Leitsatz (amtlich)

Rechnet ein Träger der Rentenversicherung den Anspruch auf eine der Höhe nach unstreitige Rentennachzahlung ganz oder teilweise auf eine Gegenforderung der in RVO § 1309 genannten Art auf, so betreffen Urteile über einen daraus entstandenen Streit nur die Rente für bereits abgelaufene Zeiträume.

Das gleiche gilt, wenn ein Träger der Rentenversicherung die Nachzahlung einer Rente für einen Zeitraum, in dem er den Versicherten in einem Krankenhaus oder einer Anstalt für Genesende untergebracht hatte, unter Berufung auf RVO § 1311 verweigert.

 

Normenkette

SGG § 146 Fassung: 1953-09-03; RVO § 1309 Fassung: 1934-05-17, § 1311 Fassung: 1934-05-17

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts in Schleswig vom 15. April 1955 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 15. Juli 1954 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat dem Kläger die diesem im Berufungsverfahren entstandenen Kosten zu erstatten. Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

I. Der Kläger, der bis zum Jahre 1929 Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt hatte und zuletzt als selbständiger Malermeister tätig war, war seit Anfang 1950 an einer Lungentuberkulose erkrankt. Er befand sich aus diesem Grunde vom 4. Juli 1951 bis zum 19. April 1952 und vom 24. Oktober 1952 bis zum 27. Januar 1953 in Heilstättenbehandlung, während für die übrigen Zeiten seit dem 1. Januar 1951 Wirtschafts- und Ernährungsbeihilfen sowie Hausgeld in wechselnder Höhe gezahlt wurden. Die Leistungen erfolgten bis zum 30. November 1952 durch den Landesfürsorgeverband Schleswig-Holstein. Nachdem sich ergeben hatte, daß die Anwartschaft des Klägers in der Rentenversicherung über § 4 Abs. 2 des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes (SVAG) erhalten war, der Kläger somit zu dem Kreis der von der Beklagten zu betreuenden Tuberkulosekranken gehörte, erstattete die Beklagte dem Landesfürsorgeverband dessen Aufwendungen für die Zeit bis zum 30.November 1952 und führte die Tuberkulosemaßnahmen auf eigene Rechnung weiter fort.

Auf Grund des formularmäßigen Invalidenrentenantrags vom 15.November 1951 gewährte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 14. November 1952 die Invalidenrente vom 1. Dezember 1951 ab; sie zahlte die Rente jedoch erst laufend vom 1. Dezember 1952 an aus. Über die Auszahlung der Rente für die vorhergehende Zeit behielt sie sich einen weiteren Bescheid vor, ließ jedoch erkennen, daß sie insoweit eine Anrechnung der Rentenleistungen auf die gewährten Tuberkulosemaßnahmen beabsichtigte.

Auf die vom Kläger gegen diesen Bescheid an das Oberversicherungsamt Lübeck eingelegte Berufung, die als Klage auf das Sozialgericht Lübeck überging, verurteilte dieses am 15. Juli 1954 die Beklagte zur Gewährung der Rente bereits vom 1. April 1950 ab, da es schon in einem formlosen Schreiben des Klägers vom 29. März 1950 einen Rentenantrag erblickte. Das Sozialgericht stellte auf Antrag des Klägers ferner fest, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, von der Rentennachzahlung die für die Tuberkulosehilfe aufgewendeten Kosten einzubehalten. In dem Urteilstenor wird schließlich ausgesprochen: "Gegen dieses Urteil wird, auch soweit es sich um den Rentenbeginn handelt, die Berufung an das Landessozialgericht Schleswig zugelassen." Die Urteilsgründe führten zu diesem Teil der Entscheidung aus: "In Anbetracht der grundsätzlichen Bedeutung der im vorliegenden Fall entschiedenen Rechtsfrage erschien es angebracht, die Berufungsmöglichkeit hinsichtlich des gesamten Urteilsspruchs zu eröffnen, also ungeachtet des § 146 SGG auch hinsichtlich des festgesetzten Rentenbeginns (vgl. § 150 Abs. 1 SGG)".

