Leitsatz (amtlich)

1. Die Erteilung eines Auftrags zur Künstlervermittlung ist in das Ermessen der Bundesanstalt für Arbeit gestellt. Der Begriff "zweckmäßig" in AFG § 23 Abs 1 S 1 ist kein unbestimmter Rechtsbegriff.

2. Die Einräumung des Ermessens verletzt weder GG Art 12 Abs 1 noch GG Art 3 Abs 1.

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Zweckmäßigkeit der Erteilung von Vermittlungsaufträgen nach AFG § 23 Abs 1:

1. Das der Bundesanstalt für Arbeit eingeräumte Ermessen bei der Erteilung von Vermittlungsaufträgen an Einrichtungen und Personen iS des AFG § 23 Abs 1 ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Bundesanstalt hat den ihr in dieser Vorschrift gesetzten Ermessensrahmen nicht überschritten, wenn sie weitere Beauftragungen im Hinblick auf ein Anwachsen des Vermittlungsvolumens der Bundesanstalt und ein Absinken der privaten Vermittlungen von Künstlern als nicht zweckmäßig bezeichnet. Wenn die Bundesanstalt in dieser Situation die Zulassung weiterer Vermittler ablehnt, so kann darin keine Verkennung des Begriffs der Zweckmäßigkeit gesehen wurden. Auch die vom Auftragsbewerber angebotene Nebenleistung, wie Zimmerbestellung, Buchungen von Verkehrsmitteln usw, die von den Arbeitsämtern nicht übernommen werden, lassen eine private Vermittlung nicht zweckmäßiger erscheinen.

2. Die Mitwirkung von Künstlern in Filmen vollzieht sich im allgemeinen im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.

3. Das Monopolrecht der BA auf Arbeitsvermittlung erstreckt sich auch auf Künstler.

 

Normenkette

AFG § 23 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1969-06-25, § 13 Fassung: 1969-06-25, § 4 Fassung: 1969-06-25; AVAVG § 35 Fassung: 1957-04-03, § 37 Fassung: 1957-04-03, § 54 Fassung: 1957-04-03; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 24. März 1971 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Auftrags zur Künstlervermittlung (§ 23 des Arbeitsförderungsgesetzes - AFG -, früher § 54 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG -) für Sänger, Humoristen, Komiker, Zauberer usw.

Der Berufsweg des Klägers begann zunächst mit einer Lehre im Wirtschafts- und Steuerberaterberuf, die er Ende 1956 mit der Gehilfenprüfung abschloß. Schon 1955 begann er daneben als Conférencier zu arbeiten. Nach Abschluß der Lehre war er noch mehrere Jahre in seinem erlernten Beruf tätig. 1962 wechselte er ganz in die Unterhaltungsbranche. Er gründete unter der Firma "N" eine Gastspieldirektion in O. Daneben war er weiter als Conférencier tätig, ferner als Manager von Stars des Unterhaltungsgeschäfts und führte regelmäßig Regie bei der von der Firma O veranstalteten Wahl der Miss Germany. 1965 nahm er wegen zunehmenden Umfangs der Gastspieldirektion einen Mitinhaber auf.

Im Juni 1966 beantragte der Kläger beim Landesarbeitsamt (LAA) Niedersachsen-Bremen, ihm einen Auftrag zur auf Gewinn gerichteten Künstlervermittlung zu erteilen. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit (BA) in Nürnberg vom 27. April 1967 abgelehnt. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts - SG - Oldenburg vom 22. Mai 1969, Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Niedersachsen vom 24. März 1971). Das LSG hat im Anschluß an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 4. April 1967 (BVerfGE 21, 245) ausgeführt, daß sich das Vermittlungsmonopol der BA auch auf den Bereich der Künstlervermittlung erstrecke, weil das Schutzbedürfnis vor Ausbeutung durch private Vermittler hier in gleicher Weise bestehe. Auf die Behauptung des Klägers, die Beklagte vermöge nicht in gleicher Weise wie ein privater Vermittler den Künstler ortsnah und individuell zu beraten und zu betreuen, komme es nicht an. Selbst wenn man unterstelle, daß insofern ein Verwaltungsmonopol gewisse Nachteile aufweise, so würden diese Nachteile doch dadurch mehr als ausgewogen, daß die Gefahr einer Übervorteilung und Ausbeutung der Arbeitnehmer entfalle.

