Entscheidungsstichwort (Thema)

Klageänderung bei fehlendem Widerspruchsverfahren. Besonderheiten des Vorverfahrens bei Disziplinarbescheiden im Ersatzkassenbereich

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung in der Disziplinarordnung nach § 19 des Vertrages zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen sowie dem Verband der Arbeiterersatzkassen vom 1.2.1969, nach der bei der Verhängung der Vertragsstrafen kein Vorverfahren stattfindet, ist nicht wirksam.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 368m Abs 6 RVO, wonach gegen Disziplinarbescheide der Kassenärztlichen Vereinigung ein Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) nicht stattfindet, gilt nur für den Bereich der RVO-Kassen. Somit gilt im Ersatzkassenbereich grundsätzlich die Vorverfahrenspflicht für Disziplinarverfahren. Die Regelung des § 368n Abs 2 S 3 RVO, nach der die Kassenärztlichen Vereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung insbesondere für Ersatzkassen wahrnehmen können, ermächtigt nicht zur Beseitigung des Vorverfahrenszwanges.

2. Es bleibt dahingestellt, ob vertragliche Regelungen über das Vorverfahren bei Disziplinarmaßnahmen im Ersatzkassenbereich wirksam sind, wenn sie nur eine dem § 368m Abs 6 RVO entsprechende Regelung treffen.

3. § 19 ZÄErsKVtr sieht jedenfalls andere Disziplinarstrafen vor, als es nach § 368m Abs 4 RVO zulässig wäre.

4. Stellt das Gericht fest, daß das notwendige Vorverfahren nicht stattgefunden hat und nicht als gescheitert angesehen werden kann, muß es auf eine Änderung des Klageantrags hinwirken, wonach unter Aufrechterhaltung des bisherigen Begehrens beantragt wird, die Behörde zur Erteilung eines Widerspruchsbescheides zu verurteilen.

 

Normenkette

SGG § 78 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1974-07-30; EKV-Z § 19 Abs. 2; RVO § 368m Abs. 6, § 368n Abs. 2 S. 3, § 368m Abs. 4; SGG § 99

 

Verfahrensgang

LSG für das Saarland (Entscheidung vom 18.05.1983; Aktenzeichen L 1 Ka 4/81)

SG für das Saarland (Entscheidung vom 28.01.1981; Aktenzeichen S 2 Ka 46/79)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme wegen Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten.

Der Kläger ist als Vertragszahnarzt zu den Ersatzkassen zugelassen. Im Jahr 1978 forderte die Beklagte ihn mehrmals vergeblich auf, zu einem Schreiben der Barmer Ersatzkasse Stellung zu nehmen. Die Beklagte erteilte dem Kläger deshalb mit Beschluß vom 3. Oktober 1979 einen Verweis und setzte eine Geldbuße von 2.000,-- DM fest. Dagegen hat der Kläger - ohne Vorverfahren und entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung - Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat die Geldbuße aufgehoben und die Klage im übrigen abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß das Urteil des SG, soweit es mit der Berufung angefochten ist, aufgehoben und die Klage insoweit als unzulässig abgewiesen wird. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, das vor der Erhebung der Klage erforderliche Vorverfahren sei nicht durchgeführt worden. Zur Nachholung des Vorverfahrens habe das Gericht der Beklagten hier auch keine Gelegenheit zu geben brauchen, denn sie halte das Vorverfahren ausdrücklich für entbehrlich. Ihr Vortrag lasse auch nicht erkennen, daß sie den Klagabweisungsantrag erst nach erneuter Sachprüfung gestellt habe.

Die Beigeladene zu 1) - die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung - hat Revision eingelegt. Sie macht geltend, die Disziplinarordnung der Beklagten sehe bei Entscheidungen des Disziplinarausschusses kein Widerspruchsverfahren vor. Diese Regelung sei auch allein sachgemäß. Wenn Disziplinarmaßnahmen gegen einen Zahnarzt nötig würden, so erstreckten sie sich meistens auf die Bereiche der RVO- und der Ersatzkassen. Fast immer spielten die gleichen Gesichtspunkte in beiden Bereichen eine Rolle, so daß die Beauftragung derselben Disziplinarinstanzen zu einer einheitlichen Beurteilung führe.

Die Beigeladene zu 1) und die Beklagte beantragen sinngemäß, das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. Mai 1983 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 28. Januar 1981 zurückzuweisen, hilfsweise die Sache an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beigeladene zu 2) - der Verband der Angestellten-Krankenkassen - schließt sich dem Antrag der Beigeladenen zu 1) an.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beigeladenen zu 1) ist zulässig. Insbesondere fehlt es nicht an ihrer Beschwer durch das Urteil des LSG.