II. Die Beklagte legte am 9. August 1954 gegen dieses Urteil Berufung nur insoweit ein, als es eine Feststellung hinsichtlich der fehlenden Einbehaltungsberechtigung getroffen hatte. Im übrigen erteilte die Beklagte dem Kläger am 13. Dezember 1954 eine Gesamtabrechnung über die Invalidenrente, deren Beginn sie darin dem Urteil des Sozialgerichts entsprechend auf den 1. April 1950 vorverlegte; für die Zeit vom 4. Juli 1951 bis zum 19. April 1952 und vom 24. Oktober bis 30. November 1952 stellte sie die Rentenzahlung nach § 1311 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ein, während sie von der für die Zeit vom 1. April 1950 bis zum 3. Juli 1951 und vom 20. April 1952 bis zum 23. Oktober 1952 aufgelaufenen Rente von 2532,30 DM einen Betrag in Höhe von 1473,20 DM für in jener Zeit aufgewendete Hilfsfürsorgekosten einbehielt.

Das Landessozialgericht wies durch Urteil vom 15. April 1955 die Berufung zurück und legte der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers auf. Es hält die Berufung für statthaft, weil das Sozialgericht sie ausdrücklich zugelassen habe. Es sieht nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Gegenstand des Verfahrens nicht nur den Bescheid der Beklagten vom 14. November 1952 und das angefochtene Urteil, sondern auch den "Bescheid" vom 13. Dezember 1954 an, durch den die Beklagte den Kläger erst endgültig aufgeklärt habe, welche Beträge sie tatsächlich auszahlen wolle.

Das angefochtene Urteil geht weiter davon aus, daß das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich des Rentenbeginns nicht angefochten sei; als im Streit befangen betrachtet es nur die Zeiten vom 1. Januar 1951 bis zum 30. November 1952, während der die Rente einbehalten bzw. nicht gewährt worden ist.

Es lehnt schließlich die Auffassung der Beklagten, der Feststellungsantrag sei unzulässig, weil ein Vorverfahren nicht stattgefunden habe, ab, da kein Fall der §§ 79 oder 80 SGG vorliege.

Sachlich hält es die Entscheidung des Sozialgerichts für gerechtfertigt, wobei es sich in seiner Begründung besonders auf das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 24.August 1954 (ZfS. 54 S.212) beruft und im übrigen die Auffassung des Sozialgerichts Lübeck billigt.

III. Gegen das am 19. August 1955 zugestellte Urteil legte die Beklagte die - zugelassene - Revision am 8. September 1955 ein und begründete sie am 7. Oktober 1955. Einmal hält die Beklagte unter Berufung auf die Entscheidung Nr.5591 des Reichsversicherungsamts (AN. 44 S. 333) eine Aufrechnung gemäß § 1309 RVO für zulässig, zum anderen rügt sie die dem § 1311 Abs. 3 RVO vom Berufungsgericht gegebene Auslegung als unrichtig, da das Wort "einstellen" "untechnisch" im Sinne von "nicht zahlen" gedacht sei, so daß es keinen Unterschied mache, ob die nicht zu zahlende Rente bereits laufe oder nachträglich gewährt werde.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des Sozialgerichts Lübeck vom 15. Juli 1954 die Klage abzuweisen.

Demgegenüber beantragt der Kläger,

die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig vom 15. April 1955 als unbegründet zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten des Verfahrens zu erstatten.

Er hält eine Erstattung der wirtschaftlichen Fürsorge für die Zeit vom 1. Januar 1951 bis zum 3. Juli 1951 schon deshalb für ausgeschlossen, weil die damalige Leistung vom Fürsorgeverband auf Grund der Tuberkuloseverordnung geleistet sei.

Aber auch für die Beklagte selbst seien die Vorschriften der Tuberkulosehilfeverordnung verbindliches Recht, soweit diese entsprechende Leistungen gewährt haben. Die Umdeutung der Leistungen in eine Vorschußzahlung sei nicht möglich; bei der Auszahlung seien die Beträge stets ausdrücklich als wirtschaftliche Tuberkulosehilfe bezeichnet worden. § 1303 RVO komme daher nicht in Frage.

