. Juni 1953 der weiteren Berentung der Herzbeschwerden des Klägers nicht entgegen, so hat das LSG auch nicht gegen §§ 77, 54 Abs. 2 Satz 2, 131 Abs. 2 SGG bzw. §§ 22, 24, 40 VerwVG verstoßen. Ebenso ist eine Verletzung der §§ 1, 85 BVG nicht ersichtlich.

Nach alledem war das Urteil des LSG im Ergebnis nicht zu beanstanden, weshalb die Revision des Beklagten als unbegründet zurückgewiesen werden mußte (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2291033

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