Die Beschwer der Beigeladenen zu 1) liegt darin, daß das Prozeßurteil des LSG ihre berechtigten Interessen nachteilig berührt. Die von ihr vereinbarte Regelung - Bestimmung, daß Disziplinarinstanzen die von den einzelnen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZÄV) aufgrund des § 368m Abs 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gebildeten Einrichtungen sind - ist nach dem Urteil des LSG nur teilweise wirksam. Danach durfte nämlich die Beigeladene zu 1) durch diese Regelung nicht (mittelbar) das Vorverfahren ausschließen. Die materielle Beschwer durch das LSG-Urteil folgt daraus, daß die beklagte KZÄV insoweit von der Unwirksamkeit der streitigen Regelung in der Disziplinarordnung auszugehen hat und die Vorverfahrenspflicht nicht mehr bestreiten kann. Wenn das Urteil des LSG bindend wird, geht seine Rechtskraft dahin, daß dieser Klage ein Vorverfahren vorangehen muß. Das LSG hat zwar die Beklagte nicht zur Erteilung eines Widerspruchsbescheides verurteilt (§ 88 Abs 2 SGG). Rechtskräftig für alle Beteiligten hat es aber, wenn das Urteil Bestand hat, eine Vorfrage dieser Pflicht der Beklagten geklärt.

Die Revision ist im Sinn der Zurückverweisung begründet.

Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das LSG allerdings entschieden, daß es an dem vor der Erhebung der Klage erforderlichen Vorverfahren fehlt. Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts sind nach § 78 Abs 1 Satz 1 SGG vor Erhebung der Anfechtungsklage in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Nach diesem Grundsatz ist das Begehren des Klägers vorverfahrenspflichtig. Er ficht einen Verwaltungsakt an, denn die Disziplinarentscheidungen sind auch im Ersatzkassenbereich als hoheitliche Willensäußerungen - dh als Verwaltungsakte - anzusehen (BSGE 11, 1, 7 und 11; 15, 161, 165). Gemäß § 19 Abs 1 des Vertrages zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZÄBV) und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) sowie dem Verband der Arbeiter-Ersatzkassen e.V. (AEV) - im folgenden: EKVZ - ist der von der Beklagten ausgesprochene und noch streitige Verweis eine formelle Disziplinarstrafe. Der Ausspruch ist mithin die hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Damit liegen die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts im Sinn der Definition in § 31 des Sozialgesetzbuchs -Verwaltungsverfahren- (SGB X) vor. In dieser Beziehung steht er einer Disziplinarmaßnahme im kassenzahnärztlichen Bereich gleich, die nach § 368m Abs 4 Satz 3 RVO ausdrücklich als Verwaltungsakt bezeichnet wird.

Für die Anfechtungsklage des Klägers gilt keine Ausnahme vom Vorverfahrenszwang; insbesondere ist in keinem Gesetz bestimmt, daß es des Vorverfahrens nicht bedarf (§ 78 Abs 1 Satz 2 Ziff 1 SGG).

Die Vorschrift des § 368m Abs 6 RVO iVm § 368 Abs 1 Satz 2 RVO, nach der ein Vorverfahren nicht stattfindet, soweit die KZÄV'en nach § 368m Abs 4 RVO zuständig sind, gilt für die streitige Disziplinarmaßnahme nicht. Nach § 368m Abs 4 RVO sind die KZÄV'en über Satzungsrecht zuständig für Disziplinarmaßnahmen gegenüber Mitgliedern, die ihre kassenzahnärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Die Beklagte hat den streitigen Verweis aber nicht wegen Verletzung kassenzahnärztlicher Pflichten, sondern wegen Verletzung einer vertragszahnärztlichen Pflicht ausgesprochen. In ständiger Rechtsprechung hat der Senat entschieden, daß § 368m Abs 4 RVO nicht für den Bereich der Ersatzkassen gilt (BSGE 15, 161, 166 mwN; BSGE 19, 129, 131; SozR RVO § 368m RVO Nr 2 und Nr 3). Die kassenärztlichen Pflichten richten sich auf die kassenärztliche Versorgung iS des § 368 Abs 1 RVO, dh auf die Versorgung der Versicherten der Kassen nach § 225 RVO. Davon unterscheidet sich die Teilnahme als Vertragszahnarzt an der zahnärztlichen Versorgung der Mitglieder der Ersatzkassen und ihrer Angehörigen (§ 525c Abs 1 RVO).