Auch § 1300 RVO könne auf die Tuberkulosehilfe nicht angewandt werden, da er nur für bereits laufende Leistungen gelte.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt worden; sie ist vom Landessozialgericht zugelassen und daher statthaft.

I. Die Revision der Beklagten konnte aber nur dazu führen, daß das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen wurde.

Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 29. Februar 1956 - 10 RV 75/55 -, der sich der erkennende Senat insoweit anschließt, ausgeführt hat, ist vor einer Untersuchung der mit der Revision geltend gemachten Revisionsgründe von Amts wegen auch die Zulässigkeit der Berufung zu prüfen. Diese Prüfung ergibt im vorliegenden Falle, daß das Landessozialgericht zu Unrecht die Statthaftigkeit der Berufung angenommen hat.

II. Mit der Klage hatte der Kläger zwei verschiedene Ansprüche geltend gemacht. Soweit er die Vorverlegung des Zeitpunktes des Rentenbeginns begehrt, betraf das Urteil - seinem Antrag entsprechend - auch nur den Beginn der an sich nicht streitigen Invalidenrente des Klägers. Nach § 146 SGG war die Berufung daher insoweit ausgeschlossen und wurde erst durch die Zulassung gem. § 150 Abs. 1 SGG statthaft.

Soweit das Urteil entsprechend dem Antrag des Klägers die Feststellung traf, daß die Beklagte berechtigt sei, die für die wirtschaftliche Tuberkulosehilfe aufgewandten Kosten einzubehalten, bedarf die Frage, ob gegen diesen Urteilsausspruch die Berufung ohne weiteres zulässig war, einer näheren Prüfung.

Es könnte zunächst scheinen, als ob in Anwendung der vom früheren Reichsversicherungsamt entwickelten Grundsätze in Fällen wie dem vorliegenden der Berufungsausschluß des § 146 SGG nicht in Frage kommt. Diese Auffassung geht jedoch fehl. In den durch das SGG aufgehobenen Verfahrensvorschriften der RVO lautete die dem § 146 SGG vergleichbare Bestimmung, durch die die Einlegung eines Rechtsmittels in Invalidensachen ausgeschlossen war, folgendermaßen:

"§ 1696

Bei Ansprüchen auf Leistungen der Invalidenversicherung ist die Revision ausgeschlossen, wenn es sich handelt um

1.) Höhe, Beginn und Ende der Rente ...."

Weiter ist hinzuweisen auf die entsprechende Bestimmung für die Unfallversicherung:

"§ 1700

Der Rekurs ist ausgeschlossen, wenn es sich handelt um ...

3.) Rententeile, die bei dauernder Erwerbsunfähigkeit für begrenzte oder bereits abgelaufene Zeiträume zu gewähren sind, ...."

Das Reichsversicherungsamt ist bei der Anwendung dieser Vorschriften stets davon ausgegangen, daß hierdurch die grundsätzlich gegebene Rechtsmittelmöglichkeit ausnahmsweise eingeschränkt werden sollte und daß daher jene beschränkenden Vorschriften eng und nicht ausweitend ausgelegt werden dürften. Es hat daher die Rechtsmittel immer dann als zulässig angesehen, wenn der Streitgegenstand nicht allein einen Anspruch betraf, bei dem nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes die Rechtsmitteleinlegung gesetzlich ausgeschlossen war, sondern der auch noch als ein in irgendeiner Richtung davon abweichender und demnach begrifflich verschiedener Anspruch aufgefaßt werden konnte. Dabei betrachtete es als Streitgegenstand nicht den ursprünglich geltend gemachten, sondern den im Rechtsmittelverfahren vor dem Reichsversicherungsamt verfolgten Anspruch, und zwar auch dann, wenn nur für diesen letzteren die Zulässigkeit des Rechtsmittels gegeben war (vgl. AN. 13 S. 559 GE. Nr. 1729). Das Reichsversicherungsamt sah demgemäß die Revision nach § 1696 Abs. 1 nur bei solchen Ansprüchen als ausgeschlossen an, bei denen unstreitig ein Anspruch auf Rentengewährung bestand und entweder umstritten war, ob die Berücksichtigung irgendwelcher rechtlichen Tatsachen oder anderer Umstände zu einer Erhöhung der gewährten Rente führte (z.B. Anrechnung auf Ersatzzeiten als Beitragszeiten, Gewährung oder Anrechnung von Kinderzuschüssen oder anderes, AN. 12, S. 1183, AN. 13, S. 441 u.a.), oder lediglich der Zeitpunkt des Beginns oder Wegfalls jener Rente streitig war (An. 12 S. 1184 GE. Nr. 1651; AN. 13, S. 513 GE. Nr. 1713). Gleichgültig war dann allerdings, auf welchen Gründen jener Streit beruhte (GE. Nr. 1651 a.a.O.).