Die Entscheidung der Beklagten, daß die Beauftragung des Klägers nicht zweckmäßig erscheine, sei gerechtfertigt. In der Gegenüberstellung der Vermittlungsergebnisse der Fachvermittlungsstellen der BA und der beauftragten Personen sei ein deutlicher Trend zur Künstlervermittlung der BA zu erkennen. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang angegebenen Zahlen zeigten, daß die Beklagte der Vermittlung der Künstler ausreichendes Interesse entgegenbringe und ein Bedürfnis für die Beauftragung weiterer Personen nicht zu erkennen sei. Dies gelte auch für den Raum O, der von Hannover aus betreut werde. Hier sei die Zahl der Vermittlungen durch die BA von 4245 im Jahre 1968 auf 4509 im Jahre 1969 und 4737 im Jahre 1970 angestiegen. Die Unzufriedenheit einzelner mit der Vermittlungstätigkeit der BA und der etwa vorhandene Wunsch der Künstler nach Übernahme weiterer Nebentätigkeiten wie Tourneevorbereitungen, Terminsregelungen usw. führe zu keiner anderen Beurteilung. Es stehe diesen Künstlern frei, eine Person ihres Vertrauens mit der Erledigung derartiger Geschäftsbesorgungen zu beauftragen. Im übrigen könnten Mängel in der Tätigkeit der Beklagten nur Veranlassung geben, diese Mängel zu beheben, es aber nicht rechtfertigen, den Kläger zu beauftragen.

Mit der - zugelassenen - Revision rügt der Kläger insbesondere Verstöße gegen Art. 3 und 12 des Grundgesetzes (GG). Er führt hierzu aus, das BVerfG habe in dem zitierten Urteil seine Überlegungen bei Führungskräften der Wirtschaft angestellt und dort die Verfassungsmäßigkeit bejaht. Der Beruf eines Künstlers könne jedoch nicht mit dem einer Führungskraft der Wirtschaft verglichen werden. Bei Künstlern würden häufiger Stellenwechsel und kurzfristige Verträge verlangt und außerdem seien Nebenleistungen wie Tourneevorbereitungen erforderlich. Eine Schutzbedürftigkeit wie bei sonstigen Arbeitnehmern bestehe nicht. Auch könnten Künstler nicht als Arbeitnehmer betrachtet werden, da sie selbständig seien und für sie keine Sozialabgaben sowie Einkommensteuer zu zahlen seien. Aus diesem Grunde sei auch die Künstlervermittlung bislang vorwiegend privaten Stellenvermittlern übertragen worden. Ein Verstoß gegen Art. 12 GG sei insbesondere darin zu sehen, daß die Beauftragung eines Künstlervermittlers vom Ermessen der BA abhängig gemacht werde. Daneben verstoße die Regelung des § 54 AVAVG gegen Art. 3 GG, weil weiterhin Aufträge für andere private Stellenvermittler aufrechterhalten würden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen vom 24. März 1971 und das Urteil des SG Oldenburg vom 22. Mai 1969 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. April 1967 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Auftrag zur Künstlervermittlung zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie bezieht sich im wesentlichen auf das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, dem Kläger einen Auftrag zur Künstlervermittlung zu erteilen. Arbeitsvermittlung (§ 37 Abs. 1 AVAVG, § 13 Abs. 1 AFG) ist eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, arbeitsuchende Arbeitnehmer (Arbeitsuchende) mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen zusammenzuführen. Eine Betätigung auf diesem Gebiet ist durch das Monopol der BA (§ 35 AVAVG, § 4 AFG) privaten Vermittlern grundsätzlich untersagt. Die berufliche Tätigkeit der Künstler, die der Kläger zu vermitteln beabsichtigt, vollzieht sich zwar nicht durchweg in Form von Arbeitsverhältnissen (vgl. dazu Runderlaß der BA vom 23. Juli 1970 - Dienstblatt A 1970 S. 794, 796). Daneben bleibt jedoch für diese Künstler ein weiter Bereich zur Betätigung in Arbeitsverhältnissen. Arbeitnehmereigenschaft - um hier nur einige Beispiele zu nennen - ist regelmäßig zu bejahen bei Mitwirkung im Rahmen eines Films (BFH Urteil vom 27. November 1962 - Az: I 116/61 U - BStBl III 63, 95), ferner bei langfristigen Verträgen in Bars oder anderen Unterhaltungsetablissements (BAG Urteil vom 20. Oktober 1966 - AP Nr. 1 zu § 2 BUrlG). Hieraus folgt, daß die vom Kläger geplante Vermittlungstätigkeit in den Bereich des Arbeitsvermittlungsmonopols der BA hineinreicht und deshalb nicht ohne besonderen Auftrag (§ 54 AVAVG, § 23 AFG) ausgeübt werden darf. Hiervon geht der Kläger selbst aus, was sich aus seinem Antrag auf Auftragserteilung ergibt. Im übrigen hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 30. November 1973 - 7 RAr 2/68 - (SozR Nr. 1 zu § 23 AFG) eingehend dargelegt, daß sich das Arbeitsvermittlungsmonopol der BA auch auf Künstler erstreckt.