Allerdings regelt § 368m Abs 4 RVO durch die Pflicht, entsprechende Satzungsbestimmungen zu erlassen, die Befugnis der KZÄV gegenüber ihren Mitgliedern. Mitglieder sind nicht nur die Kassenzahnärzte, sondern auch die in das Arztregister eingetragenen nicht zugelassenen Ärzte - außerordentliche Mitglieder - (§ 368k Abs 4 RVO). Auch die außerordentlichen Mitglieder haben - ebenfalls über Satzungsrecht - Pflichten gegenüber der KZÄV - § 368m Abs 1 Satz 2 Ziff 3 RVO -. Die Bestimmung des § 368m Abs 4 RVO erfaßt aber nicht die Verletzung von Mitgliederpflichten, sondern spricht ausdrücklich nur von kassenärztlichen Pflichten.

Die Vorverfahrenspflicht konnte nicht durch die aufgrund des § 19 Abs 2 EKVZ erlassene Disziplinarordnung aufgehoben werden. Weder der EKVZ noch die darin geregelten weiteren Bestimmungen sind Gesetz iS des § 78 Abs 1 Satz 2 Ziff 1 SGG. Der Senat hat entschieden, daß für Klagen gegen Disziplinarmaßnahmen einer KZÄV wegen Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten das Vorverfahren "nach § 79 Nr 1 SGG" notwendig sei (BSGE 15, 161, 165). Nach dieser Vorschrift fand ein Vorverfahren statt, wenn mit der Klage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt wurde, der nicht eine Leistung betraf, auf die ein Rechtsanspruch bestand. Diese Bestimmung ist durch das Gesetz zur Änderung des SGG vom 30. Juli 1974 (BGBl I, 1625) aufgehoben worden. An seine Stelle ist durch dasselbe Gesetz die Neufassung des § 78 SGG getreten. Nach Absatz 1 Satz 2 Nr 1 der genannten Norm bedarf es eines Vorverfahrens dann nicht, wenn ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt. Unter Gesetz ist nur ein Gesetz im formellen Sinn zu verstehen (s Schroeder-Printzen, Kommentar zum SGB X, § 67 Anm 9). Soweit eine Regelung auch durch Rechtsverordnung erfolgen kann, wird dies im SGG ausdrücklich erwähnt (vgl zB § 7 Abs 1 Satz 2; § 28 Abs 1 SGG; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand Mai 1983, § 78 Anm 4b). Reichen aber schon Rechtsverordnungen für anderweitige Regelungen nicht aus, eine Vorverfahrenspflicht auszuschließen, dann um so weniger solche im Bereich der Selbstverwaltungsautonomie. Die Regelung des § 368n Abs 2 Satz 3 RVO, nach der die KZÄV'en weitere Aufgaben der zahnärztlichen Versorgung, insbesondere für die Ersatzkassen, übernehmen können, ermächtigt nicht zur Beseitigung des Vorverfahrenszwangs. Das Vorverfahren dient der Selbstkontrolle der Verwaltung (BSG SozR 1200 § 34 Sozialgesetzbuch -Allgemeiner Teil- -SGB I- Nr 1), aber auch der Entlastung der Gerichte (BT-Drucks Nr 4357 zu § 27; Hennig/Danckwerts/König Komm zum SGG, Stand Juli 1983 § 78 RdNr 1). Diese zweite Funktion hat der Gesetzgeber durch die Regelung des Vorverfahrens im SGG betont. Im SGG sind die Verfassung und das Verfahren der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit geregelt. Eine Vorschrift, die nur das Verwaltungsverfahren betrifft, hätte dagegen inhaltlich in das erste Kapitel Verwaltungsverfahren des SGB X vom 18. August 1980 (BGBl I, 1469) gehört, in dem ein besonderer fünfter Abschnitt für das Rechtsbehelfsverfahren vorgesehen ist.

Aus diesen Gründen kann es nicht der Verwaltung und auch nicht den Selbstverwaltungskörperschaften überlassen sein, die gesetzliche Vorverfahrenspflicht zu ändern. Deshalb ist in § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGG geregelt, daß es des Vorverfahrens nicht bedarf, wenn ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt, dh die besonderen Fälle müssen im Gesetz genannt sein.