Wenn dagegen der Streit nicht allein die Höhe, den Beginn oder das Ende einer unstreitig zu gewährenden Rente betraf, nahm das Reichsversicherungsamt die Zulässigkeit der Revision selbst dann an, wenn sich im Ergebnis durch die Entscheidung nur die Höhe, der Beginn oder das Ende der Rentenauszahlung änderte.

Diese Auffassung hat das Reichsversicherungsamt u.a. auch dann vertreten, wenn Streitgegenstand die Zulässigkeit der Aufrechnung einer dem Versicherungsträger zustehenden Forderung gegen die zu zahlende Rente oder die Anwendung von Ruhensbestimmungen auf eine an sich unstreitige Rente war (AN. 12, S. 1185; GE. Nr. 1653; GE. Nr. 1713 a.a.O., AN. 13, S. 822; GE. Nr.1782; AN 14, S. 106; GE. Nr.1840; S. 507 GE. Nr. 1841, AN. 16, S.745; GE. Nr. 2770; AN. 17, S. 745; GE. Nr. 2374 u.a.). Streitig war nach Auffassung des Reichsversicherungsamts in diesen Fällen nicht die Frage nach Höhe, Beginn oder Ende der Rente als solche, sondern die davon unabhängige Frage, mit welchem Betrag bezw. für welche Zeiten die an sich nicht streitige Rente zur Auszahlung zu gelangen hatte. Selbst die weitergehende Einschränkung des Rechtsmittels beim Rekurs (vgl. GE. Nr. 1712 a.a.O.) hat das Reichsversicherungsamt in der hier behandelten Frage nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Es begründet für § 1700 Nr.3 RVO die Rekursfähigkeit für Streitfälle, bei denen es sich um die Anwendung des Ruhens von Unfallrente für abgelaufene Zeiträume handelt, damit, daß in diesen Fällen nicht die Frage, ob eine Rente "zu gewähren", sondern die davon unabhängige Frage zu entscheiden sei, ob die "gewährte" Rente "auszuzahlen" sei (EuM 14, S. 344; 15, S. 17 u.S. 376).

III. Gegenüber der für die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts maßgeblichen Regelung der RVO unterscheiden sich die jetzt im SGG für die Invaliden- und die Unfallversicherung insoweit gleichlautenden Vorschriften über den Ausschluß der Berufungsmöglichkeit in den §§ 145 Nr. 2 und 146 SGG mehrfach:

Zunächst stellen diese Bestimmungen darauf ab, ob die angefochtenen Urteile Beginn oder Ende der Rente oder nur Rente für bereits abgelaufene Zeiträume betreffen; es kommt daher nicht mehr darauf an, was für ein Anspruch mit der eingelegten Berufung geltend gemacht wird, sondern nur darauf, über welchen Anspruch das Sozialgericht entschieden hat.

Hinsichtlich des Beginns oder des Endes der Rente liegt im übrigen keine Abweichung von der früher bei der Invalidenversicherung geltenden Vorschrift vor.