Die Beklagte hat - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - die Vorschriften über die Auftragserteilung (§§ 54 AVAVG, 23 AFG) fehlerfrei angewandt. Die Kontrolle der Gerichte kann sich - da es sich insoweit um Ermessensvorschriften handelt - nur auf die Einhaltung des Ermessensrahmens durch die Beklagte beschränken. Hieran ändert sich nichts dadurch, daß neben dem Ermessen zusätzlich die Zweckmäßigkeit der Auftragserteilung beurteilt werden muß. Die Beurteilung von Vorschriften, in denen die Einräumung eines Ermessens mit unbestimmten Rechtsbegriffen gekoppelt ist, war bereits Gegenstand von Entscheidungen des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (vgl. GmS - Beschluß vom 19.10.1971, NJW 1972, 1411), in denen es um eine Vorschrift ging, die den Erlaß bestimmter Steuern in das Ermessen der Verwaltung stellte, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles "unbillig" wäre (§ 131 Abs. 1 Satz 1 der Reichsabgabenordnung - AO -). Der GmS hat diese Vorschrift als reine Ermessensvorschrift angesehen. Er hat dazu ausgeführt, daß kein Raum für eine Ermessensentscheidung mehr bleibe und sich der Charakter des § 131 Abs. 1 Satz 1 AO ändere, wenn man den Begriff "unbillig" als unbestimmten Rechtsbegriff verstehe, was für sich und dogmatisch betrachtet möglich sei. Bei einer solchen isolierten Betrachtung mache die Feststellung der Unbilligkeit durch ein Gericht es der Verwaltung unmöglich, gleichwohl noch nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Dies gelte besonders, weil dem Begriff der Billigkeit gerade im Steuerrecht hohe Bedeutung zukomme, es sich dabei nicht um Eingriffe handele, sondern darum, von einem nach den gesetzlichen Vorschriften an sich gebotenen Eingriff Abstand zu nehmen.