Es kann dahingestellt bleiben, ob vertragliche Regelungen über das Vorverfahren bei Disziplinarmaßnahmen im Ersatzkassenbereich wirksam wären, wenn sie nur eine dem § 368m Abs 6 RVO entsprechende Regelung treffen würden. Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob beim inhaltlichen Verweis auf eine gesetzliche Bestimmung die Regelung in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag oder einer Satzung dem Gesetz iS § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGG gleichzustellen wäre. Im vorliegenden Fall macht zwar die Beigeladene zu 1) geltend, es sei das im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung geltende Disziplinarverfahren übernommen worden. Das trifft aber nicht zu. Nach § 19 EKVZ und der Disziplinarordnung können andere Disziplinarstrafen ausgesprochen werden, als es nach § 368m Abs 4 RVO in der hier noch anzuwendenden Fassung durch Art 1 § 1 Nr 14 Buchst a des Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetzes vom 28. Dezember 1976 (BGBl I, 3871) zulässig wäre. Danach dürften die KZÄV'en bei Verletzung kassenzahnärztlicher Pflichten in ihren Satzungen nur Verwarnung, Verweis und Geldbuße bis zu 5.000,-- DM (jetzt 20.000,-- DM - § 368m Abs 4 Satz 2 RVO) vorsehen. Nur soweit sie dafür zuständig sind, findet kein Vorverfahren statt. Dagegen sieht § 19 EKVZ als weitere Maßnahmen den zeitweiligen oder dauernden Ausschluß von der Vertragstätigkeit und die Verpflichtung zum Schadensersatz vor. Solche Maßnahmen werden von § 368m Abs 6 iVm Abs 4 RVO nicht erfaßt. Anstelle des zeitweiligen oder dauernden Ausschlusses von der Vertragstätigkeit könnten im kassenzahnärztlichen Bereich nur die Zulassungsinstanzen eine Entziehung aussprechen (§ 368a Abs 4 iVm § 368b Abs 1 RVO); eine Schadensersatzforderung wäre nach § 23 Abs 1 Satz 2 des Bundesmantelvertrages/Zahnärzte von den Prüfeinrichtungen festzustellen. In beiden Fällen besteht Vorverfahrenspflicht (vgl §§ 368b Abs 7; 368n Abs 5 Satz 7 RVO damaliger Fassung; seit 1. Januar 1983 Satz 8 - Art 19 Nr 11 des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 vom 20. Dezember 1982, BGBl I, 1857 -).

Die Beigeladene zu 1) beruft sich dagegen auf die Entscheidung des Senats in BSGE 17, 89, 94. Die Entscheidung betrifft die Bestimmung des § 15 Ziff 4 des Ersatzkassenvertrages für Ärzte. Danach konnte der Bescheid des Prüfungsausschusses innerhalb einer Frist von drei Monaten angefochten werden. Es ging deshalb nicht wie im vorliegenden Fall darum, ob als Prozeßvoraussetzung der Verwaltungsakt in dem nach § 78 SGG zur Entlastung der Gerichte vorgeschriebenen Vorverfahren nachgeprüft war. Vielmehr hat der Senat die Vertragsschließenden nur für befugt gehalten, die Durchführung dieses Verfahrens im einzelnen zu regeln. Nach dem Sachverhalt war ein als Widerspruchsbescheid anzusehender Verwaltungsakt ergangen und damit das Vorverfahren durchgeführt worden.

Obwohl aus allen diesen Gründen das LSG mit Recht die Vorverfahrenspflicht angenommen hat, war das Urteil aufzuheben. Die Klage war nicht wegen des fehlenden Vorverfahrens abzuweisen. Allerdings kann das Vorverfahren, wie das LSG zutreffend dargelegt hat, nicht als gescheitert angesehen werden (vgl BSG SozR 1500 § 78 SGG Nr 8). Das LSG hätte aber, von seiner zutreffenden Rechtsansicht ausgehend, auf eine Änderung des Klagantrags hinwirken müssen (§§ 106 Abs 1, 112 Abs 2 Satz 2 SGG). Angemessen und sachdienlich wäre hier der unter Aufrechterhaltung des bisherigen Begehrens zu stellende Antrag gewesen, die Beklagte zur Erteilung eines Widerspruchsbescheides zu verurteilen.

Das LSG wird nunmehr das Verfahren bis zum Erlaß des Widerspruchsbescheides auszusetzen haben. Nach der vor dem Senat abgegebenen Erklärung wird die Beklagte den Widerspruchsbescheid erteilen.

In seiner erneuten Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

 

Fundstellen

AusR 1990, 10

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