Dagegen sind die früheren, oben angeführten weiteren Ausschlußgründe jetzt durch eine Regelung ersetzt, nach der es einzig darauf ankommt, ob das Urteil nur eine Rente für bereits abgelaufene Zeiträume betrifft. Dabei bietet der Wortlaut des Gesetzes jetzt keine Handhabe mehr zu einer Unterscheidung zwischen Streitigkeiten, die sich auf den Grund der Rente und solchen, die sich auf ihre Höhe beziehen, solchen, die ihre "Gewährung" und solchen, die ihre "Auszahlung" betreffen.

Bei den Streitigkeiten, die Beginn oder Ende der Rente betreffen, erscheint der grundsätzliche, über die Zulassung nach § 150 Nr. 1 SGG erforderlichenfalls im Einzelfall zu beseitigende Ausschluß der Berufungsmöglichkeit im Interesse der notwendigen Entlastung der Instanzgerichte auch unter Berücksichtigung der Interessen der Rechtsuchenden deshalb vertretbar, weil die Rente in diesen Fällen in der Regel für einen verhältnismäßig langen Zeitraum gewährt worden ist oder wird und die relativ kurzen am Anfang oder Schluß liegenden Zeiträume demgegenüber unwesentlich erscheinen; in diesen Fallen ist ersichtlich Voraussetzung für einen Berufungsausschluß, daß über die Tatsache und den Grund der Rentengewährung selbst kein Streit besteht.

Bei dem dritten erörterten Berufungsausschlußgrund dagegen liegt die relative Geringfügigkeit, die eine Beschränkung der Berufungsmöglichkeit berechtigt erscheinen läßt, darin, daß die Ansprüche nur vergangene Zeiten betreffen und daher dem eigentlichen Zweck der Renten, den Versicherten eine sichere Unterhaltsgrundlage für Gegenwart und Zukunft zu gewährleisten, ohnehin kaum oder nur noch mittelbar dienen können. Es kommt daher bei dieser Berufungseinschränkung nicht darauf an, aus welchem Grund über eine Rente, die in der Vergangenheit zu zahlen gewesen wäre, gestritten wird, insbesondere ist es hierbei gleichgültig, ob es sich um die Gewährung (den Grund) oder die bloße Zahlung der Rente handelt (ebenso Peters-Sautter-Wolff, Anm.2 zu § 145, Brackmann, Handbuch S. 250 i nebst weiteren Literaturangaben).

IV. Es ist daher davon auszugehen, daß auch hinsichtlich des zweiten, mit der Feststellungsklage geltend gemachten und entsprechend entschiedenen Anspruchs die Berufung des Klägers unzulässig war. Das Sozialgericht hat - ebenso wie das Landessozialgericht - diese Frage verkannt; es geht, wie seine Urteilsgründe klar ausweisen, davon aus, daß hinsichtlich dieses Anspruchs die Berufung ohne weiteres zulässig sei. Es beschränkt daher seine Berufungszulassung ausdrücklich auf den Rentenbeginn. Hieraus ergibt sich, daß das Sozialgericht nicht etwa irrtümlich die Frage der Berufungszulassung hinsichtlich des Auszahlungsanspruchs ungeprüft gelassen hat, sondern daß es - von seinem Standpunkt aus zutreffend - über diese Frage gar nicht entscheiden wollte und entscheiden konnte. Wenn das Sozialgericht, wie die Gründe seines Urteils erkennen lassen, angenommen hat, daß mit seiner auf die Entscheidung über den Beginn der Rentenzahlung beschränkten Berufungszulassung tatsächlich die Statthaftigkeit der Berufung gegen sein ganzes Urteil gegeben sei, so ändert dies nichts daran, daß die Berufung für den von der Beklagten allein angefochtenen Feststellungsanspruch mangels der erforderlichen, aber nicht ausgesprochenen Berufungszulassung, nicht zulässig war.

V. Da das Landessozialgericht trotz Unzulässigkeit der Berufung in der Sache selbst entschieden hat, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen (vgl. auch hierzu das Urteil des Bundessozialgerichts 10 RV 75/55 a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2296885

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