Diese Entscheidung besagt allerdings nicht, daß stets dann, wenn Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff in einer Vorschrift gekoppelt sind, dem Ermessen immer Vorrang gebührt. Vielmehr ist jede entsprechende Vorschrift im einzelnen daraufhin zu prüfen, ob ihre Besonderheiten die Auslegung rechtfertigen, die der GmS dem § 131 Abs. 1 Satz 1 AO gegeben hat. Das ist für § 54 AVAVG (§ 23 AFG) aber geboten. Es ist nie in Zweifel gezogen worden, daß es sich bei § 23 AFG und seinem Vorläufer um Ermessensvorschriften handelt (vgl. u.a. Draeger/Buchwitz/Schönefelder, AVAVG § 54 Anm. 17 - 21). Eine andere Gestaltung wäre wenig sinnvoll und würde den Zielen des AFG, wie sie in § 1 im Grundsatz formuliert sind, zuwiderlaufen. Die Auftragserteilung ist ein Instrument zur Erfüllung der Aufgaben der Bundesanstalt, das am wirksamsten von dem verantwortlichen Aufgabenträger gehandhabt wird; er verfügt nämlich über alle wichtigen Informationen und es ist ihm dadurch am besten möglich, die Entscheidung unter den möglichen Wegen zur Erfüllung seiner Aufgabe zu treffen. Den Begriff "zweckmäßig" der vollen gerichtlichen Nachprüfung zu unterwerfen, würde außerdem im Ergebnis zur Umwandlung der Ermessensvorschrift in eine "reine Rechtsvorschrift" führen. Ein Maßstab für Ermessenshandeln ist ohne besondere Erwähnung stets die Zweckmäßigkeit, weil unzweckmäßiges Handeln regelmäßig dem gesetzlichen Auftrag zuwiderlaufen würde. Das würde aber bedeuten, daß die Entscheidung des Gerichts, eine Auftragserteilung sei zweckmäßig, der Verwaltung keine Wahl mehr läßt, diesen Auftrag zu erteilen oder nicht zu erteilen. Hinzu kommt, daß die Zweckmäßigkeit geradezu der klassische Freiheitsraum jeder Ermessensentscheidung ist und generell nicht gerichtlicher Nachprüfung unterliegt. Eine gegenteilige Auslegung würde deshalb die Ermessensvorschrift in ihrem Kern treffen und grundsätzlich verändern.

Schließlich handelt es sich hier - ebenso wie in der Entscheidung des GmS der obersten Gerichtshöfe des Bundes - nicht um ein Ermessen für Eingriffe in bestehende Rechte, sondern um die Ermöglichung von Ausnahmen von einem gesetzlich geregelten Verbot.

Die vom Kläger gegen ein Vermittlungsmonopol der BA im Bereich der Künstlervermittlung und die Einräumung eines Ermessens erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Der Senat hat bereits in seinem oben zitierten Urteil vom 30. November 1973 (SozR Nr. 1 zu § 23 AFG) zur Verfassungsmäßigkeit des Vermittlungsmonopols für Künstler Stellung genommen. Ausgangspunkt war dabei die Entscheidung des BVerfG vom 4. April 1967 (BVerfGE 21, 267), die sich generell mit dem Ausschluß der Wahl des Berufs des selbständigen Arbeitsvermittlers durch das Arbeitsvermittlungsmonopol der Beklagten und speziell mit der Einbeziehung der Vermittlung von Führungskräften der Wirtschaft befaßt hat. Es hat einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG nicht festgestellt, sondern eine Rechtfertigung darin gesehen, daß das Monopol unerläßlich sei, um Gemeinschaftsgüter von hohem Rang vor schweren und höchstwahrscheinlichen Gefahren zu schützen. Ausgehend vom Maßstab dieser Entscheidung war der Senat der Auffassung, daß die für die Verfassungsmäßigkeit eines Vermittlungsmonopols für Führungskräfte der Wirtschaft aufgeführten Gründe im wesentlichen auch für die Berufsgruppe der Künstler gelten. Der erkennende Senat hat dazu weiter ausgeführt:

"Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Gruppen liegt darin, daß die Führungskraft jeweils einmalige Vermittlung in eine auf längere Dauer gerichtete Anstellung erstrebt, der Filmkünstler dagegen die laufende Vermittlung in zeitlich begrenzte, sich zum Teil auch überschneidende Engagements. Der Künstler ist daher in stärkerem Maße von der Arbeitsvermittlung abhängig. Eine freie gewerbsmäßige Vermittlung würde es ermöglichen, daß ein von den Produzenten bevorzugter Vermittler insofern eine besondere Machtstellung erlangt, als die Künstler zunächst gezwungen wären, sich seiner Hilfe zu bedienen und dann auf seine Gunst bei der Zuteilung angebotener Engagements angewiesen wären; dadurch würde ihre berufliche Chancengleichheit gefährdet und sie könnten - insbesondere Anfänger und alternde Künstler - in eine unwürdige Abhängigkeit von ihm geraten, die wiederum die Möglichkeit ihrer Ausbeutung begünstigen würde. Ohnehin besteht die Gefahr, daß der gewerbsmäßige Vermittler weniger die Interessen der Künstler als seine eigenen Interessen an möglichst hohen Provisionen bei geringem Aufwand wahrnimmt und sich daher vorzugsweise um Künstler kümmert, die relativ leicht in gutbezahlte Engagements zu bringen sind. Auch kann die vom BVerfG als Schutz vor Ausbeutung und Benachteiligung bei Führungskräften der Wirtschaft angenommene "größere Umsicht und Lebenserfahrung" bei Künstlern keineswegs allgemein unterstellt werden. Für sie trifft auch die zum Teil unternehmerähnliche Stellung der Führungskräfte nicht zu, wegen der diese arbeitsrechtlich weitgehend nicht als Arbeitnehmer behandelt werden. Insgesamt gesehen erscheinen Filmkünstler hinsichtlich der Arbeitsvermittlung in stärkerem Maße schutzbedürftig als Führungskräfte der Wirtschaft und zumindest auch nicht weniger schutzbedürftig als andere Arbeitnehmer, zumal sie beruflich in besonderem Maße schicksalsmäßigen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind. Schließlich ist auch nicht einzusehen, daß im Bereich der Filmwirtschaft arbeitsmarktpolitische Gesichtspunkte keine Rolle spielen sollten; ein Mangel oder ein Überangebot an Kräften ist dort ebenso wie in anderen Wirtschaftszweigen möglich."

Diese Ausführungen treffen nicht nur für Filmkünstler, sondern für Darsteller auf anderen künstlerischen Gebieten und gerade für den Personenkreis zu, den der Kläger vermitteln will; dies bedarf keiner weiteren Erörterung.

Unzutreffend ist auch die Auffassung des Klägers, daß Art. 12 Abs. 1 GG es ausschließe, der Beklagten ein Ermessen bei der Erteilung von Vermittlungsaufträgen einzuräumen. Das BVerfG hat in dem oben zitierten Urteil (BVerfGE 21, 267) zwar dieses Ermessen nicht ausdrücklich erwähnt. Die Schilderung der Gesetzeslage unter Ziff. III 1 (S. 249 ff) des Urteils läßt aber erkennen, daß das Gericht ein Ermessen der Beklagten zur Grundlage seiner verfassungsrechtlichen Prüfung gemacht hat. Der Senat hat keine Bedenken, dem BVerfG hierin zu folgen.

Die Rechtfertigung des Monopols aus der Notwendigkeit zentraler weitreichender Planung durch eine einheitliche Arbeitsverwaltung läßt, wie das BVerfG ausführt, private Vermittler grundsätzlich als Fremdkörper erscheinen. Ihre Tätigkeit erscheint nur dort gerechtfertigt, wo die BA allein die ihr gestellte Aufgabe nicht optimal lösen kann. Da aber wiederum für diese komplizierte und vielschichtige Frage, wann im Einzelfall die Beauftragung privater Vermittler zweckmäßig ist, in erster Linie die BA die hinreichende Sachkunde besitzt, erscheint es sachgerecht, die Beurteilung hierüber in das Ermessen der BA zu stellen und ihre jeweiligen Entscheidungen in bezug auf die Auftragserteilung lediglich auf Ermessensfehler zu überprüfen. Die vom LSG bereits zitierte gegenteilige Auffassung von Nipperdey gründet sich auf die in seinem Gutachten nicht hinlänglich begründete Voraussetzung, daß das Vermittlungsmonopol der BA den Bereich der Künstlervermittlung nicht umfasse. Auf der gleichen hier nicht zutreffenden Voraussetzung beruhen auch die zu dem Rechtszustand vor dem AVAVG vom 23. Dezember 1956 (BGBl I 1018) gegen die Einräumung von Ermessen erhobenen Einwendungen (vgl. Bachof in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. III/1, S. 204; Uber, Freiheit des Berufs, 1952, S. 181). Vor 1956 war durch Durchführungsverordnung des Reichsarbeitsministers vom 26. November 1935 (RGBl I 1361) die gewerbliche Artistenvermittlung generell zugelassen, also aus dem Monopol herausgenommen worden. Insoweit war also kein Raum mehr für eine im Ermessen der Arbeitsverwaltung liegende Auftragserteilung zur Arbeitsvermittlung, so daß ihre Verweigerung möglicherweise zu einer Verletzung des Grundrechts der freien Berufswahl (Art. 12 GG) hätte führen können. Im Gegensatz hierzu ist im Bereich des uneingeschränkten Vermittlungsmonopols durch die Gründe, die es verfassungsrechtlich rechtfertigen, bereits das Recht, den Beruf des Arbeitsvermittlers zu wählen, ausgeschlossen worden. Die Auftragserteilung ist dementsprechend nicht mehr an diesem Recht, sondern an der der BA gestellten Aufgabe zu messen. In dieser Sicht ist eine Auftragserteilung nach Ermessen der BA unter der Leitlinie der Zweckmäßigkeit nicht zu beanstanden.

Dem Kläger kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als er vorbringt, daß die Verweigerung einer Auftragserteilung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, weil die BA die bisher erteilten Aufträge weiter laufen lasse. Der Kläger verkennt hierbei, daß Art. 3 Abs. 1 GG nur willkürliche Differenzierungen verbietet. Für eine derartige Feststellung ist jedoch kein Anhalt ersichtlich. Es erscheint durchaus sachgerecht, wenn die Beklagte unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten bereits beauftragte private Vermittlungen weiter bestehen läßt und nicht in Gewerbebetriebe eingreift. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, daß diese Handhabung der Beklagten willkürlich ist.

Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen im übrigen nicht überschritten. Aus den vom LSG festgestellten Zahlen über die Vermittlung von Darstellern des hier in Betracht kommenden Personenkreises im Bundesgebiet und im Raum Oldenburg ist ersichtlich, daß deren Vermittlung durch die Dienststellen der BA im Gegensatz zur Tätigkeit privater Vermittler ständig zunimmt. Diese Feststellungen des LSG - von dem das Revisionsgericht ausgehen muß, weil Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind - lassen die Auffassung der Beklagten, die Beauftragung weiterer privater Vermittler sei unzweckmäßig, nicht fehlerhaft erscheinen.

Ebensowenig können - wie das LSG mit Recht hervorgehoben hat - die vom Kläger angegebenen Beanstandungen einzelner Künstler gegenüber der Vermittlungspraxis der Beklagten zu einer anderen Beurteilung führen. Diese könnten allenfalls Anlaß sein, die Vermittlungsarbeit der BA zu verbessern.

Auch der Umstand, daß die vom Kläger angebotenen Nebenleistungen, wie Zimmerbestellung, Buchungen von Verkehrsmitteln usw., von den Arbeitsämtern nicht übernommen werden, zwingen nicht zur Erteilung eines Vermittlungsauftrages an den Kläger. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 30. November 1973 (SozR Nr. 1 zu § 23 AFG) darauf hingewiesen, daß diese Dienste nicht zur Vermittlung gehören und ohne Verstoß gegen das Vermittlungsmonopol von Dritten übernommen werden können. Es steht dem Künstler deshalb frei, einen Dritten hiermit zu beauftragen. Nach allem ist daher die Revision des Klägers unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1646954

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